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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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I. Das akademische Jahr 2013
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Antrittsreden
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Gade, Lutz H.: Antrittsrede von Herrn Lutz Gade an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 27. April 2013
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0147
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ANTRITTSREDEN

Kolonien wirtschaftlich boomten. Deutsche Unternehmen beeilten sich denn auch,
dort ihre neuen Dependencen aufzubauen, um an dem allgemeinen Aufschwung
teilzuhaben.
Südafrika hatte zur damaligen Zeit nach einer zwanzigjährigen Entwicklung
seit der Regierungsübernahme der National Party von 1948 den Umbau zum
Apartheid-Staat bereits vollendet und eine Gesellschaft geschaffen, die in allen Berei-
chen segregiert war. Das Nebeneinander der ethnischen Gruppen war durch ein
engmaschiges Geflecht von Gesetzen fixiert, die de facto die Rassenzugehörigkeit
mit einer Klassenzugehörigkeit verknüpften, aus der man sich praktisch nicht
herauslösen konnte. Dies geschah — wie wir alle wissen - auf Kosten der nicht-
weißen Bevölkerungsmehrheit (damals über 80% der Gesamtbevölkerung). In die
„Homelands“ zurückgedrängt, ging es dieser zwar mitunter materiell besser als den
Menschen in manchen der altkolonialen Nachbarstaaten, sie waren dafür aber in
ihrem eigenen Land fast rechtlos.
Was weniger bekannt ist, ist die Tatsache, dass eine ebenfalls starke Segregation
innerhalb der weißen Bevölkerung existierte — teils kodifiziert, teils durch „Selbst-
organisation“ entstanden. Die Afrikaans sprechenden Südafrikaner gingen in andere
Schulen, wohnten größtenteils in anderen Stadtteilen, lasen andere Zeitungen und
bekamen ein anderes Geschichtsbild vermittelt als der Englisch sprechende Teil der
Bevölkerung. Bilingualität wurde nicht gefordert, aber beide weiße Bevölkerungs-
anteile unterstützten natürlich mehrheitlich das bestehende System.
Ich wurde Anfang 1969 an der Deutschen Schule Johannesburg eingeschult,
einer Gründung noch aus der deutschen Kaiserzeit, die vor dem ersten Weltkrieg
ihre Blütezeit hatte. Danach verlor sie ihre Eigenständigkeit, wurde in das südafrika-
nische Schulsystem eingegliedert und war dies noch bis in die siebziger Jahre —
ehe sie sich nach 1980 wieder zu einer deutschen Auslandsschule mit Abitur ent-
wickelte. Ich besuchte diese Schule, bis wir 1977 — ich war mittlerweile im neunten
Schuljahr — wieder nach Deutschland zurückkehrten. Die gymnasiale Oberstufe
absolvierte ich am Siebengebirgsgymnasium in Bad Honnef am Rhein, wo auch
mein Interesse für die Naturwissenschaften geweckt wurde, teils durch einen sehr
engagierten Chemie-Lehrer, der mit mir nachmittags nach dem Schulunterricht
experimentierte. Andererseits übte die mathematische Struktur der Physik einen
starken ästhetischen Reiz aus, so dass ich einige Zeit unschlüssig bei der Wahl des
späteren Studienfaches war.
Nach dem Schulabschluss und dem Grundwehrdienst schrieb ich mich
im Wintersemester 1983/84 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn im Studiengang Chemie ein und erwarb 1988 - nach einem Hochschulort-
wechsel — das Diplom in Chemie an der Technischen Universität München.
Gegen Ende meiner Münchner Zeit bewarb ich mich um die Annahme als
Doktorand am University Chemical Laboratory in Cambridge in der Forschungs-
gruppe von Jack Lewis. Der positive Verlauf dieser Aktion bescherte mir nicht nur
einen Studienplatz in Cambridge, sondern fiel zudem mit der Erhebung meines
Doktorvaters in den Adelsstand und damit ins House of Lords zusammen. Ich habe
ihn nie auf diese Koinzidenz hingewiesen!
 
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