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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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27. Mai 2000

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spendierenden Kontrahierungsgebot nicht nachgekommen ist. Daß dem Zuweisungs-
gehalt subjektiver Rechte ein solches Kontrahierungsgebot entspricht, ist die Kernthe-
se des 4. Kapitels. Diese These fundiert die ganz herrschende Praxis neu und ermög-
licht ohne Abweichung in den grundsätzlichen Resultaten deren systemkonforme
Erfassung. Dies aufzuzeigen und damit zugleich den einzelnen Ergebnissen ein höhe-
res Maß an Plausibilität zu verleihen, ist das Anliegen der die Arbeit abschließenden
Ausführungen. Sie stehen damit pars pro toto für die Zielsetzung der gesamten Unter-
suchung, deren Bemühen es ist, entgegen starken modernen Tendenzen zu topischen
- und folglich immer verfügbareren - Argumentationsmustern überzeugende Lösun-
gen aus den Grundregeln zu gewinnen, die die fundamentalen Ordnungsmuster des
geltenden Rechts vorgeben - und das heißt für die hier verfolgte Thematik: aus dem
Willensprinzip der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie.

Sitzung der Phil.-hist. Klasse
am 27. Mai 2000
1. Herr Iser hält einen Vortrag: „Kultur: ein Rückkopplungsprozeß“
Beschäftigung mit Kultur ist ein beherrschendes Interesse unserer Zeit, ohne daß sich
spontan sagen ließe, worin die Bedeutsamkeit einer solchen Zeitsignatur läge. Das mag
nicht zuletzt damit Zusammenhängen, daß sich Kultur, wie es der Begriff nahezulegen
scheint, als einheitliches Phänomen überhaupt nicht fassen läßt, wenngleich sie ein
umfassendes darzustellen scheint.
Mit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts brach sich in den angelsächsischen Ländern
die Gewißheit Bahn, daß die ehedem angenommenen Konstanten der menschlichen
Natur nichts weiter als zweckdienliche Fiktionen seien, die als verdächtige Formen
eines Substanzdenkens im Empirismus längst der Kritik verfallen waren. Wenn daher
über den Menschen unabhängig von Zeit, Ort und Umständen nichts Bestimmtes
mehr gesagt werden kann, dann wird seine gesamte Umwelt von beherrschendem
Interesse, nicht zuletzt, weil er diese als seine Welt hervorgebracht hat, durch die er
sich - weil nun als unergründbar verstanden - manifestiert. Denn Kultur als die Kon-
textualität des Menschen gewinnt in dem historischen Augenblick beherrschende Auf-
merksamkeit, in dem mit dem Schwinden angenommener Universalien der Mensch
nur noch durch seine Antworten auf die Herausforderungen seiner Umwelt begriffen
werden kann. Mit der Verabschiedung aller substantialistischen Kategorisierung
menschlichen Lebens wird die weltherstellende Fähigkeit des Menschen zum zentra-
len Blickpunkt, und folglich die von ihm hervorgebrachte Kultur zu einem Endhori-
zont unserer Gegenwart.
Wird der Mensch von dem geformt, was er macht, dann ist Kultur als Prozeß prin-
zipiell unabschließbar. So viel zu den basalen Voraussetzungen von Kultur, die sich als
Kontingenzbewältigung entfaltet, wobei der Urheber dieses Prozesses von seinen
Erfolgen geprägt wird. Diese Wechselseitigkeit läßt nun erkennnen, daß Kultur aus
Natur nicht ableitbar ist; im Gegenteil, Kultur verkörpert bereits in den frühen
 
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