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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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I. Das akademische Jahr 2013
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Hüttig, Uta: Svante Pääbo: „Über Neandertaler, Denisovaner undmoderne Menschen”: Heidelberger Akademie-Vorlesung
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0136
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26. November 2013 | 159

HEIDELBERGER AKADEMIE-VORLESUNG
26. November 2013
PROF. DR. SVANTE PÄÄBO
Über Neandertaler, Denisovaner und moderne Menschen
Mit Svante Pääbo kam ein Forscher zur diesjährigen „Heidelberger Akademie-Vor-
lesung“, der unser Wissen zur Abstammung des Menschen revolutioniert hat. Der
Begründer der sogenannten Paläogenetik forscht und lehrt in Leipzig. Dort ist der
gebürtige Schwede Direktor und Leiter der Abteilung für Evolutionäre Genetik am
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.
Pääbo war Pionier auf dem Gebiet, DNA aus totem, biologischem Material zu
gewinnen: er isolierte erstmals die DNA aus ägyptischen Mumien. Im Jahr 2010
gelang ihm und seinen Mitarbeitern die Sequenzierung des Genoms des Neander-
talers, einer vor ca. 30.000 Jahren ausgestorbenen Schwestergruppe des modernen
Menschen. Dabei kam er zu dem überraschenden Ergebnis, dass etwa 2,5 Prozent
der Genome der Menschen, die heute außerhalb von Afrika leben, von Neander-
talern stammen. Eine weitere wissenschaftliche Sensation war im gleichen Jahr die
Entdeckung einer bis dahin völlig unbekannten, selbständigen Population der Gat-
tung Homo, die neben dem Neandertaler und dem modernen Menschen existierte:
der nach seinem Fundort, der Denisova-Höhle in Sibirien, benannte Denisovaner.
Inwiefern diese Entdeckungen unsere Kenntnisse über die Frühformen der Mensch-
heit grundlegend veränderte, war Gegenstand des Vortrags von Svante Pääbo in der
Alten Aula der Heidelberger Universität.
Nur zwei Zähne und ein Fingerknöchelchen sind die einzigen Funde, die
wir von dieser archaischen Menschenvariante haben. Umso erstaunlicher, dass das
Genom des Denisova-Menschen zu 99,93% entschlüsselt ist, damit in einer Detail-
genauigkeit, wie man sie sonst nur für modernes Erbgut kennt. Möglich machte dies
zum einen der phänomenal gute Erhaltungszustand der rund 30.000 bis 50.000 Jahre
alten DNA im Fingerknöchelchen, in dem Pääbo und sein Team einen Anteil von
70% endogener DNA fanden. Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die
DNA in altem Gewebe oft zu winzigen Fragmenten zerfallen, chemisch modifiziert
und bakteriell verunreinigt ist. Zum Vergleich: Höchstens vier Prozent der in Kno-
chen von Neandertalern gefundenen DNA stammt tatsächlich vom Neandertaler,
während der Rest Verunreinigungen durch Bakterien etc. darstellt. Zum anderen
ermöglicht die rasante technische Entwicklung umfangreiche Analysen genetischen
Materials, die es erlauben, tief in die Menschwerdung hineinzublicken. Noch vor
wenigen Jahren war es auch für Svante Pääbo undenkbar gewesen, dass man mit
wenigen Milligramm Knochenmaterial eine bislang unbekannte, dritte selbständige
Gattung des Homo beweisen kann.
Die Forscher verglichen die Erbgutinformationen der Knochen aus der Deni-
sova-Höhle mit den Erbgutfunden bereits ausgestorbener Hominiden und den
Genomen heute lebender Menschen aus China, Afrika oder Europa. Die Analyse des
 
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