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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Franz, Gunther [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0191
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a. Eheordnung (Langfassung) 1572

und angehorigen 1 in unserer graveschaft unsern ge-
biierenden gruß und füegen euch darmit zu ver-
nemmen:

Wiewol weyland der wolgeborn Ludwig Casimir,
grave von Hohennloe und herr zu Lanngenburg etc.,
unser freundlicher, geliebter herr ehegemahl und
vater, gotsehger gedechtnuß, in Seiner Liebden leb-
zeiten und dem verschienen achtundfunfzigsten
jhar allerhand guete, christenliche und nützhche
satzung und ordnung 2 außgehn und offentlich ver-
kündigen lassen, und hr denselben under b anderm
von verglübnus, bestettigung, volnziehung und ab-
red ehelicher heurat und sonderhch des ehebruchs
halben notwendige ordnung und fürsehung getan,
fürnembhchen inhaltent, das sich niemand, mann-
hchs oder weibhchs geschlechts, mit dem andern
heimblich ohne rat, vorwissen und willen seiner
eltern oder nechster freünd, vogt und vorniunder
ehehch versprechen und verheuraten, deßgleichen
diejenigen personnen, welche sich in die ehe begeben
wöllen, fürsichtighchen und mit rat handeln, die
aber, so im ehestand seind, sich des ehebruchs und
aller anderer unzucht, schand und laster enthalten
solten, alles bey vermeidung ernstlicher straff, so in
berürter ordnung bestimbt und gesatzt, so sind doch
nit allein Seine Liebden, sonder auch nach derselben
christenhchen abschied 3 wir gleichergestalt in
glaubwürdige erfharung kommen und beßndens
auch je lenger je mehr nicht ohne sondere beschwer-
nus, das, ohnangesehen wolermelts unßers freund-
hchen, gehebten herren ehegemahels und vater,
milter gedechtnuß, satzung, ordnung und gebots,

b So C. A: und, B: underm.

c Beginn der Yorrede in KO 1582: Wiewoll der ehe-
stand von Grott, dem Allmechtigen, eingesetzt und
billich mit guter zeitbcher vorbetrachtung, rat,
wissen und willen der eltern oder nechsten be-
freunden anzuefahen und alle unordenliche ver-
mischung von seiner götlichen Allmacht höchlich
verbotten, auch jederzeit erschrockenlich ge-
strafft, derhalben dan in der graveschaft allerhand
notwendige constitutiones außgangen: so befinden
wir doch, das denselbigen nit, wie billig, gehor-
samet und nachgesetzet, sonder die jungen —
,,junge“ fehlt in A.

d C: verwirren. KO 1582: verheyraten.

KO 1582: denen.

die junge c leut zum teil durch schenk, leichtfertigen
gesprechen oder ander anstiftung, zum teil aber auß
eigener boßheit, mutwillen und ungehohrsam gegen
iren eltern oder deren, so an derselbigen stat seind,
ihrer unbefragt, ohne derselben wissen und willen,
auch in niemands beysein oder gegenwürtigkeit,
sich miteinander vergiüpten und verwhuren d4, zu-
wider denn götlichen, natürlichen und keyserlichen
rechten 5, deßgieichen ethche sich ohne schew mit
deren e personnen, so innen vom geblüt oder schwa-
gerschaft zu naher zugetan und die innen die göt-
liche, natürliche und welthche gebot und ordnung
zue ehehchen nit zulassen, sonder ernstlich verbie-
ten, verheuraten 6,

und das wol mehr ist, sowol bey jungen ledigen,
alß auch alten leuten, so zuvor in ehestand gewesen,
zuetregt, das sie sich unverschembter und unzüch-
tiger weiß dennechsten 7 zuvor und ehe sie ihre ver-
glübnus nht dem kirchgang bestetigt, zusammen-
legen, solch unzucht zu bestettigung ihrer verglüb-
nus mißbrauchen und darmit beschönen oder aber
einander die eheversprechnuß nit mehr gestendig
sein wöllen,

darzu under denn eheleuten vielfeltiger ehebruch,
hurrerey und unzucht begangen werden, und, das
solches aus trunkenheit, vergwaltigung und mensch-
licher gebrechtigkeit 1 erfolgt seye, fürwenden und
sich darmit zu verteidigen vermeinen, und in denn
ahen wieder götliche und menschliches gebot 8, auch
gemeine natürliche zucht und erbarkeit also gröb-
hch handlen, daß zuzeiten blutschanden und andere
große laster begangen werden, und damit denn zorn

f C: gebrechlichkeit. KO 1582 verschrieben: gerech-
tigkeit, geändert in: blodigkeit.
s „und menschliche“ fehlt KO 1582.

1 Die angeredeten Personengruppen siehe S. 9-11.

2 Die PolizeiO. vom 26. 9. 1558 (Nr. 13). Die §§ 8 und 5
sind in unsere Ordnung übernommen.

3 Graf Ludwig Casimir starb am 24. 8. 1568.

4 Sich mit jemandem verwirren = einlassen, abgeben
(Grimrn 12, 1, 2297).

5 Siehe PO 1558 (S. 142, Anm. 73).

6 Siehe § 3.

7 = sofort, alsbald.

8 In § 7 ist nur das göttliche Gebot (Ex 20, 14; vgl.
Lev 20, 10) genannt.

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