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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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4. Forschungsschwerpunkt
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Raumordnung, Norm und Recht in historischen Kulturen Europas und Asiens
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0291
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

melsrichtungen und auf Gestirnen des Nachthimmels wurden überdies Elemente
der Königsideologie zum Ausdruck gebracht, da den einzelnen Himmelsrichtungen
jeweils eine religiös-ideologische Bedeutung zugemessen wurde, auf die im Ritual
Bezug genommen wurde. Raum-Ordnung, Ritual und normative Sinnkonstruktio-
nen sind hier also aufs engste verknüpft. Auch die Ausrichtung dauerhafter, archäo-
logisch fassbarer Herrschaftsarchitektur (Paläste, Thronsäle) lässt sich auf dieselben
Prinzipien zurückführen. Diese rituell-ideologische Grundierung babylonischer
Herrschaftsarchitektur ist auch Gegenstand einer Reihe von Publikationen in Auf-
satzformat, die Claus Ambos, neben einer Reihe von Vorstudien zum Habilitations-
projekt, im Projektzeitraum vorgelegt hat: s. dazu unten die Publikationsliste.
II. Griechische Geschichte
In der griechischen Geschichte ist die Frage nach dem Wechselspiel von Raumord-
nung und Gesellschaft früh auf fruchtbaren Boden gefallen und hat mehrere Studi-
en zum Verhältnis soziopolitischer Ordnungskonzepte zur griechischen Urbanistik,
zu sakralen vs. profanen Räumen etc. hervorgebracht (s. Anm. 3). Dabei standen stets
die sozialen, kulturellen oder politischen Semantiken der konkreten lebensweltlichen
Raum-Ordnung bzw. konkreter Orte und ihre materielle, architektonische Ausprä-
gung im Vordergrund. Sebastian Schmidt-Hofner hat diese Ansätze in einem von der
Fragestellung des Projektes angeregten Aufsatz zur Semantik von Kaiserritualen im
Kontext bestimmter baulicher Arrangements in der Stadt Rom aufgegriffen. Seine
hauptsächlichen Arbeiten im Rahmen des WIN-Projektes verfolgen demgegenüber
aber einen anderen, bislang in den Altertumswissenschaften kaum erprobten Zugang,
indem sie die Funktionen von Raum-Imaginationen und räumlichen Repräsenta-
tionen soziopolitischer Sachverhalte im gesellschaftlichen Diskurs und deren poten-
tiell handlungsleitende Wirkung untersuchen. Sein Hauptprojekt ist in diesem
Zusammenhang eine Monographie zur Rolle der Landschaft Attika,Territorium und
Heimat der Athener, als Bezugspunkt und Symbol identitätsstiftender Normen,
Werte und Selbstbilder in politischen Diskursen der Polis Athen in klassischer Zeit.
Diese Rolle konnte sich in entsprechenden Erzählungen, aber auch Praktiken (Kult-
oder Bauaktivitäten) niederschlagen und verbindet sich häufig mit idealisierenden
Imaginationen der Landschaft, deren emotional aufgeladene und bildhaft-suggestive
Qualität umgekehrt wieder zur Plausibilisierung normativer Selbstbilder beitrug. In
einer weiteren größeren Untersuchung argumentiert Schmidt-Hofner, ausgehend
von einer bekannten Erzählung Herodots, dass räumliche Repräsentationen auch
jenseits der Landschaft in politischen Zusammenhängen eine im politischen Imagi-
naire der Griechen verbreitete metaphorische Denkfigur darstellten; ihr Sinn bestand
darin, komplexe, abstrakte politische Sachverhalte oder Diskurse durch die Überset-
zung in einfache, lebensweltlich vertraute räumliche Schemata und Bilder zu veran-
schaulichen und so zu stabilisieren.
Anstelle eines weiteren Projektes zum klassischen Altertum umfasste das
Arbeitsgebiet „Griechische Geschichte“ mit dem Dissertationsprojekt des Archäolo-
gen Noach Vander Beken außerdem eine Untersuchung zum minoischen Kreta. Der
besondere Reiz dieses Projektes bestand zum einen darin, dass mit der minoischen
 
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