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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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I. Das akademische Jahr 2013
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Wittig, Sigmar: Gerhard Krüger (9.7.1933 – 9.10.2013)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0174
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Gerhard Krüger

I 197
Es sind zum einen das Glück und die Zufälligkeiten des Lebens, zum anderen
vor allem das Gespür, der Blick und die Tatkraft des der Wissenschaft wie der Praxis
und Anwendung Verpflichteten, dass er mehrfach neue Wissenschaftsgebiete ergrün-
den und voranbringen konnte. Diplomarbeit und Dissertation eröffneten ihm, dem
Physiker, Elektroniker und Messtechniker die Möglichkeit, zu Beginn der 60-er
Jahre am gerade erst gegründeten Kernforschungszentrum Karlsruhe Themen der
experimentellen Neutronenphysik und insbesondere der Bestimmung von Wir-
kungsquerschnitten mit Hilfe der kernphysikalischen Messtechnik in einer jungen
und dynamischen Arbeitsgruppe nachzugehen.
Es scheint nahezu zwangsläufig für die Entwicklung von Gerhard Krüger,
dass die Beschäftigung mit der Erfassung und Verarbeitung von Messdaten über den
Einsatz von Online- und Prozessrechnern den weiten Horizont zu einem neuen
Fachgebiet, der Informatik, aufzeigte. Er selbst führte es auf die Begegnungen an der
Universität Karlsruhe zurück, wo er entscheidende Anregungen zur Nutzung digi-
taler Rechner, ihrer Programmierung und des damals unvorhersehbaren Anwen-
dungspotentials erhielt. Vor allem Karl Steinbuch, Ordinarius für Nachrichtenverar-
beitung und -Übertragung in Karlsruhe, der sich der Kybernetik zuwandte und den
Begriff „Informatik“ prägte, inspirierte Gerhard Krüger und eine Gruppe junger
Mathematiker, Naturwissenschaftler und Ingenieure. Hier war die Wiege der ersten
Fakultät für Informatik in Deutschland mit einer ungeahnten Ausstrahlung auf die
zukünftige Entwicklung.
Das Kernforschungszentrum gab Gerhard Krüger die Möglichkeit zur
Beschaffung der damals gerade in den USA aufkommenden Kleinrechner bzw.
Minicomputer. Es entstanden — beobachtet und begleitet von gehöriger Skepsis -
neue Wege des rechnergestützten Experimentierens. Aus heutiger Sicht ist es nur
schwer vorstellbar, wie es bei der damals verfügbaren Programmausstattung und den
Programmiermöglichkeiten gelang, ein Echtzeitbetriebssystem und die Messwerter-
fassung aufzubauen. Krüger, der bereits zu einem gefragten Berater verschiedener
Bundesministerien geworden war, wurde 1968 zum Direktor des neustrukturierten
Großrechenzentrums des Kernforschungszentrums Karlsruhe berufen.
Die Arbeiten mit verteilten Systemen führten nahezu automatisch auf den Weg
in die Telekommunikationstechnik, und die Informatik war damit der zentrale Kern
unserer heutigen Informations-, Kommunikations- und auch Navigationstechnik
mit ihren weitreichenden Fragestellungen geworden.
Nach Ablehnung verschiedener Rufe übernahm Gerhard Krüger 1971 die Lei-
tung des Lehrstuhls Realzeitsysteme und Prozessdatenverarbeitung an der noch jungen
Fakultät für Informatik der Universität Karlsruhe und führte gleichzeitig das Institut
für Datenverarbeitung in der Technik des Kernforschungszentrums Karlsruhe. Es blieb
nicht aus, dass an ihn zahlreiche weitere Rufe aus der Wissenschaft wie an leitende Stel-
len der Industrie herangetragen wurden. Doch er blieb Karlsruhe verbunden, orien-
tierte die wissenschaftlichen Arbeiten des Instituts verstärkt auf die neuen Anforderun-
gen der Telematik um und führte den Namen Telematik ein. Seine Begeisterungsfähig-
keit als Lehrer wird durch zahlreiche gemeinsame Publikationen mit seinen Schülern
belegt, die ihrerseits mit Preisen für herausragende Leistungen ausgezeichnet wurden.
 
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