23. Juli 2010
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Schuldner und Gläubiger durch eine dritte Partei vermittelt werden. Diese dritte
Partei, die Vertreterbank, übernimmt die physische Transaktion der Kreditsicherheit,
wickelt die Finanzströme über ihre Konten ab und gewährt sogar in durch den
Repo-Vertrag nicht abgedeckten Zeitspannen Überbrückungskredit. Auch außer-
halb des Tri-Party Repo-Markt werden Repos in großen Volumina bilateral gehan-
delt, doch sind diese Transaktionen nicht zentral organisiert und abgewickelt, son-
dern durch bilaterale Verträge geregelt {over the counter, OTC).
Während des Jahres 2008 haben die Investoren auf Repo-Märkten nun ihr
Verhalten drastisch geändert. Die eingangs beschriebenen Refinanzierungsschwie-
rigkeiten von Investitionsbanken entstanden nämlich insbesondere auf den Repo-
Märkten, allerdings in unterschiedlicher Form. Bear Stearns und Lehman Brothers
sind Beispiele dafür, dass bestimmte Investitionsbanken und Wertpapierhändler
abrupt praktisch keine Finanzierung auf dem Tn-Party Repo-Markt mehr bekamen.
Überdies stieg im Verlauf der zweiten Jahreshälfte der Umfang der für bilaterale
Repo-Geschäfte verlangten Kreditsicherheiten dramatisch und zum Teil sehr kurz-
fristig an, was bedeutete, dass viele Firmen sich auf diesem Markt plötzlich gar nicht
mehr oder nur noch in geringem Maß refinanzieren konnten. Dieser letztere Sach-
verhalt ist von Gorton und Metrick (2009) dokumentiert und mit einem Banken-
sturm (bank run) verglichen worden. Bankenstürme sind das aus der Frühzeit der
modernen Finanzmärkte im 19. Jahrhundert bekannte Phänomen, dass die Einleger
von Geschäftsbanken kollektiv in Panik verfallen, ihre Einlagen abzuziehen ver-
suchen und dadurch die betroffene Bank erst recht zusammenbrechen lassen.
Von Ausnahmen abgesehen sind Bankenstürme in Europa und Nordamerika mit der
Etablierung von nationalen Notenbanken verschwunden. Laut Gorton und Metrick
(2009) sind sie nun in anderer Form und bei anderen Typen von Finanzinstitutionen
in der Großen Finanzkrise wieder aufgetaucht.
In einer Arbeit mit David Skeie und Antoine Martin von der New Yorker
Zentralbank (Martin, Skeie, von Thadden, 2010) habe ich dieses Argument theore-
tisch untersucht und insbesondere die Frage thematisiert, wie solch kollektives
destruktives Verhalten auf Märkten für kurzfristige Refinanzierungsinstrumente
erklärt werden kann und inwieweit sich die Spannungen auf den verschiedenen
Märkten unterscheiden. Die These dieser Arbeit ist, dass die Instabilität von Banken
systemimmanent, wohlfahrtsfördernd, aber wirtschaftlich gefährlich ist, weil Finanz-
märkte sowohl „gute“ als auch „schlechte“ Gleichgewichte haben und übergangslos
von einem ms andere rutschen können.
Dies kontrastiert mit der gerade in der Öffentlichkeit verbreiteten einfachen
Erklärung von der Irrationalität der Finanzmärkte, die die „Herde“ aus „tierischen
Instinkten“ unvermittelt in ihr Verderben rennen lässt. Sicherlich hat es im Vorfeld
und während der Großen Finanzkrise in vielen Fällen unvernünftige Entscheidun-
gen und gravierende Fehler gegeben. Dies ist jedoch kein Beleg dafür, dass die
Akteure auf den Finanzmärkten systematisch irrational gehandelt haben, in dem
Sinne, dass sie systematisch ihre eigenen materiellen Interessen verletzt hätten.
Zumindest einfache Irrationalitätsansätze sind nicht mit der empirisch zu beobach-
tenden Vielfalt von Marktverhalten zu vereinbaren, wie zum Beispiel auf dem Tri-
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Schuldner und Gläubiger durch eine dritte Partei vermittelt werden. Diese dritte
Partei, die Vertreterbank, übernimmt die physische Transaktion der Kreditsicherheit,
wickelt die Finanzströme über ihre Konten ab und gewährt sogar in durch den
Repo-Vertrag nicht abgedeckten Zeitspannen Überbrückungskredit. Auch außer-
halb des Tri-Party Repo-Markt werden Repos in großen Volumina bilateral gehan-
delt, doch sind diese Transaktionen nicht zentral organisiert und abgewickelt, son-
dern durch bilaterale Verträge geregelt {over the counter, OTC).
Während des Jahres 2008 haben die Investoren auf Repo-Märkten nun ihr
Verhalten drastisch geändert. Die eingangs beschriebenen Refinanzierungsschwie-
rigkeiten von Investitionsbanken entstanden nämlich insbesondere auf den Repo-
Märkten, allerdings in unterschiedlicher Form. Bear Stearns und Lehman Brothers
sind Beispiele dafür, dass bestimmte Investitionsbanken und Wertpapierhändler
abrupt praktisch keine Finanzierung auf dem Tn-Party Repo-Markt mehr bekamen.
Überdies stieg im Verlauf der zweiten Jahreshälfte der Umfang der für bilaterale
Repo-Geschäfte verlangten Kreditsicherheiten dramatisch und zum Teil sehr kurz-
fristig an, was bedeutete, dass viele Firmen sich auf diesem Markt plötzlich gar nicht
mehr oder nur noch in geringem Maß refinanzieren konnten. Dieser letztere Sach-
verhalt ist von Gorton und Metrick (2009) dokumentiert und mit einem Banken-
sturm (bank run) verglichen worden. Bankenstürme sind das aus der Frühzeit der
modernen Finanzmärkte im 19. Jahrhundert bekannte Phänomen, dass die Einleger
von Geschäftsbanken kollektiv in Panik verfallen, ihre Einlagen abzuziehen ver-
suchen und dadurch die betroffene Bank erst recht zusammenbrechen lassen.
Von Ausnahmen abgesehen sind Bankenstürme in Europa und Nordamerika mit der
Etablierung von nationalen Notenbanken verschwunden. Laut Gorton und Metrick
(2009) sind sie nun in anderer Form und bei anderen Typen von Finanzinstitutionen
in der Großen Finanzkrise wieder aufgetaucht.
In einer Arbeit mit David Skeie und Antoine Martin von der New Yorker
Zentralbank (Martin, Skeie, von Thadden, 2010) habe ich dieses Argument theore-
tisch untersucht und insbesondere die Frage thematisiert, wie solch kollektives
destruktives Verhalten auf Märkten für kurzfristige Refinanzierungsinstrumente
erklärt werden kann und inwieweit sich die Spannungen auf den verschiedenen
Märkten unterscheiden. Die These dieser Arbeit ist, dass die Instabilität von Banken
systemimmanent, wohlfahrtsfördernd, aber wirtschaftlich gefährlich ist, weil Finanz-
märkte sowohl „gute“ als auch „schlechte“ Gleichgewichte haben und übergangslos
von einem ms andere rutschen können.
Dies kontrastiert mit der gerade in der Öffentlichkeit verbreiteten einfachen
Erklärung von der Irrationalität der Finanzmärkte, die die „Herde“ aus „tierischen
Instinkten“ unvermittelt in ihr Verderben rennen lässt. Sicherlich hat es im Vorfeld
und während der Großen Finanzkrise in vielen Fällen unvernünftige Entscheidun-
gen und gravierende Fehler gegeben. Dies ist jedoch kein Beleg dafür, dass die
Akteure auf den Finanzmärkten systematisch irrational gehandelt haben, in dem
Sinne, dass sie systematisch ihre eigenen materiellen Interessen verletzt hätten.
Zumindest einfache Irrationalitätsansätze sind nicht mit der empirisch zu beobach-
tenden Vielfalt von Marktverhalten zu vereinbaren, wie zum Beispiel auf dem Tri-