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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Franz, Gunther [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0101
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6. Polizeiordnung 1556

auch sich selbsten, wie obsteth, verderben und an
bettelstab richten, welches wir lenger zu gedulden
mitnichten gedenken, auch uns von obrigkait wegen
einsehens zu haben gepuren will, derowegen so wol-
len und gepietten wir, das hinfuro kain underton,
eß seye ain feyertag oder werktag, in den wirtzheu-
sern lenger nit dann biß es achte schlecht, darinnen
verharren.

Es sollen auch die oifene wirt uncl gastgeben 6,
nachdem die giock nachmittag achte geschlagen
hat, außerhalb der frembden gest, so wanders- oder
furleut seind, niemants mer in iren heusern halten,
auch niemants mer darmnen zeren laßen noch wein
oder brot geben, sonder sie hairn zu gehen beschai-
den. Wo aber jemand solchs ubertretten und uber
die zeit in den herbergen gefunden, der oder die-
selbigen sollen sampt dem wirt ir jeder der herschaft
zu straff ein gulden zu bezalen verfallen und schul-
dig sein.

Es solle auch ein jeder wirt seine gest, so sie sich
diser unser satzung und ordnung zuwider halten
wurden, sich vorgesetzter straff wißen zu verhuet-
ten getrewhch warnen, damit sich die gest der un-
wißenhait nit zu entschuldigen. Dann wo der wirt
oder gastgeb solchs rht tete und sich em gast der
unwißenhait hette zu entschuldigen, so soll der wirt
die peen 7 deß gulden allem außzurichten verfallen
und schuldig sem.

Wann auch ainer also straffwirdig erfunden wurde
und sich seiner trunkenhait entschuldigen wolt, das
solle ine mitnichten furtragen 8, sonder cler oder die-
selbigen sollen umb solche begangene frefel und miß-
handlung sonderlich inhalt diser ordnung gestrafft
werden.

Und nachdem biß anher am sontag und andern
feyertagen, so man predigt, das wort Gottes ver-
kunt und das christlich ambt 9 gehalten hat, zu der-
selbigen zeit in den wirtzheusern mit eßen und trin-
ken unnöttige zerung gewesen und darmit die pre-

6 Gastgeb(e) = Gastwirt.

7 = Strafe (poena).

8 = nützen, helfen (Grimm 4, 1, 1, 910).

9 = Abendmahlsfeier, Messe, Gottesdienst.

10 Rohlos = ruchlos.

dig, auch die christenlichen ambten verlaßen und
deren nit geachtet, darauß dann allerhand roeloßig-
kait 10 und verachtung deß göttlichen worts volgen
mögen, welches wir dann auch nit zu gestatten ge-
denken, demnach so orclnen und bevelhen wir, das
solchs hinfuro nit sein, noch gestatt werde. Also das
kain wirt, auch seha weib, kmd oder eehalten 11 kai-
nem inwoner oder dienstknecht hinfuro nit zu eßen
oder trinken geben sollen, es seyen dann zuvor die
predig und christenliche ambt in der kirchen vol-
endet, bei pehn und straff zehen schilling 12, so der
wirt sampt dem gast ir jeder zu bezalen schuldig
sein soll.

Wurde dann jemand obgelegener sachen halben
in solche gelegenhait geraten, also das zu verrich-
tung derselben der sontag darzu mueste gebraucht
und nit veizogen werden, welche dann dißfalls an
den sontagen zeren und etwa uber land raisen mue-
sten, dieselben solle dise ordnung (sovil die unnöttig
zerung unter dem predigambt antrift) nit bhiclen,
sonder notturftige zerung unverpotten sein.

Und sich als bißher unordnung erhalten, das un-
ter der predig und dem kirchenambt etwa irer vil
vor der kirchen uf dem kirchhoff gestanden, allerlai
leichtvertige reden und handlung gepflegen, do
wollen und bevelhen wir, das solchs auch nit ge-
stattet, sonder alle diejenigen, so under der predig
und under dem ambt vor der kirchen und denen
orten, wie obsteth, gefunden oder sunst im flecken
zwischen der predig varleßiglichen umbgiengen, die
sollen denselbigen tag mit dem turn gestrafft werden.

[3.] Vom spylen

Dieweil spilen den undertonen hochschedlich und
verclerblicli und sunderlich den armen undertonen,
taglönern und andern, die sich beschwerlich und
plößig 13 mit irer handarbeit erneren, aber jedoch
dardurch weib und kincl erhalten mueßen, do setzen

11 = Dienstbote, Hausgenosse.

12 Nach der 3. allg. ReichsmünzO. 1559 entsprach 1 Sil-
bergulden 14 Schillingen zu 12 Pfennigen (Archiv-
pflege in den Kreisen u. Gemeinden S. 89).

13 = nur eben, kaum (Fischer 1, 1216).

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