14. Oktober 2000
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Dass diese Unterstützung in den letzten Jahren ~ also einer Zeit starker Ein-
sparungen - aufrechterhalten worden ist, zeigt auch die Bedeutung, welche die Lan-
desregierung der Grundlagenforschung - und hier gerade den Geisteswissenschaften
- zumisst. Etliche andere Einrichtungen des Landes haben in dieser Zeit erheblich
Einschränkungen verkraften müssen.
Die Frage nach der Angemessenheit der staatlichen Aufwendungen für Forschung
und Entwicklung ist ein Dauerbrenner. Sie stellt sich vor dem Hintergrund stark ver-
änderter Rahmenbedingungen - die Stichworte Globalisierung, Internationalisierung,
Wissens- und Kommunikationsgesellschaft sind bekannt - umso drängender.
Vor wenigen Monaten hat die Unternehmensberatung Roland Berger & Partner
im Auftrag der Landesregierung Vorschläge für Zukunftsinvestitionen in Baden-
Württemberg vorgelegt. Das Gutachten räumt der Grundlagenforschung mit Blick auf
die langfristige Zukunftssicherung ausdrücklich denselben Stellenwert ein wie der
anwendungsorientierten Forschung.
Dies ist aus der Feder einer Unternehmensberatung eine bemerkenswerte - fast bin
ich geneigt zu sagen: eine revolutionäre - Aussage. Sie steht freilich im Zusammenhang
mit der Notwendigkeit, die Bedürfnisse aus der Anwendung - früher als heute -
bereits bei der Definition von Projekten der Grundlagenforschung zu berücksichtigen
und umgekehrt.
Was kann dies für die Arbeit der Akademie der Wissenschaften bedeuten? Es muss, so
meine ich, heißen, dass die Ergebnisse aus den Forschungsvorhaben und der besondere
Erkenntnisgewinn aus der interdisziplinären Zusammensetzung der Gelehrtengemein-
schaft der Akademie angewendet werden auf drängende Fragestellungen der Gegenwart.
Dies betrifft nicht nur gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Themen. Auch
für die Naturwissenschaften werden sozial- und geisteswissenschaftliche Ansätze
immer wichtiger, weil sich die Probleme immer weniger auf primär technisch-natur-
wissenschaftliche Zusammenhänge reduzieren lassen.
Meine Damen und Herren, bei der Befassung mit Fragen gesamtgesellschaftlicher
Aktualität kann es nicht um definitive Antworten - geschweige denn Patentrezepte -
gehen.
„Die Sehnsucht nach absoluten Wahrheiten hat mit Religion zu tun, nicht mit Wis-
senschaft“ hat Lorraine Daston, die Direktorin des Max-Planck-Instituts für Wissen-
schaftsgeschichte, formuliert. Worum es aber gehen sollte, ist das aktive Einmischen
der Wissenschaft.
Einmischung erfolgt auch durch Vorleben und das Setzen neuer Akzente. Eines der
hochaktuellen Problemfelder in der deutschen Wissenschaft betrifft die noch nicht
ausreichenden Möglichkeiten des wissenschaftlichen Nachwuchses, frühzeitig und
selbstständig zu arbeiten. Hier sind auch die Forschungseinrichtungen gefragt, die
üblichen „Pfade“ zu verlassen und neue Wege zu beschreiten.
Ich weiß, dass die Gründung der so genannten Jungen Akademie durch die Berlin-
Brandenburgische Akademie der Wissenschaften nicht unumstritten ist. Dennoch geht
dieser Schritt in die richtige Richtung.
Ich bin zuversichtlich, dass auch andere Akademien als Teil des Wissenschaftsbe-
triebes hier neue Wege einschlagen werden - ebenso wie sie bereits heute zunehmend
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Dass diese Unterstützung in den letzten Jahren ~ also einer Zeit starker Ein-
sparungen - aufrechterhalten worden ist, zeigt auch die Bedeutung, welche die Lan-
desregierung der Grundlagenforschung - und hier gerade den Geisteswissenschaften
- zumisst. Etliche andere Einrichtungen des Landes haben in dieser Zeit erheblich
Einschränkungen verkraften müssen.
Die Frage nach der Angemessenheit der staatlichen Aufwendungen für Forschung
und Entwicklung ist ein Dauerbrenner. Sie stellt sich vor dem Hintergrund stark ver-
änderter Rahmenbedingungen - die Stichworte Globalisierung, Internationalisierung,
Wissens- und Kommunikationsgesellschaft sind bekannt - umso drängender.
Vor wenigen Monaten hat die Unternehmensberatung Roland Berger & Partner
im Auftrag der Landesregierung Vorschläge für Zukunftsinvestitionen in Baden-
Württemberg vorgelegt. Das Gutachten räumt der Grundlagenforschung mit Blick auf
die langfristige Zukunftssicherung ausdrücklich denselben Stellenwert ein wie der
anwendungsorientierten Forschung.
Dies ist aus der Feder einer Unternehmensberatung eine bemerkenswerte - fast bin
ich geneigt zu sagen: eine revolutionäre - Aussage. Sie steht freilich im Zusammenhang
mit der Notwendigkeit, die Bedürfnisse aus der Anwendung - früher als heute -
bereits bei der Definition von Projekten der Grundlagenforschung zu berücksichtigen
und umgekehrt.
Was kann dies für die Arbeit der Akademie der Wissenschaften bedeuten? Es muss, so
meine ich, heißen, dass die Ergebnisse aus den Forschungsvorhaben und der besondere
Erkenntnisgewinn aus der interdisziplinären Zusammensetzung der Gelehrtengemein-
schaft der Akademie angewendet werden auf drängende Fragestellungen der Gegenwart.
Dies betrifft nicht nur gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Themen. Auch
für die Naturwissenschaften werden sozial- und geisteswissenschaftliche Ansätze
immer wichtiger, weil sich die Probleme immer weniger auf primär technisch-natur-
wissenschaftliche Zusammenhänge reduzieren lassen.
Meine Damen und Herren, bei der Befassung mit Fragen gesamtgesellschaftlicher
Aktualität kann es nicht um definitive Antworten - geschweige denn Patentrezepte -
gehen.
„Die Sehnsucht nach absoluten Wahrheiten hat mit Religion zu tun, nicht mit Wis-
senschaft“ hat Lorraine Daston, die Direktorin des Max-Planck-Instituts für Wissen-
schaftsgeschichte, formuliert. Worum es aber gehen sollte, ist das aktive Einmischen
der Wissenschaft.
Einmischung erfolgt auch durch Vorleben und das Setzen neuer Akzente. Eines der
hochaktuellen Problemfelder in der deutschen Wissenschaft betrifft die noch nicht
ausreichenden Möglichkeiten des wissenschaftlichen Nachwuchses, frühzeitig und
selbstständig zu arbeiten. Hier sind auch die Forschungseinrichtungen gefragt, die
üblichen „Pfade“ zu verlassen und neue Wege zu beschreiten.
Ich weiß, dass die Gründung der so genannten Jungen Akademie durch die Berlin-
Brandenburgische Akademie der Wissenschaften nicht unumstritten ist. Dennoch geht
dieser Schritt in die richtige Richtung.
Ich bin zuversichtlich, dass auch andere Akademien als Teil des Wissenschaftsbe-
triebes hier neue Wege einschlagen werden - ebenso wie sie bereits heute zunehmend