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Jahresfeier
Voraussetzungen zu gefährlichen Krankheitserregern werden. - Auch im menschli-
chen Erbgut finden sich vielfältige Spuren früherer Infektionen, hier insbesondere mit
sogenannten Retroviren, von denen etwa 100.000 zum Teil sehr verstümmelte Kopien
im menschlichen Genom vorliegen. Bisher ist uns die Bedeutung solcher Fremd-DNS
als „Blindgänger“ oder aber als potentielle Antriebsfedern für neue Evolutionsrich-
tungen nicht bekannt. Auch die zeitliche Folge von Ein- oder Abschaltvorgängen von
Genen kann hierdurch beeinflußt werden.
Unbeschadet von diesen eher unmittelbaren Einwirkungen auf das Erbgut der Zelle
im Verlauf der Evolution gab es sehr tiefgreifende mittelbare Veränderungen: Sie
erfolgten durch die Aufnahme anderer Mikroorganismen, wohl überwiegend von
Blaualgen, in den Zelleib, wo diese ihre Selbständigkeit aufgaben und in echter
Symbiose für die Entwicklung des Lebens entscheidende Voraussetzungen schufen.
Als Chloroplasten ermöglichten sie die Entwicklung der höheren Pflanzen und die
energetische Umwandlung des Sonnenlichtes. Als Mitochondrien erfüllen sie entschei-
dende Funktionen im Sauerstoffwechsel tierischer Vielzeller.
Natülich konnte Darwin von allen diesen Veränderungen nichts wissen, die heute
als molekulare Mechanismen seinen Grundgedanken belegen. Teilweise war es seine
überragende Beobachtungs- und Kombinationsgabe, teilweise war es wohl auch seine
Intuition, die ihn zu seiner grandiosen Hypothese führten.
Die Veränderbarkeit der Arten durch sich ändernde Umweltbedingungen und Iso-
lation war für ihn nicht das einzige Ausleseprinzip. Vielmehr führte er mit besonde-
rem Nachdruck die Zweigeschlechtlichkeit und die sich daraus ergebende sexuelle
Selektion als wesentliche Triebfeder an. Ich zitiere hier aus seinem Buch „The Descent
of Man“: For those individuals which generated or nourished their off spring best,
would leave, ceteris paribus, the greatest number to inherit their superiority; whilst
those which generated or nourished their off spring badly, would leave butfew to inhe-
rit their weaker powers. Und an anderer Stelle heißt es : Just as man can improve the
breeds in his game-cocks by the selection of those birds which are victorious in the Cock-
pit, so it appears that the strongest and most vigorous males or those provided with the
best weapons, have prevailed under nature, and have led to the improvement of the
natural breed or species. A slight degree of variability lead to some advantage, howe-
ver slight in reiterated deadly contest would suffice for the work of sexual selection.
Dieses geringe Ausmaß von Variabilität hat natürlich als Voraussetzung die
beschriebenen Veränderungen im Erbmaterial, die durch die geschlechtliche Vermeh-
rung besonders rasch und effizient zur Ausprägung kommen. Schon 1859 versäumt es
Darwin übrigens nicht darauf hinzuweisen, dass neben den männlichen Eigenschaften
auch die „female selection“, die Wahl durch den weiblichen Partner, für die sexuelle
Selektion eine wesentliche Rolle spielt, und belegt dies später mit vielfältigen Beispie-
len aus dem Tierreich.
Daß die mißverstandene Begrifflichkeit der natürlichen Auslese und des „Survival
of the Fittest“ - des Überlebens der am besten Angepaßten - gerade in Deutschland
über 12 Jahre zur Begründung der tragischsten Periode unserer Geschichte diente, soll
heute nicht Gegenstand meines Referates sein.
Die Genomforschung legt gegenwärtig für die Veränderbarkeit der Arten so etwas
wie ein Geschichtsbuch vor. Wenn zum Beispiel 96 % der bisher bestimmten DNS-
Sequenzen des Schimpansen mit denen des Menschen völlig übereinstimmen, und
sogar 99 % der davon abgeleiteten Aminosäuren, so belegt dies unseren nahen Ver-
Jahresfeier
Voraussetzungen zu gefährlichen Krankheitserregern werden. - Auch im menschli-
chen Erbgut finden sich vielfältige Spuren früherer Infektionen, hier insbesondere mit
sogenannten Retroviren, von denen etwa 100.000 zum Teil sehr verstümmelte Kopien
im menschlichen Genom vorliegen. Bisher ist uns die Bedeutung solcher Fremd-DNS
als „Blindgänger“ oder aber als potentielle Antriebsfedern für neue Evolutionsrich-
tungen nicht bekannt. Auch die zeitliche Folge von Ein- oder Abschaltvorgängen von
Genen kann hierdurch beeinflußt werden.
Unbeschadet von diesen eher unmittelbaren Einwirkungen auf das Erbgut der Zelle
im Verlauf der Evolution gab es sehr tiefgreifende mittelbare Veränderungen: Sie
erfolgten durch die Aufnahme anderer Mikroorganismen, wohl überwiegend von
Blaualgen, in den Zelleib, wo diese ihre Selbständigkeit aufgaben und in echter
Symbiose für die Entwicklung des Lebens entscheidende Voraussetzungen schufen.
Als Chloroplasten ermöglichten sie die Entwicklung der höheren Pflanzen und die
energetische Umwandlung des Sonnenlichtes. Als Mitochondrien erfüllen sie entschei-
dende Funktionen im Sauerstoffwechsel tierischer Vielzeller.
Natülich konnte Darwin von allen diesen Veränderungen nichts wissen, die heute
als molekulare Mechanismen seinen Grundgedanken belegen. Teilweise war es seine
überragende Beobachtungs- und Kombinationsgabe, teilweise war es wohl auch seine
Intuition, die ihn zu seiner grandiosen Hypothese führten.
Die Veränderbarkeit der Arten durch sich ändernde Umweltbedingungen und Iso-
lation war für ihn nicht das einzige Ausleseprinzip. Vielmehr führte er mit besonde-
rem Nachdruck die Zweigeschlechtlichkeit und die sich daraus ergebende sexuelle
Selektion als wesentliche Triebfeder an. Ich zitiere hier aus seinem Buch „The Descent
of Man“: For those individuals which generated or nourished their off spring best,
would leave, ceteris paribus, the greatest number to inherit their superiority; whilst
those which generated or nourished their off spring badly, would leave butfew to inhe-
rit their weaker powers. Und an anderer Stelle heißt es : Just as man can improve the
breeds in his game-cocks by the selection of those birds which are victorious in the Cock-
pit, so it appears that the strongest and most vigorous males or those provided with the
best weapons, have prevailed under nature, and have led to the improvement of the
natural breed or species. A slight degree of variability lead to some advantage, howe-
ver slight in reiterated deadly contest would suffice for the work of sexual selection.
Dieses geringe Ausmaß von Variabilität hat natürlich als Voraussetzung die
beschriebenen Veränderungen im Erbmaterial, die durch die geschlechtliche Vermeh-
rung besonders rasch und effizient zur Ausprägung kommen. Schon 1859 versäumt es
Darwin übrigens nicht darauf hinzuweisen, dass neben den männlichen Eigenschaften
auch die „female selection“, die Wahl durch den weiblichen Partner, für die sexuelle
Selektion eine wesentliche Rolle spielt, und belegt dies später mit vielfältigen Beispie-
len aus dem Tierreich.
Daß die mißverstandene Begrifflichkeit der natürlichen Auslese und des „Survival
of the Fittest“ - des Überlebens der am besten Angepaßten - gerade in Deutschland
über 12 Jahre zur Begründung der tragischsten Periode unserer Geschichte diente, soll
heute nicht Gegenstand meines Referates sein.
Die Genomforschung legt gegenwärtig für die Veränderbarkeit der Arten so etwas
wie ein Geschichtsbuch vor. Wenn zum Beispiel 96 % der bisher bestimmten DNS-
Sequenzen des Schimpansen mit denen des Menschen völlig übereinstimmen, und
sogar 99 % der davon abgeleiteten Aminosäuren, so belegt dies unseren nahen Ver-