Radiometrische Altersbestimmung von Wasser und Sedimenten
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Radiokohlenstoff-Labor
Ausbau der Jahrringchronologien im Spätglazial
Die in den vorigen Jahrbüchern beschriebenen Jahrringchronologien im Spätglazial
(14.2 bis 13.2 ka Kalenderjahre v. h.) wurden durch 14C-Vordatierungen an Proben aus
dem Vorfeld des Braunkohletagebaus in Brandenburg und Sachsen und aus der
Gegend von Zürich weiter ausgebaut. Im Zeitintervall bis zur absolut datierten
Hohenheimer Kiefernchronologie (Beginn 11.919 Jahre v. h., d. h. vor AD 1950) haben
wir weitere schwimmende Teilchronologien über 14C datiert, und es bestehen jetzt
noch kurze Lücken von insgesamt weniger als drei Jahrhunderten. Wir werden die
Arbeit an den spätglazialen Baumringchronologien in Zukunft noch verstärken kön-
nen, nachdem wir im Berichtsjahr die Zusage für eine mehrjährige Finanzierung die-
ser Arbeiten, sowohl in Heidelberg als auch im Jahrringlabor der Universität Stutt-
gart-Hohenheim innerhalb des deutschen Klimaforschungsprogramms (DEKLIM)
erhalten haben.
Aus den bisherigen 14C-Messungen an der 1090-jährigen Spätglazialchronologie
sehen wir bereits aus einem Vergleich mit neuen 14C-Daten einer marinen Varvenserie
des Cariaco-Beckens (vor Venezuela), dass der Kohlenstoffaustausch zwischen
Atmosphäre und Ozean im Spätglazial wesentlich variabler gewesen sein muss als in
der jetzigen Warmphase des Holozäns; das scheinbare Alter der Ozeandeckschicht,
das im Holozän gut konstant bei ca. 400 Jahren hegt, war zeitweise mehrere Jahrhun-
derte höher, vermutlich hervorgerufen durch eine geringere Aufnahme von CO2 durch
den Ozean in diesen Zeiten.
Solarer Antrieb von schnellen Klimaschwankungen
Ein wesentliches Motiv für hochaufgelöste, genaue 14C-Messungen an Baumringserien
liegt darin begründet, dass mit diesen Daten die Schwankungen der Sonnenaktivität,
genauer des solaren Magnetfelds, rekonstruiert werden können. Dies liegt daran, dass
die Produktion von kosmogenen Isotopen (14C, 10Be, 36C1 u. a.) vom Ausmaß der
magnetischen Abschirmung in der Hochatmosphäre abhängt, was wiederum durch die
von der Sonne ausgehenden Magnetfeldern moduliert wird.
Es gibt nun zunehmend Hinweise darauf, dass Phasen von magnetisch ‘ruhiger’
Sonne einhergehen mit reduzierter Luminosität, wodurch auf der Erde Klimaschwan-
kungen ausgelöst werden können.
Ein Zusammenhang zwischen erhöhter 14C-Aktivität und Kaltphasen im Bereich
von Dekaden bis Jahrhunderten ist mehrfach postuliert worden, doch fehlten bisher
überzeugend genaue Datierungen der angeführten Klimazeugen, und es handelte sich
um regionale Klimaanomalien.
Wir haben jetzt erstmals eine hohe Korrelation von 14C-Schwankungen und einem
großskaligen, gut datierten Klimasignal gefunden, nämlich dem Auftreten von Eis-
berg-verfrachtetem Material (‘IRD-events’) in mittleren Breiten des Nordatlantik. Der
Gleichlauf beider Signale besteht über mindestens 2.000 Jahre im frühen Holozän
(11.500 bis 8.500 Jahre v. h.) und er gilt auch für die jüngsten 2.000 Jahre. IRD-events
belegen, dass die Oberflächentemperatur des Nordatlantik so weit abgekühlt war, dass
Eisberge weiter als üblich nach Süden driften konnten. Damit scheint eine solare Anfa-
chung dieser Kaltphasen unausweichlich, auch wenn weitere Komponenten des Kli-
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Radiokohlenstoff-Labor
Ausbau der Jahrringchronologien im Spätglazial
Die in den vorigen Jahrbüchern beschriebenen Jahrringchronologien im Spätglazial
(14.2 bis 13.2 ka Kalenderjahre v. h.) wurden durch 14C-Vordatierungen an Proben aus
dem Vorfeld des Braunkohletagebaus in Brandenburg und Sachsen und aus der
Gegend von Zürich weiter ausgebaut. Im Zeitintervall bis zur absolut datierten
Hohenheimer Kiefernchronologie (Beginn 11.919 Jahre v. h., d. h. vor AD 1950) haben
wir weitere schwimmende Teilchronologien über 14C datiert, und es bestehen jetzt
noch kurze Lücken von insgesamt weniger als drei Jahrhunderten. Wir werden die
Arbeit an den spätglazialen Baumringchronologien in Zukunft noch verstärken kön-
nen, nachdem wir im Berichtsjahr die Zusage für eine mehrjährige Finanzierung die-
ser Arbeiten, sowohl in Heidelberg als auch im Jahrringlabor der Universität Stutt-
gart-Hohenheim innerhalb des deutschen Klimaforschungsprogramms (DEKLIM)
erhalten haben.
Aus den bisherigen 14C-Messungen an der 1090-jährigen Spätglazialchronologie
sehen wir bereits aus einem Vergleich mit neuen 14C-Daten einer marinen Varvenserie
des Cariaco-Beckens (vor Venezuela), dass der Kohlenstoffaustausch zwischen
Atmosphäre und Ozean im Spätglazial wesentlich variabler gewesen sein muss als in
der jetzigen Warmphase des Holozäns; das scheinbare Alter der Ozeandeckschicht,
das im Holozän gut konstant bei ca. 400 Jahren hegt, war zeitweise mehrere Jahrhun-
derte höher, vermutlich hervorgerufen durch eine geringere Aufnahme von CO2 durch
den Ozean in diesen Zeiten.
Solarer Antrieb von schnellen Klimaschwankungen
Ein wesentliches Motiv für hochaufgelöste, genaue 14C-Messungen an Baumringserien
liegt darin begründet, dass mit diesen Daten die Schwankungen der Sonnenaktivität,
genauer des solaren Magnetfelds, rekonstruiert werden können. Dies liegt daran, dass
die Produktion von kosmogenen Isotopen (14C, 10Be, 36C1 u. a.) vom Ausmaß der
magnetischen Abschirmung in der Hochatmosphäre abhängt, was wiederum durch die
von der Sonne ausgehenden Magnetfeldern moduliert wird.
Es gibt nun zunehmend Hinweise darauf, dass Phasen von magnetisch ‘ruhiger’
Sonne einhergehen mit reduzierter Luminosität, wodurch auf der Erde Klimaschwan-
kungen ausgelöst werden können.
Ein Zusammenhang zwischen erhöhter 14C-Aktivität und Kaltphasen im Bereich
von Dekaden bis Jahrhunderten ist mehrfach postuliert worden, doch fehlten bisher
überzeugend genaue Datierungen der angeführten Klimazeugen, und es handelte sich
um regionale Klimaanomalien.
Wir haben jetzt erstmals eine hohe Korrelation von 14C-Schwankungen und einem
großskaligen, gut datierten Klimasignal gefunden, nämlich dem Auftreten von Eis-
berg-verfrachtetem Material (‘IRD-events’) in mittleren Breiten des Nordatlantik. Der
Gleichlauf beider Signale besteht über mindestens 2.000 Jahre im frühen Holozän
(11.500 bis 8.500 Jahre v. h.) und er gilt auch für die jüngsten 2.000 Jahre. IRD-events
belegen, dass die Oberflächentemperatur des Nordatlantik so weit abgekühlt war, dass
Eisberge weiter als üblich nach Süden driften konnten. Damit scheint eine solare Anfa-
chung dieser Kaltphasen unausweichlich, auch wenn weitere Komponenten des Kli-