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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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I. Das akademische Jahr 2013
DOI chapter:
Wissenschaftliche Sitzungen
DOI chapter:
Antrittsreden
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Winnacker, Albrecht: Antrittsrede von Herrn Albrecht Winnacker an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 20. Juli 2013
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0158
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Albrecht Winnacker

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Funktionen meine früheren Doktoranden am Werke sehe, tüchtige und wagemuti-
ge Leute! Nach Abschluss dieses Forschungsthemas haben wir uns einem neuen, bis
dato gar nicht herstellbaren Halbleitermaterial zugewandt, dem Aluminiumnitrid, das
zum Beispiel für die Herstellung sehr kurzwelliger ultravioletter Leuchtdioden
benötigt wird. Auch daraus ist eine Firma hervorgegangen, die jetzt dieses Material
auf dem Markt anbietet. Wir möchten mit ihr die Erfolgsgeschichte des Siliziumkar-
bids wiederholen.
Vier Jahre lang war ich Dekan der Technischen Fakultät der Universität Erlan-
gen. Die Technische Fakultät spielt de facto die Rolle einer Technischen Hochschule
Nordbayerns, es gibt ja sonst in Bayern nur noch die Technische Hochschule Mün-
chen. Eine besondere Dynamik erhielt diese Zeit durch ein originelles Projekt.
Durch meine Verbindung zu Siemens wurde es ermöglicht, die interne, hoch profes-
sionelle Unternehmensberatung der Siemens AG probeweise einmal auf eine
Universität loszulassen. Auch für die Unternehmensberatung eine ungewöhnliche
Erfahrung, obwohl sie durchaus schon noch schwerer zu durchschauende Kunden
gehabt hatte als eine Universität, z. B. den Jesuitenorden. Das Amt in der akademi-
schen Selbstverwaltung stellte für mich eine wichtige Erfahrung dar. Ich verließ es
als besserer Demokrat als ich es beim Amtsantritt gewesen war. Auch in einem
System, das auf Konsens und Ausgleich beruht, lässt sich etwas bewegen!
Als sich mit meinem 67sten Geburtstag meine Pensionierung anbahnte, hatte
ich keine Schwierigkeit, mir einen aktiven, tätigen Ruhestand vorzustellen. Über-
raschend war aber die Wendung, die durch einen Anruf aus dem Rektorat der Uni-
versität Heidelberg eintrat. Die Universität hatte beschlossen, ein materialwissen-
schaftliches Zentrum zu gründen, das Center for Advanced Materials. Ich übernahm
die Aufgabe eines Gründungsdirektors dieses Instituts. Mein wechselhafter wissen-
schaftlicher Weg bei fortdauernder Verbindung zur Universität Heidelberg kommt
vielleicht in der Tatsache zum Ausdruck, dass ich mit Erwerb des Status eines Seni-
orprofessors zum 4. Mal im Rektorat eine Ernennungsurkunde zum Professor der
Universität Heidelberg entgegennahm. Rektor Eitel, bemerkte dazu nur nüchtern:
Professor ist eben nicht gleich Professor. Jeden Morgen kann ich jetzt im Neuenheimer
Feld den Baufortschritt beobachten. Selten habe ich in meinem Berufsleben so sicht-
bar den Fortschritt eines Projektes wahrnehmen können.
Bei der Nachsitzung zu einem Kolloquiumsvortrag in Chemnitz stellte ich
einmal aus gegebenem Anlass den Kollegen die Frage, wie es wohl zustande komme,
dass an der Technischen Hochschule Chemnitz mehrfach schon Physiker in das Amt
des Rektors gewählt worden seien. Ich erhielt die Antwort: Weil die Physiker sich mit
den Ingenieuren und den Philosophen vertragen. In der Tat hat die Physik sehr ausgeprägt
diese beiden Blickrichtungen, die des Verstehens und die des Gestaltens unserer Welt.
Zwischen diesen beiden Polen muss der Wissenschaftler seinen Standort finden.
Einen besseren Ort für die Suche nach diesem Standort als die Akademie der Wis-
senschaften kann ich mir nicht denken.
 
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