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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0024
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wendet, da die Reformation erst nach 1552 durchgeführt worden war. Kloster Schäftersheim
wurde wieder besiedelt, während die Restitution des Stifts Öhringen am Widerstand der Stadt
scheiterte. Große Schenkungen Gustav Adolfs an seine Verbündeten hatten keine Folgen. Nach
erneuter Wendung cles Kriegsglücks wurde von 1634-1648 die Grafschaft Georg Friedrichs von
Weikersheim sequestriert.

Die Grafen Christian und Ludwig Gustav von Hohenlohe-Schillingsfürst traten 1667 zur
katholischen Kirche iiber. Nach dem Tode Ludwig Gottfrieds von Pfedelbach 1728 war das ganze
Haus Waldenburg katholisch, während das evangelische Bekenntnis der Grafschaft durch den
Westfälischen Frieden garantiert war. 1744 wurden die Waldenburger Grafen Fürsten durch Di-
plom. 1757 wurde Waldenburg zum Reichsfürstentum erhoben. Die Standeserhöhung der Haupt-
linie für Personen uncl Land erfolgte 1764. Inzwischen waren beide Linien seit clem „Osterstreit“
von 1744 (Verschiebung des Ostertermins um 1 Woche) als auslösendem Faktor völlig zerstritten.
Der Streit wurde 1782 beigelegt und Neuenstein erwarb die Waldenburger Hälfte der bisher ge-
meinsamen Stadt Öhringen. Durch die im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 ausgesprochene
Säkularisierung geistlicher Fürstentümer und Stifter zog Hohenlohe vorübergehend Nutzen. Durch
die Mediatisierung aufgrund der Rheinbundakte wurde aber am 10. 8. 1806 clas Land dem König-
reich Württemberg einverleibt. Kirchberg (1810 an Württemberg) und Schillingsfürst kamen an
Bayern.

Reclitliche Verliältnisse 3

a) Gerichtsbarkeit

Zwischen den Grafen von Hohenlohe und den Untertanen gab es keine Zwischenschicht wie
Angehörige des niederen Aclels oder der Klöster, so daß sich auch keine Landstände bilclen konnten.
Die Grafen waren in Personalunion Landesherr, Gerichtsherr, Schutzherr und für nahezu alle in
der Grafschaft seßhaften Bauern auch Grundherr.

Einen wesentlichen Teil der Landeshoheit bilclete die Gerichtsbarkeit. Die hohe Gerichtsbar-
keit wurde auclr peinliche, hochfraischliche, Blut- oder Malefiz-Gerichtsbarkeit genannt und bezog
sich vor allem auf Morcl, Notzucht, Brandstiftung und Diebstahl. In den ehemals nichtstaufischen
nördlichen uncl östlichen Landesteilen vmrde die hohe Gerichtsbarkeit von Zentgerichten (bestehencl
aus dem Zentgrafen und 12 Zentschöffen) ausgeübt, in den westlichen Teilen, z.B. Waldenburg,
Neuenstein uncl Öhringen, durch normale Blut- oder Malefizgerichte. Die Niecler- oder Vogtei-
gerichtsbarkeit umfaßte demgegenüber die niedere Strafgerichtsbarkeit, clie Zivilsachen mit Aus-
nahme der Ehegerichtsbarkeit und Grenzstreitigkeiten zwischen Untertanen. Es waren herrschaft-
liche Gerichte vor allem in Amtsorten mit dem Schultheißen als Stabhalter und 12 Schöffen, den
Gerichtsverwandten. Darunter stand clie von den Gemeinden in eigener Zuständigkeit ausgeiibte
Gemeinde-,,Gerichtsbarkeit“, die in den Dorfordnungen geregelt war 4. Im 16. Jahrhundert wuch-
sen cler Landesherrschaft neue Befugnisse zu. Nachdem es schon vorher Bemühungen um gute
Orclnung gegeben hatte, veranlaßten clie Reichspolizeiorclnungen von 1530, 1548 usw. clie Stände
zum Erlaß von Polizeiordnungen gegen Gotteslästern, Schwören, Fluchen usw. Die geistliche Ge-

3 Für das Verständnis von Ordnungen und Gesetzen ist die Kenntnis der rechtlichen Yerhältnisse, die in jedeni
Territorium anders sein konnten, von großer Bedeutung. Im folgenden wurde die Dissertation von A. Tliumm
benutzt und durch eigenes Aktenstudium auf die Yerhältnisse des 16. Jahrhunderts übertragen.

4 A.Thumm, Diss. 214-265. - IT.ITeinrich, Die Tätigkeit der Zentgerichte in Hohenlohe seit dem späten Mittel-
alter, Diss. Tübingen 1966.

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