5. Kirchenordnung 1553
solche magicae consecration.es und segen seind Got-
tes wort gantz ungemeß und zuwider, zum teyl auch
abgottisch und dienen mher zum aberglauben dann
zu gottsehgkeyt, wie dan ehi yeder gotsgelerter pfar-
her und seelsorger solchs aus grund der heyligen
gschrift seinem volk yederzeit wol wurd anzuzey-
gen wißen.
Ebenmeßig 132 sollen auch underwegen pleyben
alle spectacula und schawspil, so man mit bildern
getrieben hat, als am Palmentag mit dem eßel, am
Karfreytag mit dem crucifix und grab, am Ostertag
mit umbtragung 1 des bilds der urstehnde Cristi, am
Uffertag mit ufziehung deßelben, am Pfingstag mit
herablasung der tauben, am Christag mit dem kind-
leinwiegen und was dergleychen mher im prauch
gewesen ist 133.
Item alle proceßion und umbgange umb die kir-
chen mit dem weyhewaßer und creutzen, auch mit
umbtragung des 134 heyhgen sacraments in der mon-
strantzen etc.
Auch soll man 135 das sacrament nit ufbehalten,
einschheßen noch umbtragen. Dann dieweyl Chri-
stus beede gestalt eingesetzt hat und wir alle beede
1 A fälschlich: umhgrahung.
u A: ubel.
An Ostern wird ein Speisekorb geweiht. Ein Be-
standteil von ihm ist ein ohne Sauerteig herge-
stelltes flaches Backwerk, der Osterfladen. — Im
Hochamt von Mariä Himmelfahrt (15. August)
geweihte Kräuter sollen vor allerlei Schäden he-
wahren. - Der Wein wurde am 27. Dezemher wäh-
tend des Gottesdienstes geweiht und sogleich in
der Kirche zum Trinken gereicht, aber auch zum
Genuß zu Hause mitgegeben. Er sollte nicht nur
allerlei irdischen Segen vermitteln, sondern auch
die Gewinnung der ewigen Seligkeit erleichtern. -
Statt „etc. ... consecrationes und“ hat Neuburg.
KO 1543 nur ,,dann solche“.
132 Die folgenden heiden Abschnitte finden sich in
Neuburger KO 1543 (Sehling 13, 96) vor dem vor-
angehenden Abschnitt. Dort Beginn: Dargegen
sollen unterwegen bleihen erstlich...
133 Ein Bild der Auferstehung Christi wurde Ostern in
der Kirche umhergetragen und Himmelfahrt hoch-
gezogen. Pfingsten wurde bei der Sequenz eine
hölzerne oder lebende Taube aus einer Gewölbe-
öffnung herabgelassen. Zum in Süddeutschland
verbreiteten hölzernen Palmesel z.B. Joh. Bapt.
Götz, Die kirchliche Festfeier in der Eichstätter
Diözese am Ausgang des Mittelalters. In: Zeit-
schrift f. hayer. Kirchengeschichte 9 (1934), 129-
gestalt nach der ordnung und einsatzung Christi
geprauchen sollen und wollen, so wurd es sich nit
fuegen, das man den kelch uf behalte; darumb darf
man auch das ander teyl allein nicht ufbehalten
noch umbtragen.
So kann auch das heylig sacrament nicht christ-
lich noch fruchtbarlich gehandelt werden one die
wort Christi, welche das hauptstuck daran seind.
Wo man aber die wort muß erzelen und horen laßen,
da consecriert man auch und ist nit not, ein ufbe-
haltens herfur zu ziehen, dann dardurch wurt auch
unzelich vil mißprauchs verhuetet.
[20.] Von der creutzwochen 136
An Sanct Marx und die drey tag vor dem uffer-
tag, auch andere tag 137, da man zuvor mit denn
creutzen von emer kirchen in die andern uber u veld
gangen ist, soll ein yedes pfarvolk zu gewonhcher
zeit in seiner pfarkirchen zusamenkommen und,
allerley mißpreuch und unzucht zu vermeyden,
nicht mher uber veld in andere kirchen gehn, sonder
149. 193-236. Zu Pfingsten HDA 6, 1684-1704.
Siehe auch Karl Young, The Drama of the Medieval
Church. 1. 2. Oxford 1933 (1, 201-708: Plays as-
sociated with the ressurection and the passion).
Francis X. Weiser, Handbook of Christian Peasts
and Customs. New York 1958 (S. 251-254 zur Taube
an Pfingsten).
134 Statt „creutzen ... des“ in Neuburg. KO 1543 nur:
mit dem.
135 Die folgenden beiden Abschnitte aus Brand. KO
1533 (Yon dem abendmal, Sehling 11, 184). Beginn:
Sie sollen auch...
136 Dieser Abschnitt stammt fast wörtlich aus der
Neuburg. KO 1543 (Sehling 13, 95f.); vorher ähn-
lich in der Schw. Haller KO 1526 (Richter 1, 45).
Am 25. April, an dem dann später auch das Ge-
dächtnis des Evangelisten Markus begangen wurde,
fanden seit dem 5. Jahrhundert in unmittelbarer
Fortführung der römisch-heidnischen Flurum-
gänge Feldprozessionen statt. Bei ihnen werden
gewöhnlich auch von den inzwischen selbständig
gewordenen Pfarreien die ehemaligen Mutterkir-
chen besucht. An den drei Wochentagen vor Him-
melfahrt finden Bittage (Bittwoche) mit Flurpro-
zessionen unter Vorantragung eines Kreuzes
(Kreuztage oder Kreuzwoche) statt (Sehling 13,
95, Anm. 6. LThK 6, 578f.).
137 Statt „auch andere tag“ in Neuburger KO 1543: in
der creuzwochen.
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solche magicae consecration.es und segen seind Got-
tes wort gantz ungemeß und zuwider, zum teyl auch
abgottisch und dienen mher zum aberglauben dann
zu gottsehgkeyt, wie dan ehi yeder gotsgelerter pfar-
her und seelsorger solchs aus grund der heyligen
gschrift seinem volk yederzeit wol wurd anzuzey-
gen wißen.
Ebenmeßig 132 sollen auch underwegen pleyben
alle spectacula und schawspil, so man mit bildern
getrieben hat, als am Palmentag mit dem eßel, am
Karfreytag mit dem crucifix und grab, am Ostertag
mit umbtragung 1 des bilds der urstehnde Cristi, am
Uffertag mit ufziehung deßelben, am Pfingstag mit
herablasung der tauben, am Christag mit dem kind-
leinwiegen und was dergleychen mher im prauch
gewesen ist 133.
Item alle proceßion und umbgange umb die kir-
chen mit dem weyhewaßer und creutzen, auch mit
umbtragung des 134 heyhgen sacraments in der mon-
strantzen etc.
Auch soll man 135 das sacrament nit ufbehalten,
einschheßen noch umbtragen. Dann dieweyl Chri-
stus beede gestalt eingesetzt hat und wir alle beede
1 A fälschlich: umhgrahung.
u A: ubel.
An Ostern wird ein Speisekorb geweiht. Ein Be-
standteil von ihm ist ein ohne Sauerteig herge-
stelltes flaches Backwerk, der Osterfladen. — Im
Hochamt von Mariä Himmelfahrt (15. August)
geweihte Kräuter sollen vor allerlei Schäden he-
wahren. - Der Wein wurde am 27. Dezemher wäh-
tend des Gottesdienstes geweiht und sogleich in
der Kirche zum Trinken gereicht, aber auch zum
Genuß zu Hause mitgegeben. Er sollte nicht nur
allerlei irdischen Segen vermitteln, sondern auch
die Gewinnung der ewigen Seligkeit erleichtern. -
Statt „etc. ... consecrationes und“ hat Neuburg.
KO 1543 nur ,,dann solche“.
132 Die folgenden heiden Abschnitte finden sich in
Neuburger KO 1543 (Sehling 13, 96) vor dem vor-
angehenden Abschnitt. Dort Beginn: Dargegen
sollen unterwegen bleihen erstlich...
133 Ein Bild der Auferstehung Christi wurde Ostern in
der Kirche umhergetragen und Himmelfahrt hoch-
gezogen. Pfingsten wurde bei der Sequenz eine
hölzerne oder lebende Taube aus einer Gewölbe-
öffnung herabgelassen. Zum in Süddeutschland
verbreiteten hölzernen Palmesel z.B. Joh. Bapt.
Götz, Die kirchliche Festfeier in der Eichstätter
Diözese am Ausgang des Mittelalters. In: Zeit-
schrift f. hayer. Kirchengeschichte 9 (1934), 129-
gestalt nach der ordnung und einsatzung Christi
geprauchen sollen und wollen, so wurd es sich nit
fuegen, das man den kelch uf behalte; darumb darf
man auch das ander teyl allein nicht ufbehalten
noch umbtragen.
So kann auch das heylig sacrament nicht christ-
lich noch fruchtbarlich gehandelt werden one die
wort Christi, welche das hauptstuck daran seind.
Wo man aber die wort muß erzelen und horen laßen,
da consecriert man auch und ist nit not, ein ufbe-
haltens herfur zu ziehen, dann dardurch wurt auch
unzelich vil mißprauchs verhuetet.
[20.] Von der creutzwochen 136
An Sanct Marx und die drey tag vor dem uffer-
tag, auch andere tag 137, da man zuvor mit denn
creutzen von emer kirchen in die andern uber u veld
gangen ist, soll ein yedes pfarvolk zu gewonhcher
zeit in seiner pfarkirchen zusamenkommen und,
allerley mißpreuch und unzucht zu vermeyden,
nicht mher uber veld in andere kirchen gehn, sonder
149. 193-236. Zu Pfingsten HDA 6, 1684-1704.
Siehe auch Karl Young, The Drama of the Medieval
Church. 1. 2. Oxford 1933 (1, 201-708: Plays as-
sociated with the ressurection and the passion).
Francis X. Weiser, Handbook of Christian Peasts
and Customs. New York 1958 (S. 251-254 zur Taube
an Pfingsten).
134 Statt „creutzen ... des“ in Neuburg. KO 1543 nur:
mit dem.
135 Die folgenden beiden Abschnitte aus Brand. KO
1533 (Yon dem abendmal, Sehling 11, 184). Beginn:
Sie sollen auch...
136 Dieser Abschnitt stammt fast wörtlich aus der
Neuburg. KO 1543 (Sehling 13, 95f.); vorher ähn-
lich in der Schw. Haller KO 1526 (Richter 1, 45).
Am 25. April, an dem dann später auch das Ge-
dächtnis des Evangelisten Markus begangen wurde,
fanden seit dem 5. Jahrhundert in unmittelbarer
Fortführung der römisch-heidnischen Flurum-
gänge Feldprozessionen statt. Bei ihnen werden
gewöhnlich auch von den inzwischen selbständig
gewordenen Pfarreien die ehemaligen Mutterkir-
chen besucht. An den drei Wochentagen vor Him-
melfahrt finden Bittage (Bittwoche) mit Flurpro-
zessionen unter Vorantragung eines Kreuzes
(Kreuztage oder Kreuzwoche) statt (Sehling 13,
95, Anm. 6. LThK 6, 578f.).
137 Statt „auch andere tag“ in Neuburger KO 1543: in
der creuzwochen.
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