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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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I. Das akademische Jahr 2013
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Veranstaltungen
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Mitarbeitervortragsreihe. „Wir forschen. Für Sie“
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Deutsch, Andreas: Henker als Heiler – Zum einträglichen Nebenerwerb eines grausamen Handwerks
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0110
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Veranstaltungen

MITARBEITERVORTRAGSREIHE
„Wirforschen. Für Sie“
Die Vortragsreihe unter dem Motto „Wir forschen. Für Sie“ wurde 2003 ins Leben
gerufen und feierte damit in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Von Anfang an
fand die Veranstaltung in Kooperation mit der Volkshochschule Heidelberg statt
und öffnete sich einem breiten Publikum. Die Vortragsreihe wird von den Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern der Forschungsstellen getragen, die Einblicke in die
Forschungsarbeit der Akademie geben. Im Anschluss an die Vorträge können Fragen
diskutiert werden, und die Besucher sind herzlich eingeladen, mit den Wissenschaft-
lern im Innenhof der Akademie persönlich ins Gespräch zu kommen.

5 Juni 2013
ANDREAS DEUTSCH
Forschungsstelle „Deutsches Rechtswörterbuch“
„Henker als Heiler — Zum einträglichen Nebenerwerb eines grausamen Handwerks“
„Angstmann“ nannte man ihn, auch „Dieler“, „Fetzer“, „Fleischhauer“, „Hangmann“
und „Marterer“: Diese und viele andere im Deutschen Rechtswörterbuch belegten
Bezeichnungen für den Henker oder Scharfrichter illustrieren die ängstliche Distanz
der Menschen zum Strafvollstrecker vergangener Jahrhunderte. Weil er von Berufs
wegen andere folterte und hinrichtete, galt er als „unehrlich“ und wurde in Stadt
und Land gemieden. Mancherorts durften die Henker und ihre Familien nicht ein-
mal am Gottesdienst teilnehmen oder zusammen mit „ehrlichen Leuten“ eine Gast-
stätte besuchen. Wie vielerorts lebte auch der Heidelberger Henker in einem der
abseitigsten Winkel der Stadt, in einer dünn besiedelten Gegend nahe dem heutigen
Bismarckplatz. Keine Berührungsangst hatten die Menschen aber, wenn sie im
Krankheitsfall die Hilfe des Henkers benötigten.
Denn, so unglaublich es klingt, viele Scharfrichter vergangener Jahrhunderte
waren zugleich begnadete Krankenheiler und halfen im Nebenerwerb Kranken und
Verletzten, ja nicht selten auch Menschen, die keine Hoffnung auf Heilung mehr
hatten. In der Not suchten selbst vornehme Persönlichkeiten den Henker auf. Vor
allem in Zeiten mit wenig Todesurteilen stellte dies für die Scharfrichter eine ein-
trägliche, oft überlebenswichtige Einnahmequelle dar. Dabei war durchaus nicht nur
Scharlatanerie im Spiel.Viele Scharfrichter kannten den menschlichen Körper recht
genau, zum Teil sogar deutlich besser als die studierten Arzte.
 
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