Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

DOI chapter:
I. Das akademische Jahr 2013
DOI chapter:
Wissenschaftliche Sitzungen
DOI chapter:
Veranstaltungen
DOI chapter:
Mitarbeitervortragsreihe. „Wir forschen. Für Sie“
DOI article:
Deutsch, Andreas: Henker als Heiler – Zum einträglichen Nebenerwerb eines grausamen Handwerks
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0112
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
5. Juni 2013

135

Carle zum Protest. Nach und nach setzten sich die Ärzte überall durch, und den
Henkern wurde das Heilen immer häufiger verboten. In Heidelberg suchte der 1804
eingesetzte Scharfrichter Franz Wilhelm Widmann einen anderen Weg — und wurde
im Nebenberuf amtlich approbierter Tierarzt.
Die von den Scharfrichtern hergestellten Salben und sonstigen Medizinpro-
dukte dienten durchaus nicht nur der Anwendung in der eigenen „Praxis“. Vieler-
orts boten sie die Henker auch zum Verkauf an — und belieferten sogar die örtlichen
Apotheken. Am einträglichsten war zweifellos das aus den Leichen von hingerichte-
ten Kriminellen ausgekochte sogenannte „Armsünderfett“, dessen Heilwirkung
auch unter Schulmedizinern anerkannt war. So wusste etwa der berühmte Kurpfäl-
zer Hofmedikus Dr.Joachim Becher im Jahr 1663: „Zerlassen Menschen-Fett ist gut
für lahme Glieder/ So man sie darmit schmiert/ sie werden richtig wider“. Neben
solchem Menschenschmalz boten die Apotheken - auch in der Kurpfalz - noch vor
200 Jahren gebrannte und pulverisierte Menschenhirnschale an, wie die offiziellen
Pharmakopoen belegen. In ganz Deutschland zählte das schwer zu gewinnende
Medikament zum Teuersten im Angebot der Apotheken, kostspieliger war noch
„Unicornu veri — recht Einhorn“, das bekanntlich noch schwerer zu bekommen
war...
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften