15. Befehl wegen der Bettler und des Almosens
vom 10. Januar 1562
Vorgeschichte
„Albrecht II. hatte in seinem Testament eine Almosenstiftung für Öhringen gemacht, und
Kraft vollzog diesen letzten Willen 1498. Das Almosen sollte nur Hausarmen, ,die mit Ehren und
redlich verdorben, und nicht gemeine, offentliche Bettler‘, allwochentlich vertheilt, und zwei zur
Rechnungsablage gegen die Herrschaft und gegen den Bath verpflichtete Pfieger dafür bestellt
werclen. Zu diesem Zwecke nun clienten gestiftete Zehnt- uncl Lehensgefälle in Oehringen, Ingel-
fingen und vielen kleineren Orten cler Grafschaft, deren Jahresertrag in Geld, Wein und Früchten
die Einnahme des Almosens bildete.“ 1 Nach cier AlmosenO. für Öhringen von 1531 sollte am Sonn-
tag in der Stiftskirche während der Predigt und danach in den Häusern gesammelt werden. Am
Sonntag nach der Vesper kann ciie Gabe vor dem Almosenhäuslein abgeholt werden 2. Aus der
VisitationsO. 1558 3 geht hervor, daß die Armen aus dem Einkonnnen cles Heiligen (aus Stiftungen
entstandenes Kirchenvermögen) unterstiitzt werden sollen uncl daß zur Ergänzung Almosen ge-
sammelt werden soll. Zur Erläuterung kann die württ. Kastenordnung dienen, nach der es einen
,,gemeinen Kasten“ aus den Einkünften des Heiligen und anderer Stiftungen und aus Sammlungen
in der Kirche, zweimal in der Woche in Häusern durch verordnete Sammler und anderen Spenden
geben soll. Wenn cler Armenkasten nicht ausreicht, sollen die Prediger das Volk ermahnen, den
frommen Armen ihr tägliches Almosen zu geben 4.
Nachgeschichte
Nach unserem Befehl sollen clie Armen, nachdem sie einen Bettelbrief vom Amtmann erhalten
haben, das Almosen selber vor den Häusern sammeln. Die Sammlung cles ,,heiligen Almosen“
scheint bei einem gemeinsamen Rundgang, dessen Ergebnis anschließend (?) verteilt wurde, er-
folgt zu sein. Diese Regelung war durch das ab 1568 verteilte Almosen Graf Ludwig Casimirs 5
keineswegs überfiüssig geworclen. Durchschnittlich 12 Gulden pro Amt und Jahr hätten ohne
weitere Unterstützung kaum für melir als 1 Person gereicht, nachdem schon die ,,kleinen“ Stipen-
diaten an cler Öhringer Schule 20 Gulden erhielten.
Ein Schriftstück mit dem Vermerk ,,Allmusenordnung zu Newenstein, anno etc. 72, ist aber
nicht ins werk gericht worden“ enthält Änderungen und Einschübe von der Hancl Zacharias Hyos.
Es wird beklagt, daß clie Mehrheit clas christliche Almosen mißbrauche, ein Teil das Brot verkauft,
für Wein eintauscht oder dem Vieh gibt. Ein Teil will lieber betteln und faulenzen statt arbeiten
und erziehen sogar ihre erwachsenen Kinder zu Bettelei und Diebstahl. Auch von fremden Orten
würden sich viele Bettler wegen cles Almosens zuschlagen. Bürgermeister, Torwort und Büttel
sollten dem Bettlerunwesen wehren 6.
1 Fischer, Geschichte 1, 144.
2 BI4 C 11, Bl. 182-184. K. Schumm, Geschichte der
städtischen Verfassung in Öhringen 1253-1806. Öh-
ringen 1953, 52.
3 TJnsere Nr. 12a, S. 122, Frage II 7.
4 Württ. KO 1559, Bl. 195-217, besonders 196-198.
Nach der bekannten Leisniger Kastenordnung (Lu-
thers Ordnung eines gemeinen Kastens 1523, WA 12,
23) sollte dagegen der Bettel abgeschafft („abgelegt“)
werden.
5 Folgende Nr., § 3.
6 PA 110, 1, 11. Das Konzept einer Alniosenordnung
148
vom 10. Januar 1562
Vorgeschichte
„Albrecht II. hatte in seinem Testament eine Almosenstiftung für Öhringen gemacht, und
Kraft vollzog diesen letzten Willen 1498. Das Almosen sollte nur Hausarmen, ,die mit Ehren und
redlich verdorben, und nicht gemeine, offentliche Bettler‘, allwochentlich vertheilt, und zwei zur
Rechnungsablage gegen die Herrschaft und gegen den Bath verpflichtete Pfieger dafür bestellt
werclen. Zu diesem Zwecke nun clienten gestiftete Zehnt- uncl Lehensgefälle in Oehringen, Ingel-
fingen und vielen kleineren Orten cler Grafschaft, deren Jahresertrag in Geld, Wein und Früchten
die Einnahme des Almosens bildete.“ 1 Nach cier AlmosenO. für Öhringen von 1531 sollte am Sonn-
tag in der Stiftskirche während der Predigt und danach in den Häusern gesammelt werden. Am
Sonntag nach der Vesper kann ciie Gabe vor dem Almosenhäuslein abgeholt werden 2. Aus der
VisitationsO. 1558 3 geht hervor, daß die Armen aus dem Einkonnnen cles Heiligen (aus Stiftungen
entstandenes Kirchenvermögen) unterstiitzt werden sollen uncl daß zur Ergänzung Almosen ge-
sammelt werden soll. Zur Erläuterung kann die württ. Kastenordnung dienen, nach der es einen
,,gemeinen Kasten“ aus den Einkünften des Heiligen und anderer Stiftungen und aus Sammlungen
in der Kirche, zweimal in der Woche in Häusern durch verordnete Sammler und anderen Spenden
geben soll. Wenn cler Armenkasten nicht ausreicht, sollen die Prediger das Volk ermahnen, den
frommen Armen ihr tägliches Almosen zu geben 4.
Nachgeschichte
Nach unserem Befehl sollen clie Armen, nachdem sie einen Bettelbrief vom Amtmann erhalten
haben, das Almosen selber vor den Häusern sammeln. Die Sammlung cles ,,heiligen Almosen“
scheint bei einem gemeinsamen Rundgang, dessen Ergebnis anschließend (?) verteilt wurde, er-
folgt zu sein. Diese Regelung war durch das ab 1568 verteilte Almosen Graf Ludwig Casimirs 5
keineswegs überfiüssig geworclen. Durchschnittlich 12 Gulden pro Amt und Jahr hätten ohne
weitere Unterstützung kaum für melir als 1 Person gereicht, nachdem schon die ,,kleinen“ Stipen-
diaten an cler Öhringer Schule 20 Gulden erhielten.
Ein Schriftstück mit dem Vermerk ,,Allmusenordnung zu Newenstein, anno etc. 72, ist aber
nicht ins werk gericht worden“ enthält Änderungen und Einschübe von der Hancl Zacharias Hyos.
Es wird beklagt, daß clie Mehrheit clas christliche Almosen mißbrauche, ein Teil das Brot verkauft,
für Wein eintauscht oder dem Vieh gibt. Ein Teil will lieber betteln und faulenzen statt arbeiten
und erziehen sogar ihre erwachsenen Kinder zu Bettelei und Diebstahl. Auch von fremden Orten
würden sich viele Bettler wegen cles Almosens zuschlagen. Bürgermeister, Torwort und Büttel
sollten dem Bettlerunwesen wehren 6.
1 Fischer, Geschichte 1, 144.
2 BI4 C 11, Bl. 182-184. K. Schumm, Geschichte der
städtischen Verfassung in Öhringen 1253-1806. Öh-
ringen 1953, 52.
3 TJnsere Nr. 12a, S. 122, Frage II 7.
4 Württ. KO 1559, Bl. 195-217, besonders 196-198.
Nach der bekannten Leisniger Kastenordnung (Lu-
thers Ordnung eines gemeinen Kastens 1523, WA 12,
23) sollte dagegen der Bettel abgeschafft („abgelegt“)
werden.
5 Folgende Nr., § 3.
6 PA 110, 1, 11. Das Konzept einer Alniosenordnung
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