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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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4. Forschungsschwerpunkt
DOI Kapitel:
Prinzipien der Entwicklung und Formgebung in der Biologie
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0274
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Das WIN-Kolleg | 297

Hydra-Zellaggregaten verantwortlich sein könnte. Wir beobachteten, dass Wnt3a
nicht nur als ausreichend für die ektopische Initiierung einer neuer Körperachse in
adulten Hydren ist (wie schon früher beschrieben worden ist), sondern auch die de
/mw-Musterbildung und Gewebemorphogenese in Hydra-Zellaggregaten steuert.
Als neues grundlegendes Prinzip entdeckten wir, dass überraschenderweise nicht —
wie bisher angenommen — die absolute Menge an Wnt3a, sondern die lokale Diffe-
renz in der Wnt3a-Konzentration zwischen Nachbarzellen für die globale 3D-
Gewebemorphogenese ausschlaggebend sind. Dies konnte durch genetische Mosaike
in Hydra-Zellaggregaten dargestellt werden, mit Hilfe derer die Homogenität und
Kinetik des Wnt-Morphogengradienten zur Musterbildung analysiert wurden.
Während eine hinreichend große Differenz in der Wnt-Konzentration über
ein Morphogenfeld hinweg für die Musterbildung notwendig ist, blockieren sowohl
zu hohe als auch zu niedrige homogene Morphogenkonzentrationen die Gewebe-
morphogenese. In isolierten Epithelzellen beobachteten wir zudem, dass die polari-
sierte Organisierung an filamentösen Aktinkabeln (F-Aktin) durch die Aktivität die-
ses Wnt-Signalwegs gesteuert werden kann. Die Aktivität des Wnt-Signalwegs steu-
ert die Zytoskelettpolarisierung in Hydra-Zellaggregaten allerdings anders. Ob und
wie Wnt die Zytoskelettpolarisierung in Hydra-Zellaggregaten durch Koordinie-
rung der Polarisierung von Einzelzellen determiniert, wird noch untersucht.
Der Zusammenhang zwischen de noi/o-Morphogenmusterbildung und 3D-
Gewebemorphogenese durch Morphogene ist in Hydra nur bis zu einem gewissen
Grad untersuchbar, da auf unserem Niveau der Einblicknahme weiterführende
Methoden für die präzise zeitliche und räumliche Genexpressionskontrolle benötigt
würden.
Aus diesem Grund haben wir ein weiteres physiologisch relevantes System zur
speziellen Untersuchung der Rolle von Morphogengradienten und Zytoskelett-
polarisierung für die 3D-Gewebemorphogenese etabliert: Im Hinterhirn des Zebra-
fisches, eines klassischen Vertebratenmodells, entwickelt sich aus der homogenen
Population einer 2D-neuroepithelialen Schicht nach selbstorganisierender Muster-
bildung und Morphogenese die 3D-Struktur eines Neuralrohrs. Während ein
Wnt3a-Organizer für die Musterbildung in Hydrazellaggregaten verwantwortlich
ist, fanden wir, dass Wnt3a auch die normale anterior-posterior Musterbildung des
Neuralrohrs im Zebrafisch reguliert [3]. Im Gegensatz dazu steuert ein Fgf3-Orga-
nizer die Musterbildung des Hinterhirns. Aufgrund einer vorangeschrittenen
Methodologie der funktionellen und quantitativen Biologie im Zebrafisch [4] konn-
ten wir zeigen, dass die Polarisierung des Zytokskeletts in einzelnen Neuroepithelial-
zellen ausschlaggebend für die 3D-Morphogenese im Modell des Hinterhirns ist.
Wir etablierten anhand quantitativer Genetik, Zellbiologie und Videomikroskopie,
dass eine genetisch kodierte Determinante, Hoxblb/HoxAl, ein klassischer Tran-
skriptionsfaktor und nicht ein extrazellulärer Fgf3-Morphogenligand die Musterbil-
dung über die direkte Kontrolle der Zytoskelettpolariserung reguliert [5], Unsere
Daten deuten eine weitere Überraschung an: In der o.g. Funktion steuert dieses
Hox-Gen die Gewebemorphogenese sehr wahrscheinlich nicht in seiner klassischen
Rolle als Transkriptionsfaktor im Nukleus von Zellen, sondern kontrolliert die Zell-
 
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