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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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Sitzungen

die Klimaschwankungen der Vergangenheit mittels der allergenausten Methoden zu
messen. Dadurch wird eine Extrapolation auf die gegenwärtige Klimaentwicklung
möglich. Durch Substraktion von natürlichen Klimaeffekten aus einer Zeit ohne Indu-
strialisierung von den die klimabedingten Entwicklungen bei der gegenwärtigen Indu-
strialisierung und der hohen Bevölkerungsdichte auf der Welt lassen sich Rückschlüsse
auf die wahren zivilisationsbedingten Veränderungen ziehen. Dies ist durchaus auch
ein politisch hoch brisantes Thema. Denn nicht jede abnorme Klimaveränderung muß
immer nur zivilisationsbedingt sein. Vielmehr: Man muß sorgfältig und unbestechlich
und unbeeinflußt, eben wissenschaftlich arbeiten, um eine Basis für Wissen zu schaf-
fen. Da sind die Schnellschüsse von fraglichen Instituten meist nach kurzer Zeit nicht
haltbar, auch wenn sie zur Panikmache bei der Bevölkerung auch bei manchen Politi-
kern durchaus wohlfeil sind.
Erlauben Sie mir auch noch einen ganz aktuellen Hinweis: Herr Korfmann, Mit-
glied unserer Kommission für Archäometrie, mit Ausgrabungen in Troja befaßt,
gelang es in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Radiometrische Altersbestim-
mung von Wasser und Sedimenten“ der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
(Herr Mangini) „Kaskalkur“, den Weg in die Unterwelt in Troja zu untersuchen und
zu datieren. Danach besteht dieses Kanalsystem bereits seit dem dritten vorchrist-
lichen Jahrtausend. Es konnte den Trojanern bereits als altehrwürdiges Relikt der eige-
nen mythischen Vergangenheit dienen. Damit war die dritte Gottheit der Unterwelt
bestätigt worden (so zu lesen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom
11.10.2000). Auch dies ist ein Beispiel für die Anwendung der Grundlagenforschung
in der Geschichtsforschung.
Klima ist ebenfalls ein Langzeitproblem. Deswegen müssen hier die Kompetenz
und die Untersuchungsmethoden im größeren Kontext gesehen werden. Die Einbin-
dung derartiger Untersuchungen in das Institut für Umweltphysik der Universität
Heidelberg ist eine notwendige Voraussetzung. An dieser Stelle möchte ich ganz all-
gemein allen Universitäten und Forschungsinstituten des Landes und über dessen
Grenzen hinaus für ihre Unterstützung unserer Akademievorhaben danken.
Sorge bereitet uns hier eine neuere Entwicklung: Das Baumring-Labor. Dieses in
seiner Art und Qualität einzieartise auf der ganzen Welt hat durch Aneinanderfügen
von Baumringen eine Zeitskala von zwölftausend Jahren lückenlos und absolut auf-
gebaut. Das ist eine große Leistung, von der Wissenschaftler auf der ganzen Welt pro-
fitieren. Es besteht sogar die Hoffnung, diese Skala noch um einige tausend Jahre
weiter zu bringen, wenn man in der Lage ist, gewisse heute noch frei verschiebbare
Sequenzen eindeutig zu lokalisieren. Jetzt ist dieses Labor in der Gefahr, seine Arbeits-
grundlage zu verlieren. Die Landesregierung, die Universität Hohenheim und die
Akademie werden schnell Gespräche aufnehmen müssen, um eine gute Lösung zu fin-
den. Dabei sind die veränderten Arbeitsbedingungen und Ziele des neu besetzten
Gastinstituts in Hohenheim durchaus legitim und anerkennenswürdig. Hier liegt eben
auch ein Beispiel dafür vor, daß Langzeitforschung besser an einer Akademie aufge-
hoben ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke den Mitgliedern der Heidel-
berger Akademie der Wissenschaften für ihr Vertrauen, das sie durch meine Wahl in
mich gesetzt haben. Die beiden Sekretäre Graf Kielmansegg und Jäger werden mich
tatkräftig unterstützen und begleiten. Von den Mitgliedern erbitte ich ihre Hilfe. Der
Förderkreis der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat unter seinem
 
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