20. Mai 2000
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seinem Namen rechtsgeschäftlich zu agieren. Gleichermaßen hierher gehört aber z.B.
auch die banale Schwarzfahrt, die, obgleich gesellschaftliche Massenkalamität, von
einer konsensfähigen juristischen Erfassung bis heute weit entfernt ist. Die Untersu-
chung widmet sich damit schon praktisch äußerst relevanten Fragen. Die behandelte
Thematik markiert aber auch theoretisch ein Kernproblem des bürgerlichen Rechts,
dem in den Lehrbüchern insbes. zum „Allgemeinen Teil“ sowie im juristischen Aus-
bildungs- und Prüfungswesen eine zentrale Stellung zukommt.
Nach einer kritischen Überprüfung der modernen „prinzipienpluralistischen“ Leh-
ren (1. Kapitel) und einer Rückbesinnung auf die Grundstrukturen der geltenden
Zivilrechtsordnung gelangt die Arbeit in ihrem 2. Kapitel zu dem Ergebnis, daß die
Entstehung rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten auch heute noch prinzipiell einen
entsprechenden Verpflichtungswillen des Schuldners erfordert. Die Gesichtspunkte
des Verschuldens, des Verkehrs- und Vertrauensschutzes oder auch der (Selbst-)Ver-
antwortung vermögen einen Schadensersatzanspruch zu rechtfertigen. Sie sind jedoch
nicht in der Lage, den Willen als Auslöser von Verpflichtungen, die wie rechtsge-
schäftliche Leistungspflichten von der Entstehung eines Schadens völlig unabhängig
sind, zu ersetzen.
Im 3. Kapitel wird diese Grundregel anhand der wichtigsten diskussionsbeherr-
schenden Problemkonstellationen überprüft. Es wird aufgezeigt, daß die grundsätzli-
che Geltung einer Willenserklärung trotz des geheimen Vorbehalts, das Erklärte nicht
zu wollen (§ 116 BGB), mit dem erarbeiteten Willensprinzip durchaus in Einklang
steht. Eine historische und systematische Analyse ergibt auch für das gesetzliche Irr-
tumsrecht (§§ 119 BGB), daß die dort angeordnete Rechtsfolge der „Anfechtbarkeit“
im Vergleich mit der vor der Geltung des BGB überwiegend angenommenen „Nich-
tigkeit“ keine sachlichen Abstriche an der dargestellten Willenstheorie bedeutet. Die
ausführliche Untersuchung des Irrtumsrechts führt im weiteren auch zu einem neuen,
in Rspr. und Schrifttum so noch nicht vertretenen Lösungsvorschlag für das oben
beschriebene Problem des sog. „fehlenden Erklärungsbewußtseins“, das vom Gesetz
nur in einem Randaspekt eine ausdrückliche Regelung erfahren hat (§ 118 BGB, sog.
„Scherzerklärung“). Entgegen der heute h. M., die auch hier zur „Anfechtbarkeit“
gelangt, wird als BGB-konforme Regelung die sog. „schwebende Unwirksamkeit“
propagiert, d. h. die XX illenserklärung ist nichtig, kann aber durch Genehmigung des
Scheinerklärenden Geltung erlangen.
Eine Neuinterpretation erfahren im weiteren auch die Regelungen über die sog.
„Rechtsscheinvollmachten“ (§ 170ff. BGB), in denen das Gesetz trotz des Fehlens
einer wirksamen Bevollmächtigung zugunsten des gutgläubigen Geschäftspartners das
Bestehen von Vertretungsmacht anordnet, wenn ihm der Vertretene die rechtlich
unwirksame Vollmacht kundgegeben hatte oder der Vertreter mit einer Volhnachtur-
kunde ausgestattet war. Es wird aufgezeigt, daß sich dahinter echte rechtsgeschäftliche
Zusicherungsakte verbergen, die das Gesetz mangels sachlichen Unterschieds lediglich
aus Gründen der Vereinfachung mit der Rechtsfolge „Vertretungsmacht“ statt mit
einer entsprechenden Einstandspflicht versehen hat. Die Regelungen der §§ 170 ff.
BGB werden schließlich auch als die maßgebliche normative Vorgabe für die Proble-
matik der sog. „Duldungs- und Anscheinsvollmachten“ erwiesen. Mit diesen Figuren
erweitert die Rspr. heute der Sache nach den m den gg UOff. BGB angeordneten Gur-
glaubensschutz für den Partner eines unbefugten Vertreters zulasten des Vertretenen.
Es wird gezeigt, daß dies einer legitimen Grundlage jedoch entbehrt. Der Gerechtig-
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seinem Namen rechtsgeschäftlich zu agieren. Gleichermaßen hierher gehört aber z.B.
auch die banale Schwarzfahrt, die, obgleich gesellschaftliche Massenkalamität, von
einer konsensfähigen juristischen Erfassung bis heute weit entfernt ist. Die Untersu-
chung widmet sich damit schon praktisch äußerst relevanten Fragen. Die behandelte
Thematik markiert aber auch theoretisch ein Kernproblem des bürgerlichen Rechts,
dem in den Lehrbüchern insbes. zum „Allgemeinen Teil“ sowie im juristischen Aus-
bildungs- und Prüfungswesen eine zentrale Stellung zukommt.
Nach einer kritischen Überprüfung der modernen „prinzipienpluralistischen“ Leh-
ren (1. Kapitel) und einer Rückbesinnung auf die Grundstrukturen der geltenden
Zivilrechtsordnung gelangt die Arbeit in ihrem 2. Kapitel zu dem Ergebnis, daß die
Entstehung rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten auch heute noch prinzipiell einen
entsprechenden Verpflichtungswillen des Schuldners erfordert. Die Gesichtspunkte
des Verschuldens, des Verkehrs- und Vertrauensschutzes oder auch der (Selbst-)Ver-
antwortung vermögen einen Schadensersatzanspruch zu rechtfertigen. Sie sind jedoch
nicht in der Lage, den Willen als Auslöser von Verpflichtungen, die wie rechtsge-
schäftliche Leistungspflichten von der Entstehung eines Schadens völlig unabhängig
sind, zu ersetzen.
Im 3. Kapitel wird diese Grundregel anhand der wichtigsten diskussionsbeherr-
schenden Problemkonstellationen überprüft. Es wird aufgezeigt, daß die grundsätzli-
che Geltung einer Willenserklärung trotz des geheimen Vorbehalts, das Erklärte nicht
zu wollen (§ 116 BGB), mit dem erarbeiteten Willensprinzip durchaus in Einklang
steht. Eine historische und systematische Analyse ergibt auch für das gesetzliche Irr-
tumsrecht (§§ 119 BGB), daß die dort angeordnete Rechtsfolge der „Anfechtbarkeit“
im Vergleich mit der vor der Geltung des BGB überwiegend angenommenen „Nich-
tigkeit“ keine sachlichen Abstriche an der dargestellten Willenstheorie bedeutet. Die
ausführliche Untersuchung des Irrtumsrechts führt im weiteren auch zu einem neuen,
in Rspr. und Schrifttum so noch nicht vertretenen Lösungsvorschlag für das oben
beschriebene Problem des sog. „fehlenden Erklärungsbewußtseins“, das vom Gesetz
nur in einem Randaspekt eine ausdrückliche Regelung erfahren hat (§ 118 BGB, sog.
„Scherzerklärung“). Entgegen der heute h. M., die auch hier zur „Anfechtbarkeit“
gelangt, wird als BGB-konforme Regelung die sog. „schwebende Unwirksamkeit“
propagiert, d. h. die XX illenserklärung ist nichtig, kann aber durch Genehmigung des
Scheinerklärenden Geltung erlangen.
Eine Neuinterpretation erfahren im weiteren auch die Regelungen über die sog.
„Rechtsscheinvollmachten“ (§ 170ff. BGB), in denen das Gesetz trotz des Fehlens
einer wirksamen Bevollmächtigung zugunsten des gutgläubigen Geschäftspartners das
Bestehen von Vertretungsmacht anordnet, wenn ihm der Vertretene die rechtlich
unwirksame Vollmacht kundgegeben hatte oder der Vertreter mit einer Volhnachtur-
kunde ausgestattet war. Es wird aufgezeigt, daß sich dahinter echte rechtsgeschäftliche
Zusicherungsakte verbergen, die das Gesetz mangels sachlichen Unterschieds lediglich
aus Gründen der Vereinfachung mit der Rechtsfolge „Vertretungsmacht“ statt mit
einer entsprechenden Einstandspflicht versehen hat. Die Regelungen der §§ 170 ff.
BGB werden schließlich auch als die maßgebliche normative Vorgabe für die Proble-
matik der sog. „Duldungs- und Anscheinsvollmachten“ erwiesen. Mit diesen Figuren
erweitert die Rspr. heute der Sache nach den m den gg UOff. BGB angeordneten Gur-
glaubensschutz für den Partner eines unbefugten Vertreters zulasten des Vertretenen.
Es wird gezeigt, daß dies einer legitimen Grundlage jedoch entbehrt. Der Gerechtig-