Katharina Holzinger
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Nach diesem fünfjahre dauernden Umweg in der Buchhandlung bog ich 1978
in den zweiten Bildungsweg ein, nicht ohne noch allerhand familiären Widerstand
in Form guter Ratschläge, das doch besser nicht zu tun, zu überwinden. Aber es gab
damals noch BAFÖG als Vollstipendium und so konnte ich es wagen. Der zweite Bil-
dungsweg, das wurden dann zwei bzw. drei wunderschöne Jahre. Wegen der kauf-
männischen Lehre musste ich die Berufsoberschule Wirtschaft besuchen, hier holte
mich der kaufmännische Zweig doch wieder ein. Erste schlechte Noten regten mei-
nen Erfolgswillen enorm an. Dafür bin ich der Familie, die mich recht kritisch
beäugte, dann doch wieder dankbar. Nach zwei Jahren hatte ich ein Fachabitur; nach
drei das Vollabitur mit einem Notendurchschnitt von 1,0.
Mein Wunschstudium war die Germanistik: Dafür war in München ein Lati-
num Voraussetzung; also habe ich den Weg vom Fach- zum Vollabitur durch Latein
überbrückt: in einem Jahr zum großen Latinum. Leider ist von diesem Crash-Kurs
wenig hängen geblieben bis heute, aber ich hatte sehr viel Freude dabei. Nur: Wie
finanziert man zwölf Stunden Latein am Tag? Ich war mittlerweile 23 Jahre alt und
musste doch von etwas leben. Mein Abiturergebnis eröffnete mir die Möglichkeit
eines Begabten-Stipendiums, dazu musste ich aber studieren.
Ich begann also kein Park-, sondern ein Scheinstudium — in einem Bereich,
der mir zwar mit dem Fachabitur offen stand, mich aber nicht sonderlich interessierte:
Politikwissenschaft. Das sah nun wieder nach einem kleinen Umweg aus. Nach zwei
Semestern ging es dann endlich los mit der Germanistik. Ein Magisterstudium, denn
Lehrerin wollte ich bestimmt nicht werden. Sondern Lektorin, im Verlag. Deshalb:
Magister Neuere deutsche Literatur, Geschichte und Psychologie. Die Politikwissen-
schaft habe ich ebenfalls beibehalten. Ich hatte dort Freunde gewonnen, Blut geleckt,
die Politische Theorie hat mich fasziniert und Platon und Cicero passten hervorra-
gend zum parallelen Latein-Unterricht.
Das war allerdings alles ein bisschen „Viel des Guten“ und wurde sukzessive
reduziert. Erst habe ich die Psychologie abgelegt, da kam man im Nebenfach nicht
so richtig heran an den Kern, dann die Geschichte. Am Ende stand eine Kombina-
tion aus Neuerer Deutscher Literatur, Germanistischer Linguistik und Logik und
Wissenschaftstheorie. Eine wunderbare Kombination. Besonders erfolgreich war ich
in der Linguistik. Anders als geplant, kam ich aber von der Politikwissenschaft nicht
mehr weg. Im weiteren Verlauf des Studiums fand ich besonders die Volkswirtschafts-
lehre und Politische Ökonomie attraktiv.
Das alles war nicht sonderlich zielorientiert oder karrierebewusst. Geleitet
hat mich schlicht mein Interesse an den Gegenständen. Diese Breite hat immerhin
den Grundstein gelegt für eine große interdisziplinäre Offenheit. Später, schon als
Politikwissenschaftlerin, habe ich dann zusammen gearbeitet mit Volkswirten, Sozio-
logen, Psychologen, Juristen, neuerdings sogar wieder mit Linguisten und mit Infor-
matikern.
Ich habe also mit großer Begeisterung, mit heißem Bemühen, aber im Er-
gebnis ganz unfaustisch, Germanistik studiert. Schließlich wollte ich endlich das
Politikstudium ablegen und habe es daher mit Diplom und einer politisch-ökono-
mischen Arbeit zum Verhalten staatlicher Bürokratien 1986 abgeschlossen. Dabei ver-
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Nach diesem fünfjahre dauernden Umweg in der Buchhandlung bog ich 1978
in den zweiten Bildungsweg ein, nicht ohne noch allerhand familiären Widerstand
in Form guter Ratschläge, das doch besser nicht zu tun, zu überwinden. Aber es gab
damals noch BAFÖG als Vollstipendium und so konnte ich es wagen. Der zweite Bil-
dungsweg, das wurden dann zwei bzw. drei wunderschöne Jahre. Wegen der kauf-
männischen Lehre musste ich die Berufsoberschule Wirtschaft besuchen, hier holte
mich der kaufmännische Zweig doch wieder ein. Erste schlechte Noten regten mei-
nen Erfolgswillen enorm an. Dafür bin ich der Familie, die mich recht kritisch
beäugte, dann doch wieder dankbar. Nach zwei Jahren hatte ich ein Fachabitur; nach
drei das Vollabitur mit einem Notendurchschnitt von 1,0.
Mein Wunschstudium war die Germanistik: Dafür war in München ein Lati-
num Voraussetzung; also habe ich den Weg vom Fach- zum Vollabitur durch Latein
überbrückt: in einem Jahr zum großen Latinum. Leider ist von diesem Crash-Kurs
wenig hängen geblieben bis heute, aber ich hatte sehr viel Freude dabei. Nur: Wie
finanziert man zwölf Stunden Latein am Tag? Ich war mittlerweile 23 Jahre alt und
musste doch von etwas leben. Mein Abiturergebnis eröffnete mir die Möglichkeit
eines Begabten-Stipendiums, dazu musste ich aber studieren.
Ich begann also kein Park-, sondern ein Scheinstudium — in einem Bereich,
der mir zwar mit dem Fachabitur offen stand, mich aber nicht sonderlich interessierte:
Politikwissenschaft. Das sah nun wieder nach einem kleinen Umweg aus. Nach zwei
Semestern ging es dann endlich los mit der Germanistik. Ein Magisterstudium, denn
Lehrerin wollte ich bestimmt nicht werden. Sondern Lektorin, im Verlag. Deshalb:
Magister Neuere deutsche Literatur, Geschichte und Psychologie. Die Politikwissen-
schaft habe ich ebenfalls beibehalten. Ich hatte dort Freunde gewonnen, Blut geleckt,
die Politische Theorie hat mich fasziniert und Platon und Cicero passten hervorra-
gend zum parallelen Latein-Unterricht.
Das war allerdings alles ein bisschen „Viel des Guten“ und wurde sukzessive
reduziert. Erst habe ich die Psychologie abgelegt, da kam man im Nebenfach nicht
so richtig heran an den Kern, dann die Geschichte. Am Ende stand eine Kombina-
tion aus Neuerer Deutscher Literatur, Germanistischer Linguistik und Logik und
Wissenschaftstheorie. Eine wunderbare Kombination. Besonders erfolgreich war ich
in der Linguistik. Anders als geplant, kam ich aber von der Politikwissenschaft nicht
mehr weg. Im weiteren Verlauf des Studiums fand ich besonders die Volkswirtschafts-
lehre und Politische Ökonomie attraktiv.
Das alles war nicht sonderlich zielorientiert oder karrierebewusst. Geleitet
hat mich schlicht mein Interesse an den Gegenständen. Diese Breite hat immerhin
den Grundstein gelegt für eine große interdisziplinäre Offenheit. Später, schon als
Politikwissenschaftlerin, habe ich dann zusammen gearbeitet mit Volkswirten, Sozio-
logen, Psychologen, Juristen, neuerdings sogar wieder mit Linguisten und mit Infor-
matikern.
Ich habe also mit großer Begeisterung, mit heißem Bemühen, aber im Er-
gebnis ganz unfaustisch, Germanistik studiert. Schließlich wollte ich endlich das
Politikstudium ablegen und habe es daher mit Diplom und einer politisch-ökono-
mischen Arbeit zum Verhalten staatlicher Bürokratien 1986 abgeschlossen. Dabei ver-