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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0315
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12. Kap. Von der Kirchendisziplin

Es soll aber mit dem wort bann und disem gewalt
der kirchen und derselbigen diener keineswegs der
papistische bann, da man vil unschuldige christen
umb der warheit und auch sonsten die leut umb
schulden und andern geringen sachen willen zu
bannen pfleget, gememt sein * * 3, noch einem jeden
kirchendiener seines gefallens und umb aller und
jeder sünd willen die leut in und auß dem bann zu
tun vergönnt werden, sondern wir verstehen durch
den bann die abschaffung von dem christlichen werk
der gevatterschaft, absolution, abendmal Christi
und [41] der christlichen begrebnuß deren personen,
die ein öffentlichs, bekantliehs oder uberwisens
laster begangen und damit ein gantze christliche ge-
mein und in derselben fürnemlich vil junge und un-
schuldige hertzen geergert haben. Dieselbigen sollen
ehe rdcht zur gevatterschaft bey der tauf, auch zur
absolution, abendmal Christi und nach ihrem ab-
sterben auf den ort der christen begrebnuß gelassen
werden, sie haben dann das gegeben ergernuß zuvor
der kirchen öffentlich b wider abgebeten oder durch
iren pfarrer abbitten lassen. Und das alles auß
nachvolgenden ursachen:

Erstlich, weil des die kirch und ire diener von
Christo außtriickenlich bevelch haben, Matth. 16
[19]; 18 [15-18]; Johan. 20 [23], und solcher be-
velch hernacher vom Heiligen Geist durch den
apostel Paulum l.'Corinth. 5 [11-13] widerholt wird,
da er also spricht:

Nun aber hab ich euch geschriben, ir solt nichts
mit inen zu schaffen haben. Nemlich, so jemand ist,
der sich lesset einen bruder nennen, und ist ein
hurer oder ein geitziger ocler ein abgöttischer oder
ein lesterer oder ein trunkenbold oder ein rauber,
mit demselbigen solt ir auch nicht essen. Dann was

b Einfügung Meders in D.
c Einfügung Meders in D.

d Fehlt D.

3 Die Abgrenzung gegenüber dem „päpstlichen“
Bann findet sich in den Schmalkaldischen Artikeln
(BSLK 456f.).

4 Als Kaiser Theodosius I. 390 wegen einer Revolte in
Thessaloniki mehrere tausend Einwohner zusam-

menhauen ließ, drohte Ambrosius mit der Exkom-

munikation (ep. 51). Der Kaiser erschien als Büßer
in der Kirche und bekannte vor versammelter Ge-

gehen mich clie draussen an, das ich sie solte rich-
ten? Richtet ihr nicht, die da hinnen sind? Gott
aber wird die draussen sind richten. Tut von euch
selbst hinauß, wer cla böse ist.

Zum andern, weyl S. Paulus des herrn Christi
bevelch mit dem exempel des blutschenders be-
stettigt und denselben in und auß dem bann getan
hat 1. Corinth. 5 [3-5]; 2. Corinth. 2 [5-8],

Zum dritten, nachmals auch von wegen des exern-
pels der ersten kirchen, die solches in stetem ge-
brauch gehabt, wie solches das exempel Ambrosii 4,
die kirchenhistorien und der alten lerer 5, sonder-
lichen aber Augustini sermones, ad poenitentiarios
ge[41b]tan, außweisen. Und sagt Augustinus: Qui
publice peccavit, publice poeniteat 6.

Zum vierten, auf das sich andere vor dergleichen
laster hüten mögen, und dieweil c die laster vihnehr
für unrecht und strefflich von andern christen er-
kant und gehalten werden, wann sie der, so sie be-
gangen, selbsten d öffentlich abbittet. Daher Sanct
Paulus 1. Tim. 5 [20] sagt: Die da sündigen (nemhch
öffentlich), die straff vor allen, auf das sich auch die
andern förchten.

Letzlichen, weil Christus will, Matth. 5 [23. 24],
das ein jeder, der opfern etc. wölle, zuvor hingehen
und sich mit seinem bruder versönen solle, und sol-
ches von einer einigen person gesagt wird, dero-
wegen vil mehr sich gebürt, das der, so ein gantze
gemein geergert, ehe er zum abendmal etc. zuge-
lassen werde, sich mit derselben wider versöne.

Wann nun von jemand ein laster öffentlich ge-
triben und ein gantze gemein darmit höchlich geer-
gert wird (dann, was heimlich oder noch zweifelhaf-
tig oder doch einer gantzen gemein noch nicht

meinde seine Schuld. (Hans Frhr. v. Campenhausen,
Lateinische Kirchenväter. Stuttgart 1960, 100-102.)
Vgl. die Schrift De paenitentia.

5 Z.B. Tertullian, De paenitentia; Cyprian, Epistolae
und (unecht) Exhortatio de paenitentia. (B.Altaner
und A.Stuiber, Patrologie 7. Aufl. Freiburg i. Br.
usw. 1966, 157, 176f., 382.)

6 Bei Augustin gibt es keine besondere Gruppe Buß-
predigten, vgl. aber z.B. Sermo 71, 82, 98, 99. „Ergo
ipsa corripienda sunt coram omnibus, quae peccan-
tur coram omnibus: ipsa corripienda sunt secretius,
quae peccantur secretius.“ (Migne, Patrologia,
Series Latina 38, 511. Sermo 82, 7, 10.)

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