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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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I. Das akademische Jahr 2013
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Schmidt, Ernst A.: Antonie Wlosok (17.11.1930 – 7.2.2013)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0171
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NACHRUFE

immer wieder zu Wort. Die meisten ihrer Beiträge (darunter auch Forschungs-
berichte) bis 1990 sind in den genannten Kleinen Schriften zusammengestellt. Der
Zusammenhang mit anderen Arbeiten der Forscherin ist in einigen dieser Aufsätze
deutlich ausgeprägt, wie in dem Artikel über Vergil als Theologen (zu pater omnipo-
tens) oder dem über frühchristliche Vergilrezeption bei Laktanz und in der Oratio
Constantini.
Das im Vergleich mit anderen Habilitationsschriften erstaunlich schmale Buch
(incl. Literaturverzeichnis und Register 166 Seiten) behandelt in prägnanter Dichte
die dritte der in Vergils Epos agierenden Gottheiten, die nach Jupiter und Juno wich-
tigste Gestalt,Venus, die Mutter des Helden. Aus den Interpretationen der Zentrals-
zenen entsteht ein Gesamtbild nicht nur der epischen und ideologischen Funktion
dieser Göttin, sondern zugleich des ganzen Gedichts. Beim Erscheinen dieser Studie
mochte nicht sogleich deutlich geworden sein, dass sich hier die beredteste Stimme
der pro-augusteischen patriotischen Interpretation des vergilischen Epos ankündig-
te. Aber die heutige relecture dieser so klaren wie entschiedenen Herausarbeitung
lässt unmissverständlich eine augusteische Venus erkennen, die durchaus loyal auf der
Seite des römischen Staatsgottes Jupiter und der Mission des römischen Staats und
damit des augusteischen Prinzipats steht. Diese Position hat die Gelehrte wiederholt
bekräftigt, und die Ansprüche der Forscher, die in der Aeneis Augustuskritik und
Zweifel an der römischen Geschichtsteleologie sehen, heftig zurückgewiesen. Zu
dem umstrittenen Schluss der Dichtung (Aeneas tötet Turnus) hat sie sich mehrfach
in dem Sinn geäußert, dass die Tat des Helden nicht nur nach römischem Rechts-
empfinden, sondern auch von Vergil, d.h. von den in dem Epos gestalteten sittlich-
religiösen Prinzipien her, gerechtfertigt und gefordert war. Das Separatum des in den
Kleinen Schriften reproduzierten Beitrags „Vergils politische Botschaft“ (1982) hat
die Autorin mir mit der handschriftlichen Widmung „meine ‘Confessio Vergiliana’“
zugeeignet. Pro-augusteische Tendenz gilt selbst für die großartige Interpretation des
vierten Aeneisbuchs als der Tragödie Didos (1976), insofern nämlich, als sie den
Aeneas von jeder schwereren Schuld freispricht.Von 1988 an hat sich Antonie Wlo-
sok stärker der Rezeption der Aeneis zugewandt und mehrere Studien zur Aufnah-
me der Dichtung in der bildenden Kunst, insbesondere in Vergilcodices, vorgelegt.
Die Herausgeber der Kleinen Schriften haben die wissenschaftliche Lebenslei-
stung der Forscherin unter das Konzept „Mensch und Gott“ gestellt. Diese Junktur
darf man vielleicht um die von Vater und Held ergänzen. Dabei ist einerseits an den
Komplex Gottes-, Herrscher- und Vatervorstellungen einschließlich Staat, Kirche
und Rechtskultur gedacht, der auch in den Aerteis-Studien und -Rezensionen eine
Rolle spielt, und andererseits an ein ideales Menschenbild, das nicht nur die Deu-
tung der Zentralfigur der Aeneis bestimmt, eine Person mit einer Mission und im
Gehorsam gegenüber einem göttlichen Auftrag, sondern auch in den theologischen
Arbeiten Aufmerksamkeit findet: der Christ in der Verfolgung, die Tugend der pati-
entia, der Märtyrer. In der Achtung vor der Würde und Autorität des Vaters und der
Bewunderung für den Helden des Gehorsams, der Leiden und der Geduld kann man
die ganz eigene persönliche Resonanz Antonie Wlosoks auf die von ihr gedeuteten
Texte sehen.
 
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