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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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I. Das Geschäftsjahr 2010
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Mitarbeitervortragsreihe "Wir forschen. Für Sie"
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Thomsen-Fürst, Rüdiger: „ . . . unsere wonneduftende Flöte. . .“: Überlegungen zur Kammermusik mit Flöte am Hofe Carl Theodors in Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0162
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178 | VERANSTALTUNGEN

eine edle Bergerie oder Pastorale auszuzieren. [...] Die Flöte ist dasjenige Instru-
ment, das die gekrönten Häupter, Regenten und Fürsten vor allen andern zu wählen
pflegen.24
Ein ganz besonderes Instrument findet sich heute im Museum der Pfalz in Speyer.25
Es handelt sich dabei um eine Flöte aus bemaltem Porzellan mit vergoldeten Ver-
bindungsmuffen und Endstücken. In der älteren Literatur wird dieses wunderschö-
ne Instrument der Frankenthaler Porzellan-Manufaktur zugeschrieben und auf „um
1760“ datiert.26 1 7 5 5 war diese mit einem kurfürstlichen Privilegium gegründet
worden. Carl Theodor hatte ein besonderes Interesse an der neu angesiedelten Indu-
strie und ihren Produkten. Er forderte das Unternehmen nach Kräften, auch durch
Subventionen. Als es dennoch zu einem finanziellen Misserfolg geriet, erwarb der
Kurfürst die Manufaktur im Jahre 1762 und führte sie zumindest nominell bis 1800
fort. Diese Flöte wie auch verschiedene andere aus Porzellan gefertigte Instrumente
wurden nicht ihres Klanges wegen hergestellt, sondern waren sehr kostbare Schau-
objekte. Die Spekulation, die Flöte könnte ein Geschenk oder ein Leistungsnachweis
an den die Manufaktur protegierenden Kurfürsten gewesen sein, hat natürlich einen
großen Reiz. Allerdings sind in jüngster Zeit Zweifel an der Provenienz des Instru-
ments aufgetaucht und auch eine Herkunft aus der Kopenhagener Manufaktur wird
inzwischen für möglich, ja sogar für wahrscheinlicher gehalten.27
Seit den frühen 1750er Jahren vollzog sich das Leben am Mannheimer Hof im
saisonalen Wechsel28: Während der Wintermonate, die durch die Festkreise anlässlich
der Namens- und Geburtstage des Herrscherpaares im November und des Karne-
vals geprägt waren, residierte der Kurfürst in Mannheim. Prächtige Opernauf-
führungen und Kirchenmusiken sowie die Orchesterakademien im Rittersaal des
Schlosses waren die Höhepunkte des musikalischen Lebens. Den Sommer verbrach-
te der Hof in Schwetzingen. Ihn begleitete nicht die gesamte Hofkapelle, sondern
nur ausgesuchte Musiker. Insgesamt wurde in einer kleineren Besetzung musiziert,
auf dem Spielplan des kleineren Schwetzmger Theaters stand die Opera buffa und
auch die Kammermusik erlangte eine größere Bedeutung.
Im Schwetzmger Schlosspark ließ Carl Theodor mit dem sogenannten Badhaus
auch em privates Refugium errichten. Nach neueren Forschungsergebnissen wurde
das Gebäude bereits 1772 fertig gestellt und spätestens seit dem Juli dieses Jahres
genutzt.29

24 Georg Joseph Vogler, Art. „Flöte“, in: Deutsche Encyclopaedie 5, Frankfurt a.M. 1785, S. 247.
25 Speyer, Historisches Museum der Pfalz, Inv. Nr. H. M. 1975, 45 a—e.
26 Emil Mohr, „Eine Querflöte aus Frankenthaler Porzellan“, in: Pfälzer Heimat, 28 (1977), S. 68—70.
27 Freundliche Mitteilung von Dr. Ludger Tekampe (Historisches Museum der Pfalz).
28 S. dazu Bärbel Pelker, „Sommer in der Campagne - Impressionen aus Schwetzingen“, in: Silke
Leopold / Bärbel Pelker (Hg.), Hofoper in Schwetzingen. Musik Bühnenkunst Architektur, Heidelberg
2004, S. 9-37.
29 Ralf Richard Wagner, In seinem Paradiese Schwetzingen... Das Badhaus des Kurfürsten Carl Theodor
von der Pfalz, Ubstadt-Weiher [u.a.] 2009, S. 59 ff.
 
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