25. Kirchenordnung 1578
spitzfindigen pflegen, wie es müglich sey, das uns
emit wenig brot und wein e der gantz volkommene 5a
leib und blut Christi mög gegeben werden, und ei-
nem so vil als dem andern, 6keinem weniger oder
mehr denn dem andern 6, sondern sollen, wie die ein-
feltigen und unmündigen (welchen der himlisch
Vatter die geheimnuß des evangeliums allein will
offenbaren und allen weltweisen und klugen ver-
borgen halten) 7 die wort Christi, so er vom brot und
wein geredt hat, das er uns damit f sein leib und blut
biß er widerkombt 8, das ist, biß an jüngsten tag,
reichen und außspenden wölle, mit festem glauben
annemen und behalten und alle unglaubige, für-
witzige und spitzfündige gedanken faren lassen und
außschlagen, als die uns hindern, das wir unserm
lierrn Christo und seinem heiligen wort nicht sem
gebürende ehr geben, welche darin besteht, das er
ist unser einiger, warhaftiger messias und allmech-
tiger, ewiger Gott.
Wh’ dörfen nicht sorgen, das seine wort, so er in
der stiftung des nachtmals vom brot und wein ge-
redt hat, falsch und lügenhaftig sein, dann er ist
nicht allein warhaftig und ist kein lügen auß semem
mund außgangen 9, sonder die warheit selbst 10, die
in im kein zufellig, sonder ein wesentlichs ding
ist. [213 b] Er ist auch darumb in dise welt kommen,
e-e Ebenso: durch mittel weniges brots und weins.
f Ebenso: + durch solche eußerliche mittel.
s Statt ,,mit brot und wein“ in Braunsbacher Ex.
hs. Änderung: durch die mittel brots und weins.
gers Assum zu einer dem Calvinismus gegenüber
vermittelnden Haltung in der Abendmahlsfrage do-
kumentierte Assum in zwei Schriften, „Menschen-
spiegel“ Frankfurt 1592 und „Spiegel Des Erkendt-
niß Gottes vnd Christi ... in den Menschen ...“
Alten Stettin 1593, und der Bekenntnisschrift
„Gründlicher Bericht...“, von den Pfarrern 1603
unterschrieben und 1605 gedruckt. In der Schrift
von 1593 (S. 225) hatte Assum ausgeführt, daß das
Abendmahl nicht nur ein „Denkzeichen“ oder „An-
deutung“ seines Leibs und Bluts sei, sondern darin
iaut Christi Worten in Kraft seines Heiligen Geistes
durch die äußerlichen Mittel Brot und Weins sein
natürlich Leib und Blut gegeben wird. In der Be-
kenntnisschrift von 1603 waren die Phrasen auf-
geführt, die die Pfarrer nicht mehr gebrauchen sol-
len: Christi Leib und Blut werde empfangen „we-
sentlich“, es werde gegeßen und getrunken „onsicht-
bar“, „in, mit und unter“ Brot und Wein. Das be-
anstandete Wort „wesentlich“ bedeutet „real, wirk-
das er uns menschen, 11 die wir alle mit dem lügen-
haftigen geist beladen und besudelt waren 11, in
glaubenssachen die warheit anzeigte; wie er solchs
vor Pilato bekennet und auch zu seinen jüngern
sagte 12: Ich bin der weg, die warheit und das
leben. Wir dörfen auch nichts zweifeln an seinem
gewalt, als wenn es ime unmüglich were, mit brot
und wem+ sein leib und blut 13 mitzuteilen. Dann er
ist der warhaftig eingeborne Son Gottes, dem sowol
als dem Vatter und Heiligen Geist der titel: allmech-
tig zustehet, als bey welchem 14 gar nichts unmüglich
ist.
Disen einfeltigen und warhaften bericht vom
wesen oder substantia des heiligen nachtmals sollen
wir nicht verstehen von dem brot und wem, uber
welche gleichwol die wort Christi, so er in der stif-
tung geredt hat, gesprochen werden, werden aber
nicht nach der ordnung Christi genossen, sondern
den leuten in der bepstischen schawemeß gezeiget 15,
zur anbetung für die sünd der lebendigen und der
toten, dem himlischen vatter aufgeopfert, m mon-
strantzen eingeschlossen und umbgetragen, welches
alles der stiftung des heiligen nachtmals entgegen
und lesterlich ist (wie wh solches hernacher im vier-
ten artikel, so wh vom whdigen brauch des nacht-
mals handlen werden 16, weitlauftiger antzeigen
]ich, tatsächlich, auch gegenständlich, leibhaftig“
(Grimm 14, 1, 2, 594), esentspricht „substantialiter“.
„Wahrhaft“ sollen Leib und Blut aber gegenwärtig
sein, da sie mit Brot und Wein „sakramentlich ver-
einigt“ sind, so wie in Christus zwei Naturen persön-
lich vereinigt sind.
6a Statt „gantz volkommene“ bei Hofmann: war-
haftige.
6-6 Fehlt Hofmann.
7 Hofmann am Rancle: Matth. 12 [d. i. 11, 25], vgl.
Lk 19, 21.
8 Hofmann am Rande: 1. Cor. 11 [26].
9 Hofmann am Rande: Esa. 53 [9], 1. Pet. 2 [22].
10 Hofmann am Rande: Johann. 14 [6].
11-11 Fehlt Hofmann.
12 Hofmann am Rande: Johann. 18 [37, und:] Johann.
14 [6].
13 Hofmann: + uns.
14 Statt „als bey welchem“ bei Hofmann: und bey
welchem auch.
15 „Das Volk begnügte sich, die Hostie zu sehen, und
die Theologen können darüber disputieren, ob diese
sog. Augenkommunion der wirklichen Kommunion
gleichwertig sei“ (RGG 1, 27).
16 8. Vermahnung.
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spitzfindigen pflegen, wie es müglich sey, das uns
emit wenig brot und wein e der gantz volkommene 5a
leib und blut Christi mög gegeben werden, und ei-
nem so vil als dem andern, 6keinem weniger oder
mehr denn dem andern 6, sondern sollen, wie die ein-
feltigen und unmündigen (welchen der himlisch
Vatter die geheimnuß des evangeliums allein will
offenbaren und allen weltweisen und klugen ver-
borgen halten) 7 die wort Christi, so er vom brot und
wein geredt hat, das er uns damit f sein leib und blut
biß er widerkombt 8, das ist, biß an jüngsten tag,
reichen und außspenden wölle, mit festem glauben
annemen und behalten und alle unglaubige, für-
witzige und spitzfündige gedanken faren lassen und
außschlagen, als die uns hindern, das wir unserm
lierrn Christo und seinem heiligen wort nicht sem
gebürende ehr geben, welche darin besteht, das er
ist unser einiger, warhaftiger messias und allmech-
tiger, ewiger Gott.
Wh’ dörfen nicht sorgen, das seine wort, so er in
der stiftung des nachtmals vom brot und wein ge-
redt hat, falsch und lügenhaftig sein, dann er ist
nicht allein warhaftig und ist kein lügen auß semem
mund außgangen 9, sonder die warheit selbst 10, die
in im kein zufellig, sonder ein wesentlichs ding
ist. [213 b] Er ist auch darumb in dise welt kommen,
e-e Ebenso: durch mittel weniges brots und weins.
f Ebenso: + durch solche eußerliche mittel.
s Statt ,,mit brot und wein“ in Braunsbacher Ex.
hs. Änderung: durch die mittel brots und weins.
gers Assum zu einer dem Calvinismus gegenüber
vermittelnden Haltung in der Abendmahlsfrage do-
kumentierte Assum in zwei Schriften, „Menschen-
spiegel“ Frankfurt 1592 und „Spiegel Des Erkendt-
niß Gottes vnd Christi ... in den Menschen ...“
Alten Stettin 1593, und der Bekenntnisschrift
„Gründlicher Bericht...“, von den Pfarrern 1603
unterschrieben und 1605 gedruckt. In der Schrift
von 1593 (S. 225) hatte Assum ausgeführt, daß das
Abendmahl nicht nur ein „Denkzeichen“ oder „An-
deutung“ seines Leibs und Bluts sei, sondern darin
iaut Christi Worten in Kraft seines Heiligen Geistes
durch die äußerlichen Mittel Brot und Weins sein
natürlich Leib und Blut gegeben wird. In der Be-
kenntnisschrift von 1603 waren die Phrasen auf-
geführt, die die Pfarrer nicht mehr gebrauchen sol-
len: Christi Leib und Blut werde empfangen „we-
sentlich“, es werde gegeßen und getrunken „onsicht-
bar“, „in, mit und unter“ Brot und Wein. Das be-
anstandete Wort „wesentlich“ bedeutet „real, wirk-
das er uns menschen, 11 die wir alle mit dem lügen-
haftigen geist beladen und besudelt waren 11, in
glaubenssachen die warheit anzeigte; wie er solchs
vor Pilato bekennet und auch zu seinen jüngern
sagte 12: Ich bin der weg, die warheit und das
leben. Wir dörfen auch nichts zweifeln an seinem
gewalt, als wenn es ime unmüglich were, mit brot
und wem+ sein leib und blut 13 mitzuteilen. Dann er
ist der warhaftig eingeborne Son Gottes, dem sowol
als dem Vatter und Heiligen Geist der titel: allmech-
tig zustehet, als bey welchem 14 gar nichts unmüglich
ist.
Disen einfeltigen und warhaften bericht vom
wesen oder substantia des heiligen nachtmals sollen
wir nicht verstehen von dem brot und wem, uber
welche gleichwol die wort Christi, so er in der stif-
tung geredt hat, gesprochen werden, werden aber
nicht nach der ordnung Christi genossen, sondern
den leuten in der bepstischen schawemeß gezeiget 15,
zur anbetung für die sünd der lebendigen und der
toten, dem himlischen vatter aufgeopfert, m mon-
strantzen eingeschlossen und umbgetragen, welches
alles der stiftung des heiligen nachtmals entgegen
und lesterlich ist (wie wh solches hernacher im vier-
ten artikel, so wh vom whdigen brauch des nacht-
mals handlen werden 16, weitlauftiger antzeigen
]ich, tatsächlich, auch gegenständlich, leibhaftig“
(Grimm 14, 1, 2, 594), esentspricht „substantialiter“.
„Wahrhaft“ sollen Leib und Blut aber gegenwärtig
sein, da sie mit Brot und Wein „sakramentlich ver-
einigt“ sind, so wie in Christus zwei Naturen persön-
lich vereinigt sind.
6a Statt „gantz volkommene“ bei Hofmann: war-
haftige.
6-6 Fehlt Hofmann.
7 Hofmann am Rancle: Matth. 12 [d. i. 11, 25], vgl.
Lk 19, 21.
8 Hofmann am Rande: 1. Cor. 11 [26].
9 Hofmann am Rande: Esa. 53 [9], 1. Pet. 2 [22].
10 Hofmann am Rande: Johann. 14 [6].
11-11 Fehlt Hofmann.
12 Hofmann am Rande: Johann. 18 [37, und:] Johann.
14 [6].
13 Hofmann: + uns.
14 Statt „als bey welchem“ bei Hofmann: und bey
welchem auch.
15 „Das Volk begnügte sich, die Hostie zu sehen, und
die Theologen können darüber disputieren, ob diese
sog. Augenkommunion der wirklichen Kommunion
gleichwertig sei“ (RGG 1, 27).
16 8. Vermahnung.
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