25. Kirchenordnung 1578
antwortet. Darumb sollen wir nicht allein umb
Christi befelch, sondern auch umb unser schwach-
heit willen das nachtmal oft nach Christi einsetzung
wirdiglich in rechter buß empfahen, daß wir nit
allein uns als gehorsame christen erzeigen, sondern
auch Gott nit versuchen uncl die gegebne artzeney
Gottes zu unserer schwachheit nicht verachten, son-
der mit danksagung gebrauchen. Darzu wolle uns
Gott sein Heiligen Geist gnediglich verleihen
39durch Jesum Christum, unsern herrn 39. Amen.
[208]
Die II. vermanung
Widerlegung der nichtigen einreden, so die
verächter dieses sacraments gebrauchen * 1
Wir haben aaber zum nehern mal 2 gehört a, daß
wir das heilig nachtmal zu gebrauchen schuldig
seyen, erstlich, von wegen des ernstlichen befelchs
Christi, den er uns desselbenhalben gegeben hat.
Zum andern, von wegen unserer eignen schwach-
heit, welche sich nicht wol an das blosse wort Gottes
und zusagung halten kan.
Nun wöllen wir etlichen einreden begegnen, damit
die verächter des nachtmals vermeinen, sich zu ent-
schuldigen und in der verseumnuß des nachtmals
recht zu haben, und wollen darbey gute Christen
sein.
1. Erstlich sprechen etliche 3: Was sol ich rnich vil
bekümmern mit dem gebrauch des nachtmals. Gott
geb, was bdie pfaffen davon sagen b, so kan ich nicht
sehen, daß es mir 4einigen rechtgschaffnen nutz
möcht bringen, es gibt mir weder kalt noch warm.
Und solt 4 ihr merken, daß etliche solche emrede
a_a In Langenburger Ex. hs. Änderung: vor allen
dingen zu merken.
b_b In Stuttgarter Ex.: man saget.
39-39 jrehlt Hofmann.
1 Üherschrift bei Hofmann 1599 (S. 102): Tertia con-
cio. De contemptoris coenae domimcae: quorum
obiectiones hic diluuntur.
2 = das letzte, vorige Mal.
3 Statt „sprechen etliche“ bei Hofmann: gedenken sie.
4-4 Hofmann: solch grossen nutzen bringen möchte.
Darauf sollt.
5 „gedenken und urteilen“ fehlt bei Hofmann.
füren von zeitlichen gütern und vermeinen, das
nachtmal sey ein unnützlich sacrament, weil sie
keinen sonderlichen leibli[208b]chen nutz darauß
erholen mögen, dann sie nichts darinnen sehen dann
wenig brod und wein.
Diese leut geben mit dieser vermeinter entschuldi-
gung zu verstehn, daß sie von gewinn und nutz ge-
denken und urteilen 5 nicht anderst, dann wie die
epicurer 6, so nicht wert sein, daß sie menschen heis-
sen sollen, und die geitzigen, die allein auf das zeit-
liche sehen, ja auch wie die küe und andere unver-
nünftige tier vom gewinn und nutz urteilen. Wann
man sie mit mancherley leckerhaftiger speiß und
köstlichem, guten wein und trank füllete oder 7 vil
goldes, silber, edelgestein und andere zeitliche güter
im nachtmal außspendete, so würden sie sich mit
haufen drumb dringen, dasselb sehr oft empfahen
und für ein sehr nützlich sacrament halten.
Solche sollen wol zu hertzen ftiren die vermanung
des Heiligen Geistes im 32. Psalm [9]: Seyt nicht wie
roß und meuler 8, die nicht verstendig sind, wel-
chen man zaura und gebiß muß ins rnaul legen. Wir
sollen als die vernünftige menschen, die unsterbliche
seelen haben, urteilen, daß nicht die zeitlichen, son-
dern die geistlichen, ewigen güter rechte, wahre
güter sein. Solches hat uns Christus leren wollen im
Vatter unser, darin wir sechs bitten von den geist-
lichen und nur eiiie von den zeitlichen gütem haben 9.
Die verstendigen heiden haben auch selbs die epi-
curer [209] (welche den wollust der zeitlichen güter
für das beste gut halten) verdampt und haben auß
der aufrichtigen gestalt des menschen geurteilt, das
er fürnemlich sol darnach trachten, nicht wie er
wölle zeitliche, sondern die ewigen, himlischen güter
erlangen 10.
6 Zu Unrecht wurde Epicur (griecli. Philosoph, 341-
271 v. Chr.) von der Stoa und christlichen Vätern als
Verkünder hemmungslosen Lebensgenusses verur-
teilt (RGG 2, 529f.).
7 Hofmann: + ihnen.
8 = Maultiere (von mulus).
9 Wir bitten um Frömmigkeit in den ersten 3 Bitten,
zeitliche Nahrung in der 4. Bitte und das ewige
Leben in den letzten 3 Bitten. (Meders Fragstücke
im Anhang 2 u. a.)
10 Die „verstendigen heiden“ sind vor allem die Stoi-
ker. Das Argument von der aufrechten Gestalt wurde
von Xenophon bis Isidor von Sevilla, besonders bei
332
antwortet. Darumb sollen wir nicht allein umb
Christi befelch, sondern auch umb unser schwach-
heit willen das nachtmal oft nach Christi einsetzung
wirdiglich in rechter buß empfahen, daß wir nit
allein uns als gehorsame christen erzeigen, sondern
auch Gott nit versuchen uncl die gegebne artzeney
Gottes zu unserer schwachheit nicht verachten, son-
der mit danksagung gebrauchen. Darzu wolle uns
Gott sein Heiligen Geist gnediglich verleihen
39durch Jesum Christum, unsern herrn 39. Amen.
[208]
Die II. vermanung
Widerlegung der nichtigen einreden, so die
verächter dieses sacraments gebrauchen * 1
Wir haben aaber zum nehern mal 2 gehört a, daß
wir das heilig nachtmal zu gebrauchen schuldig
seyen, erstlich, von wegen des ernstlichen befelchs
Christi, den er uns desselbenhalben gegeben hat.
Zum andern, von wegen unserer eignen schwach-
heit, welche sich nicht wol an das blosse wort Gottes
und zusagung halten kan.
Nun wöllen wir etlichen einreden begegnen, damit
die verächter des nachtmals vermeinen, sich zu ent-
schuldigen und in der verseumnuß des nachtmals
recht zu haben, und wollen darbey gute Christen
sein.
1. Erstlich sprechen etliche 3: Was sol ich rnich vil
bekümmern mit dem gebrauch des nachtmals. Gott
geb, was bdie pfaffen davon sagen b, so kan ich nicht
sehen, daß es mir 4einigen rechtgschaffnen nutz
möcht bringen, es gibt mir weder kalt noch warm.
Und solt 4 ihr merken, daß etliche solche emrede
a_a In Langenburger Ex. hs. Änderung: vor allen
dingen zu merken.
b_b In Stuttgarter Ex.: man saget.
39-39 jrehlt Hofmann.
1 Üherschrift bei Hofmann 1599 (S. 102): Tertia con-
cio. De contemptoris coenae domimcae: quorum
obiectiones hic diluuntur.
2 = das letzte, vorige Mal.
3 Statt „sprechen etliche“ bei Hofmann: gedenken sie.
4-4 Hofmann: solch grossen nutzen bringen möchte.
Darauf sollt.
5 „gedenken und urteilen“ fehlt bei Hofmann.
füren von zeitlichen gütern und vermeinen, das
nachtmal sey ein unnützlich sacrament, weil sie
keinen sonderlichen leibli[208b]chen nutz darauß
erholen mögen, dann sie nichts darinnen sehen dann
wenig brod und wein.
Diese leut geben mit dieser vermeinter entschuldi-
gung zu verstehn, daß sie von gewinn und nutz ge-
denken und urteilen 5 nicht anderst, dann wie die
epicurer 6, so nicht wert sein, daß sie menschen heis-
sen sollen, und die geitzigen, die allein auf das zeit-
liche sehen, ja auch wie die küe und andere unver-
nünftige tier vom gewinn und nutz urteilen. Wann
man sie mit mancherley leckerhaftiger speiß und
köstlichem, guten wein und trank füllete oder 7 vil
goldes, silber, edelgestein und andere zeitliche güter
im nachtmal außspendete, so würden sie sich mit
haufen drumb dringen, dasselb sehr oft empfahen
und für ein sehr nützlich sacrament halten.
Solche sollen wol zu hertzen ftiren die vermanung
des Heiligen Geistes im 32. Psalm [9]: Seyt nicht wie
roß und meuler 8, die nicht verstendig sind, wel-
chen man zaura und gebiß muß ins rnaul legen. Wir
sollen als die vernünftige menschen, die unsterbliche
seelen haben, urteilen, daß nicht die zeitlichen, son-
dern die geistlichen, ewigen güter rechte, wahre
güter sein. Solches hat uns Christus leren wollen im
Vatter unser, darin wir sechs bitten von den geist-
lichen und nur eiiie von den zeitlichen gütem haben 9.
Die verstendigen heiden haben auch selbs die epi-
curer [209] (welche den wollust der zeitlichen güter
für das beste gut halten) verdampt und haben auß
der aufrichtigen gestalt des menschen geurteilt, das
er fürnemlich sol darnach trachten, nicht wie er
wölle zeitliche, sondern die ewigen, himlischen güter
erlangen 10.
6 Zu Unrecht wurde Epicur (griecli. Philosoph, 341-
271 v. Chr.) von der Stoa und christlichen Vätern als
Verkünder hemmungslosen Lebensgenusses verur-
teilt (RGG 2, 529f.).
7 Hofmann: + ihnen.
8 = Maultiere (von mulus).
9 Wir bitten um Frömmigkeit in den ersten 3 Bitten,
zeitliche Nahrung in der 4. Bitte und das ewige
Leben in den letzten 3 Bitten. (Meders Fragstücke
im Anhang 2 u. a.)
10 Die „verstendigen heiden“ sind vor allem die Stoi-
ker. Das Argument von der aufrechten Gestalt wurde
von Xenophon bis Isidor von Sevilla, besonders bei
332