a. Visitations- und Kirchenordnung 1558
hewadts, ernt und herbsts 32 dispensieren. So ain
pfarrkind in seinem leben und totbeth das mini-
steriüm ecclesiae oder die hailigen sacramenten
verachtet und nicht gebraucht het und daruber
sturbe, dem soll weder zur leicht geleutet noch ge-
predigt werden. Dann weil er sich selbst bey seinem
leben von der gmainschaft der christlichen kirchen
außgeschloßen hat, so wißen wir in nach seinem
tod für kain glied der kirchen zu halten, sonder
wöllen in Gottes urtail bevelhen.
Desgieichen soll auch denen, so den catechismum
noch niht verstanden oder gelernt, niht geleut oder
gepredigt werden, darnit das abergleubisch leuten
verhutet werdet 33. Dann das leuten, so damals ge-
schicht, soll nur ain beruffung zur leichtpredigt
sem.
Neben den andern verzeichneten feirtagen in der
agenda, soll auch der tag des evangehsten und apo-
stels Johannis in Weihenächten ghalten werden 34.
Am Palmtag soll man nach dem evangelio den
passion uf zwaimal dem Volk verstendlich fur-
lesen und uf den Gronen Donnerstag und Karfrei-
tag che zwai beste stuck daraus nemmen außzule-
gen 35.
Auf den sontag nach Trimtatis soll man neben
dem evangeho erkleren und anzaigen den mißbrauch
des fests Corporis Christi. Also soll man auch tun
umb die zeit Allerheiligen- und -seelentag 36.
82 Heuet, Heuernte; Getreideernte und Weinernte.
88 HDA 5, 947; 6, 413.
34 Der 27. Dezember in Brgänzung zu Brand. KO 1533
(Sehling 11, 204).
35 Verbreitet war der Text der Passionsgeschichte von
Johannes Bugenhagen (vgl. KO 1582, Nr. 32, § B 17).
Nach Württ. KO 1553/1559 (Bl. 88a) sollte am
Palmtag die ganze Passionsgeschichte in drei Stük-
ken vorgelesen und am Gründonnerstag und Kar-
freitag ausgelegt werden.
36 Fronleichnam am Donnerstag nach Trinitatis. Aller-
heiligen (1. November) war in der KO 1553 (S. 76)
noch beibehalten worden. Allerseelen 2. November.
37 Brand. Visitationsvermahnung 1558 (Sehling 11,
344). Württ. KO 1553/1559 (Bl. 89a).
38 EKG 195 (Luther). - Wackernagel 3, 120 (M. Grei-
ter). — BKG 244 (Joh. Agricola). Nachdem die
Hohenloh. KO 1553 gegenüber der Württ. KO
1553/1559 stark das Latein bevorzugte, sind hier
[5.] Von der vesper,
so nicht commünicanten vorhanden seincl
Es were auch gut, das man alle sambstag vesper
gehalten het, ob gieich nicht communicanten ver-
handen weren, und solches clarumb, dieweil es ain
christliche übung fur die kirchendiener und pfarr-
kinder were und auch die benachbaurte christhche
oberkaiten cheselbigen halten 37, welchen wir uns
wie in andern christhchen ordnungen also auch in
diesem gieichförmig halten möchten. Zudem, clas
auch etwan schwangere weiber, alte oder angefoch-
ten leut, so bestimpter zeit des nachtmals niht er-
warten möchten, damals verhört und underrichtet
wurden.
Diese vesper mag aber also gehalten werclen:
Erstlich sing cler schulmaister oder pfarher mit
der gmain ain deutschen psalmen, als diesen etc.:
Auß tiefer not, oder: 0 Herre Gott, begnade mich
etc., oder: Ich ruff zu dir Herr Jesu Christ etc. 38.
Darnach lese der pfarher ain capitel aus dem alten
oder newen testament mit den summarien Viti
Theodori, darauf sing man das teutsch Magnihcat,
Mein seel erhebt den Herren mein etc. oder: Es
wölle uns Gott gnedig sein etc., oder: Erhalt uns,
Herr, bei deinem wort 39. Letzlich beschheße er mit
der gmainen form des langen gepets 40 und geb
daruf den segen.
deutscbe Lieder genannt, während in der Württ.
KO lateinische Psalmen mit einer lateinischen An-
tiphon vorgeschrieben sind. Der folgende Abschnitt
in der Württ. KO (1559 Bl. 89a): Darauf soll der
kirchendiener ein capitel auß der heiligen schrift des
alten und newen testaments sampt iren summarien
dem gegenwürtigen volk ordenlich zu teutsch für-
lesen. Nach dem verleßnen capitel singe man das
teutsch Magnificat oder ein ander christlich gesang
und beschliesse es mit einem gemeinen gebett und
segen.
39 Zu Veit Dietrich und dem Magnificat siehe KO 1553
(Nr. 5, § 12). Die folgenden Lieder EKG 182 und 142
(beide von Luther).
40 Gemeint ist die lange Form des gemeinen Gebets.
In Württ. KO 1553/1559 (Bl. 77b-83a) finden sich
eine lange und eine kurze Form des allgemeinen,
öffentlichen (Fürbitte-)Gebetes.
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hewadts, ernt und herbsts 32 dispensieren. So ain
pfarrkind in seinem leben und totbeth das mini-
steriüm ecclesiae oder die hailigen sacramenten
verachtet und nicht gebraucht het und daruber
sturbe, dem soll weder zur leicht geleutet noch ge-
predigt werden. Dann weil er sich selbst bey seinem
leben von der gmainschaft der christlichen kirchen
außgeschloßen hat, so wißen wir in nach seinem
tod für kain glied der kirchen zu halten, sonder
wöllen in Gottes urtail bevelhen.
Desgieichen soll auch denen, so den catechismum
noch niht verstanden oder gelernt, niht geleut oder
gepredigt werden, darnit das abergleubisch leuten
verhutet werdet 33. Dann das leuten, so damals ge-
schicht, soll nur ain beruffung zur leichtpredigt
sem.
Neben den andern verzeichneten feirtagen in der
agenda, soll auch der tag des evangehsten und apo-
stels Johannis in Weihenächten ghalten werden 34.
Am Palmtag soll man nach dem evangelio den
passion uf zwaimal dem Volk verstendlich fur-
lesen und uf den Gronen Donnerstag und Karfrei-
tag che zwai beste stuck daraus nemmen außzule-
gen 35.
Auf den sontag nach Trimtatis soll man neben
dem evangeho erkleren und anzaigen den mißbrauch
des fests Corporis Christi. Also soll man auch tun
umb die zeit Allerheiligen- und -seelentag 36.
82 Heuet, Heuernte; Getreideernte und Weinernte.
88 HDA 5, 947; 6, 413.
34 Der 27. Dezember in Brgänzung zu Brand. KO 1533
(Sehling 11, 204).
35 Verbreitet war der Text der Passionsgeschichte von
Johannes Bugenhagen (vgl. KO 1582, Nr. 32, § B 17).
Nach Württ. KO 1553/1559 (Bl. 88a) sollte am
Palmtag die ganze Passionsgeschichte in drei Stük-
ken vorgelesen und am Gründonnerstag und Kar-
freitag ausgelegt werden.
36 Fronleichnam am Donnerstag nach Trinitatis. Aller-
heiligen (1. November) war in der KO 1553 (S. 76)
noch beibehalten worden. Allerseelen 2. November.
37 Brand. Visitationsvermahnung 1558 (Sehling 11,
344). Württ. KO 1553/1559 (Bl. 89a).
38 EKG 195 (Luther). - Wackernagel 3, 120 (M. Grei-
ter). — BKG 244 (Joh. Agricola). Nachdem die
Hohenloh. KO 1553 gegenüber der Württ. KO
1553/1559 stark das Latein bevorzugte, sind hier
[5.] Von der vesper,
so nicht commünicanten vorhanden seincl
Es were auch gut, das man alle sambstag vesper
gehalten het, ob gieich nicht communicanten ver-
handen weren, und solches clarumb, dieweil es ain
christliche übung fur die kirchendiener und pfarr-
kinder were und auch die benachbaurte christhche
oberkaiten cheselbigen halten 37, welchen wir uns
wie in andern christhchen ordnungen also auch in
diesem gieichförmig halten möchten. Zudem, clas
auch etwan schwangere weiber, alte oder angefoch-
ten leut, so bestimpter zeit des nachtmals niht er-
warten möchten, damals verhört und underrichtet
wurden.
Diese vesper mag aber also gehalten werclen:
Erstlich sing cler schulmaister oder pfarher mit
der gmain ain deutschen psalmen, als diesen etc.:
Auß tiefer not, oder: 0 Herre Gott, begnade mich
etc., oder: Ich ruff zu dir Herr Jesu Christ etc. 38.
Darnach lese der pfarher ain capitel aus dem alten
oder newen testament mit den summarien Viti
Theodori, darauf sing man das teutsch Magnihcat,
Mein seel erhebt den Herren mein etc. oder: Es
wölle uns Gott gnedig sein etc., oder: Erhalt uns,
Herr, bei deinem wort 39. Letzlich beschheße er mit
der gmainen form des langen gepets 40 und geb
daruf den segen.
deutscbe Lieder genannt, während in der Württ.
KO lateinische Psalmen mit einer lateinischen An-
tiphon vorgeschrieben sind. Der folgende Abschnitt
in der Württ. KO (1559 Bl. 89a): Darauf soll der
kirchendiener ein capitel auß der heiligen schrift des
alten und newen testaments sampt iren summarien
dem gegenwürtigen volk ordenlich zu teutsch für-
lesen. Nach dem verleßnen capitel singe man das
teutsch Magnificat oder ein ander christlich gesang
und beschliesse es mit einem gemeinen gebett und
segen.
39 Zu Veit Dietrich und dem Magnificat siehe KO 1553
(Nr. 5, § 12). Die folgenden Lieder EKG 182 und 142
(beide von Luther).
40 Gemeint ist die lange Form des gemeinen Gebets.
In Württ. KO 1553/1559 (Bl. 77b-83a) finden sich
eine lange und eine kurze Form des allgemeinen,
öffentlichen (Fürbitte-)Gebetes.
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