25. Kirchenordnung 1578
Das 2. capitel
Yom kircliengesang, predigt
und ceremonien
Auf den sontägen und feyertägen, wo schulen sein,
solle der schulmeister mit den schulern, wo aber
nicht schulen, der pfarrer mit der gemein einen teut-
schen psalmen singen, welcher sich mit der zeit der
materien des evangelii und fürnembsten lehr des-
selben vergleichet * 1.
Dieweil aber bißhero in der stadt Oeringew der
löblich gebrauch gehalten, das die lateinische schul-
diener und schuler bald anfangs alle und jede sontäg
und feyertäg ein stück figural 2 gesungen, darauf die
orgel respondirt, solle es billich hmfüro auch also ge-
halten und keineswegs unterlassen werden. Doch
das nach dem figural alsbalden auch ein teutscher
psalm gesungen werd 3.
Nach dem gesang soll sich der kirchendiener zu
dem volk wenden und ein collecten oder gebet, wie
es die zeit jedesmals mit sich bringt und derselbigen
hernacher im 3. capitel etliche form gesetzt werden,
Fehlt KO 1688.
t-t Fehlt KO 1688.
u KO 1688: oder andere dienliche und hißhero ge-
wöhnliche lieder.
1 Die Überschrift wie Hanauer KO 1573 (S. 1). Der
1. Absatz dort: Auf den sontag und feiertag, wo la-
teinische schulen sein, sol der schulmeyster mit den
schulern eynnen lateinischen antiphen, so sich zur
zeit reimet singen. - Ygl. Stötters „Teutsche Schul-
ordnung“ vom 22. 3. 1579 bei KO 1582 (Nr. 32,
§ II 5, 2). Der sonn-und feiertägliche Hauptgottes-
dienst fand um 8 Uhr statt; Katechismus um
12 Uhr, Abendpredigt um 3 Uhr. Zusätzlich gah es
in Öhringen um 6 Uhr früh eine Concio matutina
oder Morgengebet, hesonders für die armen Schüler,
Stipendiaten und die heiden ohersten Klassen der
Lateinschule und eine Abendpredigt im Spital
(Nr. 32 Teil I und S. 503).
2 Musica figuralis ,,ist die in der mittelalterlichen
Kantoreipraxis übliche Bezeichnung für mehrstim-
mig ausgearbeitete Musik, bei der Noten von be-
stimmter Zeitdauer und Gestalt (flgurae) angewandt
werden.“ (RGG 2, 937 f.) Siehe auch KO 1582 (Nr.
32, S. 508, Art. 24).
3 Siehe KO 1582 § H 5 (S. 503). Genannt werden:
O Herre Gott begnade mich... und: Es ist das Fleil
uns kommen her.
mit lauter stimm und verstendlich lesen, sund
darauf auch die sechs stück des catechismi dem
volck fürlesen, weil desselben auf die zeit am mei-
sten beysamen ist s.
Darmit auch die bibel, das ist, die schriften der
heiligen propheten und apostel, den einfeltigen
leyen bekant gemacht werde, soll ^nach erzelung der
sechs hauptstück 1 von dem kirchendiener ein ca-
pitel auß dem neuen testament laut und verstend-
hch, hi ordnung wie die bücher aufeinander volgen,
mit [4] den summarien Viti Dieterichs gelesen wer-
den 4. Doch da solches zu lang werden wolte, mag
man die capitel mit den summarien in zwen teil
unterscheiden und den ubrigen auf nechstvolgenden
sontag oder feyertag lesen oder, da der communi-
canten so vil oder andere ungelegenheit einfiele, die
summarien gar unterlassen.
Nach dem capitel singen die schuler und gemein
den glauben oder: Nun bitten wir den Heihgen
Geist 5 mit den nachvolgenden gesetzen, oder:
Komm Heüiger Geist mit volgenden gesetzen 6 etc. u.
7Demnach folget die predigt auf der cantzel auf
nachvolgende weise: Erstlich, 8an den hohen festen
4 Siehe Seite 74, Anm. 116. - Das Verlesen der 6 bloßen
Hauptstücke und eines Kapitels aus dem Neuen
Testanient zusammen mit den Smnmarien wurde
1577 bei der Langenburger Beratung eingeführt und
von der Waldenburger Herrschaft als Neuerung
kritisiert (Schreiben vom 1. 2. 1578, GA 14, 2). Im
Unterschied zu anderen Ordnungen ist vorgesehen,
daß Sonn- und Feiertags aus dem Neuen und bei den
Wochenpredigten nur aus dem Alten Testament ge-
lesen werden soll. - Am 5. 1. 1588 wurde Yeit Mögner
in Langenburg vorgeworfen, daß er entgegen der
Kirchenordnung vergangene Christ- und Neujahrs-
tage Kapitel aus dem AT gelesen habe. Es solle nur
ein (oder bei Länge ein halbes) Kapitel gelesen wer-
den. Mögner habe aber Neujahr 2 Kapitel aus dem
Jonabuch (Kap. 2 und 3 mit zusammen 21 Versen)
gelesen. Mögner erwiderte, daß man 1587 in Neuen-
stein an Festtagen längere Zeit aus dem AT gelesen
habe, in Kirchberg am 23. Sonntag nach Trinitatis
aus dem Psalter.
5 Wir glauben all an einen Gott... und Nun bitten
wir... (beide von Luther, EKG 132 und 99).
6 Gesetz = Absatz, Strophe (Grimm 4, 1, 2, 4075). -
Komm Heiliger Geist, Herre Gott (vorreformato-
risch, Luther; EKG 98).
7 Der folgende Absatz hat die Hanauer KO 1573 (S. 5)
als Vorlage.
8-8 Fehlt Hanauer KO.
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Das 2. capitel
Yom kircliengesang, predigt
und ceremonien
Auf den sontägen und feyertägen, wo schulen sein,
solle der schulmeister mit den schulern, wo aber
nicht schulen, der pfarrer mit der gemein einen teut-
schen psalmen singen, welcher sich mit der zeit der
materien des evangelii und fürnembsten lehr des-
selben vergleichet * 1.
Dieweil aber bißhero in der stadt Oeringew der
löblich gebrauch gehalten, das die lateinische schul-
diener und schuler bald anfangs alle und jede sontäg
und feyertäg ein stück figural 2 gesungen, darauf die
orgel respondirt, solle es billich hmfüro auch also ge-
halten und keineswegs unterlassen werden. Doch
das nach dem figural alsbalden auch ein teutscher
psalm gesungen werd 3.
Nach dem gesang soll sich der kirchendiener zu
dem volk wenden und ein collecten oder gebet, wie
es die zeit jedesmals mit sich bringt und derselbigen
hernacher im 3. capitel etliche form gesetzt werden,
Fehlt KO 1688.
t-t Fehlt KO 1688.
u KO 1688: oder andere dienliche und hißhero ge-
wöhnliche lieder.
1 Die Überschrift wie Hanauer KO 1573 (S. 1). Der
1. Absatz dort: Auf den sontag und feiertag, wo la-
teinische schulen sein, sol der schulmeyster mit den
schulern eynnen lateinischen antiphen, so sich zur
zeit reimet singen. - Ygl. Stötters „Teutsche Schul-
ordnung“ vom 22. 3. 1579 bei KO 1582 (Nr. 32,
§ II 5, 2). Der sonn-und feiertägliche Hauptgottes-
dienst fand um 8 Uhr statt; Katechismus um
12 Uhr, Abendpredigt um 3 Uhr. Zusätzlich gah es
in Öhringen um 6 Uhr früh eine Concio matutina
oder Morgengebet, hesonders für die armen Schüler,
Stipendiaten und die heiden ohersten Klassen der
Lateinschule und eine Abendpredigt im Spital
(Nr. 32 Teil I und S. 503).
2 Musica figuralis ,,ist die in der mittelalterlichen
Kantoreipraxis übliche Bezeichnung für mehrstim-
mig ausgearbeitete Musik, bei der Noten von be-
stimmter Zeitdauer und Gestalt (flgurae) angewandt
werden.“ (RGG 2, 937 f.) Siehe auch KO 1582 (Nr.
32, S. 508, Art. 24).
3 Siehe KO 1582 § H 5 (S. 503). Genannt werden:
O Herre Gott begnade mich... und: Es ist das Fleil
uns kommen her.
mit lauter stimm und verstendlich lesen, sund
darauf auch die sechs stück des catechismi dem
volck fürlesen, weil desselben auf die zeit am mei-
sten beysamen ist s.
Darmit auch die bibel, das ist, die schriften der
heiligen propheten und apostel, den einfeltigen
leyen bekant gemacht werde, soll ^nach erzelung der
sechs hauptstück 1 von dem kirchendiener ein ca-
pitel auß dem neuen testament laut und verstend-
hch, hi ordnung wie die bücher aufeinander volgen,
mit [4] den summarien Viti Dieterichs gelesen wer-
den 4. Doch da solches zu lang werden wolte, mag
man die capitel mit den summarien in zwen teil
unterscheiden und den ubrigen auf nechstvolgenden
sontag oder feyertag lesen oder, da der communi-
canten so vil oder andere ungelegenheit einfiele, die
summarien gar unterlassen.
Nach dem capitel singen die schuler und gemein
den glauben oder: Nun bitten wir den Heihgen
Geist 5 mit den nachvolgenden gesetzen, oder:
Komm Heüiger Geist mit volgenden gesetzen 6 etc. u.
7Demnach folget die predigt auf der cantzel auf
nachvolgende weise: Erstlich, 8an den hohen festen
4 Siehe Seite 74, Anm. 116. - Das Verlesen der 6 bloßen
Hauptstücke und eines Kapitels aus dem Neuen
Testanient zusammen mit den Smnmarien wurde
1577 bei der Langenburger Beratung eingeführt und
von der Waldenburger Herrschaft als Neuerung
kritisiert (Schreiben vom 1. 2. 1578, GA 14, 2). Im
Unterschied zu anderen Ordnungen ist vorgesehen,
daß Sonn- und Feiertags aus dem Neuen und bei den
Wochenpredigten nur aus dem Alten Testament ge-
lesen werden soll. - Am 5. 1. 1588 wurde Yeit Mögner
in Langenburg vorgeworfen, daß er entgegen der
Kirchenordnung vergangene Christ- und Neujahrs-
tage Kapitel aus dem AT gelesen habe. Es solle nur
ein (oder bei Länge ein halbes) Kapitel gelesen wer-
den. Mögner habe aber Neujahr 2 Kapitel aus dem
Jonabuch (Kap. 2 und 3 mit zusammen 21 Versen)
gelesen. Mögner erwiderte, daß man 1587 in Neuen-
stein an Festtagen längere Zeit aus dem AT gelesen
habe, in Kirchberg am 23. Sonntag nach Trinitatis
aus dem Psalter.
5 Wir glauben all an einen Gott... und Nun bitten
wir... (beide von Luther, EKG 132 und 99).
6 Gesetz = Absatz, Strophe (Grimm 4, 1, 2, 4075). -
Komm Heiliger Geist, Herre Gott (vorreformato-
risch, Luther; EKG 98).
7 Der folgende Absatz hat die Hanauer KO 1573 (S. 5)
als Vorlage.
8-8 Fehlt Hanauer KO.
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