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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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20. Mai 2000

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4. Vortrag des o. Mitglieds der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse Harald
zur Hausen:
„Die Darwinsche Evolutionstheorie im Lichte der Genomforschung“
Herr Präsident, verehrte Festversammlung, meine Damen und Herren,
“When on board H.M.S. ‘Beagle’ as naturalist I was much struck with certain facts in
the distribution of the organic beings inhabiting South America, and in the geological
relations of the present to the past inhabitants of that continent. ... On my return
home, it occurred to me, in 1837, that something mightperhaps be made out ofthis que-
stion by patiently accumulating and reflecting on all sorts of facts which could possibly
have any beanng on it. After five years of work I allowed myself speculate on the
subject, and drew up some short notes; these I enlarged in 1844, into a sketch of the con-
clusions, which then seemed to me probable: from that period to the present day I have
steadily pursued the same object. I hope that I may be excusedfor entering on those per-
sonal details, as I give them to show that I have not been hasty in coming to a decision. ”
Mit diesen Worten begann 1859 Charles Darwin eines der bedeutsamsten Bücher
der vergangenen 150 Jahre „ The Ongin of Species“. Nach 22-jähriger Reflektion - bei
der Schnellebigkeit heutiger Publikationen ein unglaublich langer Zeitraum - faßte er
seine Beobachtungen in einem revolutionären Buch zusammen, das den Ursprung
aller bestehenden Arten auf primitivere Stammformen zurückführte und in zwei Kapi-
teln „Struggle for Existence“ und „Natural Selection; or the Survival of the Fittest“ die
treibenden Pole für die Evolution der Arten beschrieb. Viele weitere Kapitel belegen
eine fast unendliche Sammlung von Einzelbeobachtungen, die seine Hypothese stütz-
ten und die dem Buch bereits kurz nach dem Erscheinen em besonders hohes Maß an
Aufmerksamkeit zuteil werden ließen.
Zwölf Jahre später, 1871, begnügte er sich nicht mehr mit einer Erklärung der Ent-
stehung von Arten, sondern übertrug in einem für die damalige Zeit kühnen Gedan-
kenzug seine Theorien auf die Entstehung des Menschen. Das Buch „ The Descent of
Man and Selection in Relation to Sex“ fand ebenso leidenschaftliche Befürworter wie
Gegner. Darwin, der von 1809 bis 1882 lebte, bekam nur einen kleinen Teil des Furors
mit, den er mit seinen Schriften erzeugte: Die Vorstellung, daß der,, Mensch vom Affen
abstammen” könnte, war nicht nur vielen seiner Zeitgenossen zuwider, sie wurde als
Widerspruch zur Schöpfungsgeschichte der Bibel gesehen, selbst bis in unsere Tage
hinein ist diese Aufregung nicht ganz abgeebbt: Die oberste Schulbehörde des Staates
Kansas in den Vereinigten Staaten hat noch im vergangenen Jahr die Verbreitung der
Darwinschen Lehre an den Schulen in Kansas untersagt, die „Kreationisten”, die Ver-
fechter der biblischen Schöpfungsgeschichte, hatten einen - jetzt allerdings weltweit
aufsehenerregenden - Sieg errungen.
Ich will heute nicht auf die zahlreichen Kontroversen eingehen, die sich über fast
einhundertfünfzig Jahre an den Darwinschen Evolutionsvorstellungen entzündeten.
In jedem Fall haben sie die Biologie und Philosophie des vergangenen Jahrhunderts in
entscheidender Weise beeinflußt.
Darwin war nicht der Erste gewesen, der eine Entwicklung der Lebewesen aus
primitiveren Stammformen postulierte. Wie er selbst anerkannte, hatte bereits 1801
Lamarck die Veränderbarkeit der Arten als Anpassung an Umweltbedingungen gefor-
dert. Insbesondere in England, Frankreich, Deutschland, Belgien und den USA keim-
 
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