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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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76

Sitzungen

Ernst Schulin erhielt das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland.
Jürgen Wolfrum erhielt von der Faraday Division der Royal Society of Chemistry
in Cambridge die Michael Polanyi Medal.

Wissenschaftliche Sitzung
4. Herr Dieter Hagedorn (Heidelberg) hält seine Antrittsrede.
Herr Präsident, meine Damen und Herren,

wenn ich Ihnen an dieser Stelle von meinem wissenschaftlichen Werdegang berichten
soll, so muß ich gleich zu Beginn Ihre Erwartungen dämpfen. Wenig Spannendes steht
Ihnen bevor. Es hat in meinem Leben keine Höhen und Tiefen gegeben, ich habe nie
am Scheideweg weitreichende Entschlüsse gefaßt und auch nie gegen Widerstände um
wichtige Ergebnisse gerungen. Vielmehr habe ich immer einfach das Nächstliegende
getan und das, was mir durch das Vorbild von Menschen in meiner Nähe suggeriert
wurde. Daher empfinde ich auch die Tatsache, daß Sie mich in Ihren Kreis gewählt
haben, als gänzlich unverdient. Gleichwohl bin ich sehr glücklich und dankbar dafür,
da sich mir damit die Hoffnung verbindet, auch über mein Ausscheiden aus der aka-
demischen Lehre hinaus meinem Fach, der Papyrologie, in Heidelberg positive Impul-
se geben zu können.
Aufgewachsen vor den Toren der Stadt Köln, stamme ich aus eher bescheidenen
Verhältnissen. Meine Eltern waren beide Gärtner von Beruf und besaßen nur Volks-
schulbildung, aber dennoch lebhafte geistige Interessen; und so durfte ich trotz
schwieriger Lage 1947 ins Gymnasium überwechseln.
Nach meinem Abitur im Jahre 1950 begann ich in Köln - ein anderer Studienort
kam nicht in Frage - Griechisch, Latein und Geschichte zu studieren, mit der Absicht,
den Lehrerberuf zu ergreifen. So fügte es sich, daß ich schon bald den beiden Lehrern
begegnete, welche die größte Bedeutung für meine Zukunft haben sollten. Da war
zunächst Albrecht Dihle, der damals mit unglaublich jungen Jahren auf eine Professur
nach Köln berufen wurde und auf mich den stärksten Eindruck machte. Der andere
war Ludwig Koenen. Er hatte zu der Zeit gerade eine Assistentenstelle bekommen und
hielt in meinem dritten Semester sein erstes Seminar ab; er wählte als Thema dafür
unedierte Originalpapyri aus der Kölner Sammlung. Es handelte sich um einige Blät-
ter aus dem Papyrusfund von Tura, durch den im Jahre 1941 Codices mit bis dahin
unbekannten Schriften des großen griechischen Theologen Origenes und seines
Enkelschülers Didymos des Blinden zutage getreten waren. Teile des Fundes waren
über den Antiquitätenhandel nach Köln gelangt. Im konkreten Fall entzifferten wir in
dem Seminar gemeinsam Partien aus Kommentaren des besagten Didymos zu dem
Propheten Zacharias und zu den Psalmen. Der Umgang mit den Originalen faszinier-
te mich ganz ungemein, hatten wir es doch mit Texten zu tun, die - im Gegensatz zu
den Werken der Autoren, die wir sonst in den Lehrveranstaltungen behandelten -
noch nicht von Generationen von Philologen traktiert worden waren. Ein Student im
dritten Semester, fühlte ich mich doch als Kämpfer an der Front der Wissenschaft. Die-
ses Seminar bestimmte meinen künftigen Werdegang, denn mit den Begriffen „Papy-
rologie“ einerseits und „Bibelexegese der alten griechischen Kirche“ andererseits läßt
sich alles umschreiben, womit ich mich später beschäftigen sollte. Meine von Albrecht
 
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