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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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19. Februar 2000

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Mit dem geistigen Erwachen ging freilich eine gewisse Aufsässigkeit einher, welche
mich einem Schulverweis nahebrachte und mir seitens meines Religionslehrers die
zweite Prophezeiung von Mutter Kirche einhandelte: Aus mir könne nur em Bank-
räuber werden. Dies versprach zumindest finanziell mehr als das frühere Orakel; mich
irritierte freilich die Wankelmütigkeit einer so geheiligten Institution. Man war nun
auf mich aufmerksam geworden und schickte mich, der em gewisses Interesse an
Philosophie zeigte, zu Schulungskursen an die Katholische Akademie Bensberg im
Bergischen Land. In asketischem Ambiente wurde ich dort mit den Abgründen des
Marxismus-Leninismus und den Höhenflügen der Agape, der göttlichen und brüder-
lichen Liebe, vertraut gemacht.
Ich hielt seinerzeit allerdings mehr von der Variante, die man Eros zu nennen pflegt.
Dies ersparte mir nicht lange nach dem Abitur die herkulische Entscheidung zwischen
den Karrieren als zerstreuter Professor oder Bankräuber. Die Heirat mit meiner auch
noch jetzigen Frau und eine frühe Vaterschaft ließen einem letztlich doch verantwor-
tungsbewußten Jüngling nur die Wahl der Solidität: Alea lacta erat. Fortuna hätschelte
mich von nun an - so empfand ich es jedenfalls. Ich hatte das Glück, im Schloßgebäude
der Bonner Universität Geschichte und Latein studieren zu dürfen - bei zum Teil
bemerkenswerten Lehrern. Die unerbittliche Präzision des launischen Latinisten
Wolfgang Schmid, die kristallene Klarheit des nüchternen Philosophen Friedrich
Schneider, die mit heiterer Leichtigkeit des Vortrags verbundene methodische Schärfe
des auch morgens um acht stets gut gelaunten Mediävisten Eugen Ewig sowie der
behutsam aktualisierende, temperamentvoll inspirierende Althistoriker Johannes
Straub nahmen mich vor allem gefangen. Für letzteren entschied ich mich schließlich.
Schon aus Zeitgründen konnte ich an der sogenannten 68er Revolution nicht teilneh-
men, hatte aber gewissermaßen am Rande einige Erlebnisse, die eine Lektion in Dem-
agogie und menschlicher Schwäche waren.
Ich war ein sehr bemühter Student, durfte seit dem 5. Semester schon an Doktoran-
denkolloquien teilnehmen und absolvierte zügig mein Staatsexamen. Meine Zulas-
sungsarbeit über die Quellen der spätantiken Biographien-Sammlung der Scriptores
Historiae Augustae konnte ich auch gleich als Dissertation einreichen, so daß ich nur
drei Monate nach dem Examen promoviert war. Schon zuvor hatte Johannes Straub
mich beim sogenannten Histona-Augusta-Kolloquium in Bonn auftreten lassen. Einer
der bedeutendsten Althistoriker des 20. Jahrhunderts, Andreas Alföldi vom Institute
for Advanced Study in Princeton, fand Gefallen an mir und lud mich ein, sein Assistent
zu werden. Mit Sack und Pack zogen wir 1970 in das uns wie ein Paradies erscheinen-
de Princeton, wo eine junge Ehe und Familie sich ebenso festigen konnten wie eine sich
allmählich zur beruflichen Perspektive kristallisierende Neigung zur Wissenschaft.
Bei Alföldi habe ich sehr viel gearbeitet und noch mehr gelernt. Er war die beein-
druckendste Persönlichkeit, die mir in der Wissenschaft begegnet ist, von stupender
Originalität und Vielseitigkeit und dazu ein ausgezeichneter Lehrer, immer zum Dia-
log bereit. Ich wurde von ihm in die Methoden der Numismatik eingeweiht und lernte,
Ergebnisse der Archäologie, insbesondere die Ikonographie, für die Alte Geschichte
fruchtbar zu machen, während ich bis dahin von der Philologie her den Zugang zu
meinem Fach gefunden hatte. Über nichts war ich freilich glücklicher, als daß Alföldi
mich schließlich als seinen Freund bezeichnete.
Um die Erfahrung amerikanischer Lebensweise bereichert, kehrten wir 1972 nach
Deutschland zurück, damit meine Frau ihr zweites Lehrerexamen ablegen konnte. Ich
 
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