23. Januar 2010 | 83
Abb. 4: Sämtliche Fixationen und Sakkaden desselben Bildes durch die selbe Versuchsperson wie
bei Abb. 3 bei einer Betrachtung von 15 Min.
gehend übersehen wurde allerdings, dass bei der Auswertung eines längeren Zeitab-
schnittes sehr wohl ein Zusammenhang zwischen Sakkaden und Bildkomposition
deutlich wird. Das Auge erkundet weder willkürlich noch gleichmäßig die Fläche
des Bildes. Die Fixationen konzentrieren sich auf bestimmte Bereiche des Gemäldes
und die Sakkaden wiederholen immer wieder bestimmte Bahnen. Legt man sie gra-
fisch übereinander, dann erscheinen sie gebündelt (Abb. 4).10 Wir haben diese Häu-
fungen algorithmisch berechnet und grafisch dargestellt (Abb. 5). Die Berechnung
erfolgt in zwei Schritten: Zuerst werden die Orte ermittelt an denen sich Fixationen
häufen („Fixationsclustern“), anschließend wird gezählt, welche Sakkaden zwischen
den Fixationscluster am häufigsten wiederholt werden („Clusterübergänge“). Die
Fixationscluster sind grafisch durch Kreise, die Häufigkeit der Clusterübergänge
durch die Dicke der Balken kodiert.
Verblüffend ist, dass die grafische Darstellung der häufig wiederholten Blick-
bewegungen traditionellen Beschreibungen der Komposition von Bildern sehr nahe
kommt. Bei dem hier exemplarisch gewählten „Blindensturz“ stellt Pieter Bruegel
das biblische Gleichnis „Wenn aber ein Blinder den andern leitet, so fallen sie beide
in die Grube“ (Mat. 15, 14) dar. Die Komposition beruht auf einer Diagonalen, die
in nahezu jeder kunsthistorischen Beschreibung dieses Gemäldes hervorgehoben
wird:
Diese Häufung von Sakkaden wird bereits in den Eye-tracking Bildern deutlich, die A. L.Yarbus,
Eye Movements and Vision (1965), engl. New York 1967 publiziert hat.Yarbus geht aber in seinem
Text nicht darauf ein.
Abb. 4: Sämtliche Fixationen und Sakkaden desselben Bildes durch die selbe Versuchsperson wie
bei Abb. 3 bei einer Betrachtung von 15 Min.
gehend übersehen wurde allerdings, dass bei der Auswertung eines längeren Zeitab-
schnittes sehr wohl ein Zusammenhang zwischen Sakkaden und Bildkomposition
deutlich wird. Das Auge erkundet weder willkürlich noch gleichmäßig die Fläche
des Bildes. Die Fixationen konzentrieren sich auf bestimmte Bereiche des Gemäldes
und die Sakkaden wiederholen immer wieder bestimmte Bahnen. Legt man sie gra-
fisch übereinander, dann erscheinen sie gebündelt (Abb. 4).10 Wir haben diese Häu-
fungen algorithmisch berechnet und grafisch dargestellt (Abb. 5). Die Berechnung
erfolgt in zwei Schritten: Zuerst werden die Orte ermittelt an denen sich Fixationen
häufen („Fixationsclustern“), anschließend wird gezählt, welche Sakkaden zwischen
den Fixationscluster am häufigsten wiederholt werden („Clusterübergänge“). Die
Fixationscluster sind grafisch durch Kreise, die Häufigkeit der Clusterübergänge
durch die Dicke der Balken kodiert.
Verblüffend ist, dass die grafische Darstellung der häufig wiederholten Blick-
bewegungen traditionellen Beschreibungen der Komposition von Bildern sehr nahe
kommt. Bei dem hier exemplarisch gewählten „Blindensturz“ stellt Pieter Bruegel
das biblische Gleichnis „Wenn aber ein Blinder den andern leitet, so fallen sie beide
in die Grube“ (Mat. 15, 14) dar. Die Komposition beruht auf einer Diagonalen, die
in nahezu jeder kunsthistorischen Beschreibung dieses Gemäldes hervorgehoben
wird:
Diese Häufung von Sakkaden wird bereits in den Eye-tracking Bildern deutlich, die A. L.Yarbus,
Eye Movements and Vision (1965), engl. New York 1967 publiziert hat.Yarbus geht aber in seinem
Text nicht darauf ein.