232 | TÄTIGKEITSBERICHTE
der Verben — altgaskognisch contravenir „zuwiderhandeln“ (1270) / benir en contra /
benir contra (ca. 1255), ir contre / yr encontre (ca. 1275), contrafar / far contra (1240) / far
en contra (1270); meinhsprezar „geringschätzen (im Sinne von „nicht befolgen“ 1215),
s’en tornar „sich (vom Recht) abwenden“ (1294), defalir de dreit a (qn) „gegen das
Recht von (jemandem) verstoßen“ (ca. 1255) und peccar in (qch) „fehlen, verstoßen“
(weltlicher Sinn 1256). Vordatiert werden konnten venir an contrari „zuwiderhandeln“
(von 1490 auf ca. 1265), far encontre (von 1344 auf ca. 1261), passar „(Gesetz)über-
treten“ (von 1420 auf ca. 1258),franher „(Gesetz) brechen“ (von ca. 1275 auf 1255),
enfranher (von 1309 auf 1256). Im Bereich der Substantive zur Bezeichnung sowohl
des Vergehens als auch des Täters konnten erstmals belegt werden: franhement
„Rechtsverletzung“ (1255), enfranca (1270), enfranchament (1251), desfrach (1270),
biolation „Rechtsbruch, -verstoß“ (1294) sowie contreviendonr und rompedor „Rechts-
brecher“ (beide ca. 1300) neben dem behelfsmäßigen substantivierten Partizip con-
trafazen „der Zuwiderhandelnde“ (1295). Vordatiert werden konnten transgression
„Übertretung“ (von 14. Jh. auf 1261) und transgressonr (von 1420 auf 1300).
Zur Verdeutlichung der Abgrenzung des Gaskognischen vom Okzitanischen
können die Berufsbezeichnungen der Bäcker angeführt werden. Bis zum frühen
Mittelalter wurde Brot für den häuslichen Bedarf (im Gemeindeofen) gebacken;
eigene Backstuben gab es nur in Klöstern oder Gutshöfen. Mit dem Aufkommen der
Städte erhöhte sich der Brotbedarf, und Brotbacken wurde zum städtischen Hand-
werk. Mit dem Aufschwung des Gewerbes wuchs auch die Bezeichnungsvielfalt.
Mehrere konkurrierende Lexeme stehen im okzitanischen Sprachraum für Bäcker:
pestre, pestor (< lat. pistor „Bäcker, abgeleitet von dem die Stampfmühle bedienen-
den Sklaven, der dann auch das Brot buk“), panatier (< lat. PANIS „Brot“), bolengier (auf
der Basis des germanischen ★bolla „kleines Brot“, erst ab Mitte 15. Jh. belegt,
> neufranzösisch boulanger) und fornier „Ofenbäcker“, von forn „Backofen“ abgelei-
tet. Während erstere den Brotteig bearbeiteten und im eigenen Ofen buken, bediente
der fornier das Backofenhaus, das häufig — wie etwa auch die Schmiede — Gemeinde-
eigentum war (gaskognisch/om comun 1276 /forn comunal ca. 1300) und in dem die
Bewohner gegen Backgeld ihren Teig backen ließen. In dieser Funktion ist fornier (ab
1255 und weibliches forneira / forneyra ab 1336) in der Gaskogne belegt. Wortkultur-
geschichtlich kann das Bäckerhandwerk vor allem mit weiblichen Berufsbezeich-
nungen aufwarten: Im Vergleich zu ihrem männlichen Berufspendant sind sie über-
proportional stark belegt. Das Wirtschaftsleben des Mittelalters stand Frauen offen,
und sie spielten darin eine nicht unwesentliche Rolle. Es gab kaum ein Handwerk,
das Frauen nicht ausübten. Sie waren vor allem in Bereichen aktiv, die mit der Erzeu-
gung und dem Handel von Nahrungsmitteln zu tun hatten. So erstaunt es nicht, dass
der bislang früheste gaskognische Beleg für das Bäckerhandwerk 1143 von Bäcke-
rinnen zeugt: prestiera und prestinera (Corneillan, Dep. Gers). Ihnen schließen sich in
La Reole 1207 prestinheyre, in Bayonne 1273 prestinhere und nochmals in Bayonne im
13. Jh. eine prestineire an. Das männliche prestinher ist „erst“ 1207 belegt; der bislang
früheste lexikographisch erfasste Beleg mit 1395 kann nun um fast zwei Jahrhun-
derte vordatiert werden. Die Wortfamilie geht zurück auf lat. pistrinarius „der eine
Stampfmühle (oder Backstube) leitet“ und, ein auffälliges Charakteristikum,
der Verben — altgaskognisch contravenir „zuwiderhandeln“ (1270) / benir en contra /
benir contra (ca. 1255), ir contre / yr encontre (ca. 1275), contrafar / far contra (1240) / far
en contra (1270); meinhsprezar „geringschätzen (im Sinne von „nicht befolgen“ 1215),
s’en tornar „sich (vom Recht) abwenden“ (1294), defalir de dreit a (qn) „gegen das
Recht von (jemandem) verstoßen“ (ca. 1255) und peccar in (qch) „fehlen, verstoßen“
(weltlicher Sinn 1256). Vordatiert werden konnten venir an contrari „zuwiderhandeln“
(von 1490 auf ca. 1265), far encontre (von 1344 auf ca. 1261), passar „(Gesetz)über-
treten“ (von 1420 auf ca. 1258),franher „(Gesetz) brechen“ (von ca. 1275 auf 1255),
enfranher (von 1309 auf 1256). Im Bereich der Substantive zur Bezeichnung sowohl
des Vergehens als auch des Täters konnten erstmals belegt werden: franhement
„Rechtsverletzung“ (1255), enfranca (1270), enfranchament (1251), desfrach (1270),
biolation „Rechtsbruch, -verstoß“ (1294) sowie contreviendonr und rompedor „Rechts-
brecher“ (beide ca. 1300) neben dem behelfsmäßigen substantivierten Partizip con-
trafazen „der Zuwiderhandelnde“ (1295). Vordatiert werden konnten transgression
„Übertretung“ (von 14. Jh. auf 1261) und transgressonr (von 1420 auf 1300).
Zur Verdeutlichung der Abgrenzung des Gaskognischen vom Okzitanischen
können die Berufsbezeichnungen der Bäcker angeführt werden. Bis zum frühen
Mittelalter wurde Brot für den häuslichen Bedarf (im Gemeindeofen) gebacken;
eigene Backstuben gab es nur in Klöstern oder Gutshöfen. Mit dem Aufkommen der
Städte erhöhte sich der Brotbedarf, und Brotbacken wurde zum städtischen Hand-
werk. Mit dem Aufschwung des Gewerbes wuchs auch die Bezeichnungsvielfalt.
Mehrere konkurrierende Lexeme stehen im okzitanischen Sprachraum für Bäcker:
pestre, pestor (< lat. pistor „Bäcker, abgeleitet von dem die Stampfmühle bedienen-
den Sklaven, der dann auch das Brot buk“), panatier (< lat. PANIS „Brot“), bolengier (auf
der Basis des germanischen ★bolla „kleines Brot“, erst ab Mitte 15. Jh. belegt,
> neufranzösisch boulanger) und fornier „Ofenbäcker“, von forn „Backofen“ abgelei-
tet. Während erstere den Brotteig bearbeiteten und im eigenen Ofen buken, bediente
der fornier das Backofenhaus, das häufig — wie etwa auch die Schmiede — Gemeinde-
eigentum war (gaskognisch/om comun 1276 /forn comunal ca. 1300) und in dem die
Bewohner gegen Backgeld ihren Teig backen ließen. In dieser Funktion ist fornier (ab
1255 und weibliches forneira / forneyra ab 1336) in der Gaskogne belegt. Wortkultur-
geschichtlich kann das Bäckerhandwerk vor allem mit weiblichen Berufsbezeich-
nungen aufwarten: Im Vergleich zu ihrem männlichen Berufspendant sind sie über-
proportional stark belegt. Das Wirtschaftsleben des Mittelalters stand Frauen offen,
und sie spielten darin eine nicht unwesentliche Rolle. Es gab kaum ein Handwerk,
das Frauen nicht ausübten. Sie waren vor allem in Bereichen aktiv, die mit der Erzeu-
gung und dem Handel von Nahrungsmitteln zu tun hatten. So erstaunt es nicht, dass
der bislang früheste gaskognische Beleg für das Bäckerhandwerk 1143 von Bäcke-
rinnen zeugt: prestiera und prestinera (Corneillan, Dep. Gers). Ihnen schließen sich in
La Reole 1207 prestinheyre, in Bayonne 1273 prestinhere und nochmals in Bayonne im
13. Jh. eine prestineire an. Das männliche prestinher ist „erst“ 1207 belegt; der bislang
früheste lexikographisch erfasste Beleg mit 1395 kann nun um fast zwei Jahrhun-
derte vordatiert werden. Die Wortfamilie geht zurück auf lat. pistrinarius „der eine
Stampfmühle (oder Backstube) leitet“ und, ein auffälliges Charakteristikum,