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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0358
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25. Kirchenordnung 1578

Und damit wir solchen recht verstehen, sollen
wir uns erinnern, was die summa unsers christlichen
glaubens sey, welche im heiligen nachtmal begriffen
ist, nemlich diß, das wir glauben und halten, der
himlische vatter sey uns versönet und habe uns alle
unsere sünde und missetat gnediglich verziehen, er-
kenne 10 uns für seine liebe kinder und wölle uns auß
allen nöten und auß dem tod selbs helfen und das
ewig leben schenken, allein umb seines sons Jesu
Christi und seines einigen verdiensts willen, den er
uns durch die hingebung seines leibs und lebens in
tod und durch die vergiessung seines teuren bluts
am stammen des heiligen creutzes nsolches alles
erworben hat. Solchen unsern glauben bestettigen
und bekreftigen wir, ja trösten und erquicken unsere
angefochtene hertzen, so oft wir Christi leib und
blut im heiligen abendmal essen und trinken. Dann
so war ein jeder unter uns [218] in sonderheit unter
brot und wein a mit seinem munde den leib und das
blut Christi empfehet, also gewiß kan und soll er
auch glauben und schliessen, das Christus denselben
seinen leib und blut in sonderheit für in in tod ge-
geben und für seine stinde vergossen hat, und wölle
in auch aller andern seiner woltaten teilhaftig ma-
chen 11. Denn wer wolte zweifeln an der huld und
gnade Gottes, an der vergebung der sünden und
erbe des eAvigen lebens, weil solches alles durch gött-
liche brieff und sigel uns versichert und vergwisset
ist? 12 Wenn jemand von eim weltlichen ftirsten zum
erb seines fürstentumbs aufgenommen und dessel-
ben vergewisset were durch brieff und sigel des
fürsten, würde er nicht solche brieff hoch und werd 13
halten und sich damit trösten und wehren wider
alle die, so ihn auß dem vermachten erb wolten auß-
treiben? Wie vil mehr sollen wir uns trösten gött-
lichs brieffs und sigels, den wir haben im heiligen

a Statt „unter brot und wein“ in Braunsbacher und
Ruppertshofener Ex. hs. Änderung: durch die
mittel brots und weins.

10 Hofmann: er kenne.

11-11 Hofmann: erworben hat. In solchem glauben
empfahen wir durch den rechten gebrauch deß heili-
gen abendmals grosse kraft und stärk in allerley
schwachheit und anfechtungen. - Zum Yerdienst
Christi am Kreuzesstamm vgl. 1 Petr 2, 24; Kol 1,
20.

nachtmal, und damit uns aufhalten 14 und getrost
wehren wider diejenigen feind, so uns wöllen den
glauben nemen oder zum wenigsten darin wankel-
mütig machen, den wir haben auß dem heiligen
evangelio gefast 15 vom erb der ewigen, himlischen
güter umb unsers herrn und heilands Christi Avillen,
weil Gott warhaftig, ja die warheit selbs ist, ob wol
die menschen lügner [218 b] sein.

Hieher gehört auch, das Christus sein nachtmal
em testament neimet, welches er mit seinem tod und
blut bekreftiget hat. Dann ist eins menschen testa-
ment, darm er seinen freunden sein hab und gut ver-
macht 16, kreftig, so es ordenlich aufgericht und
durch den tod des testatoris oder stifters bestettiget
ist ? Vilmehr sollen wir das heilig nachtmal als
Gottes testament für gantz kreftig und gewiß halten,
dieweil es der son Gottes, der nie kein siind getan
und gantz gerecht ist, nicht allein ordenlich am ende
sehies lebens aufgericht, sondern auch nach dem
willen seines vatters mit seinem heiligen tod und
blut bestettiget 17 hat. So dann dises testament
gantz kreftig (wie dann auch ehe himel und erden
brechen müsten, ehe Gott darin zum liigner würd 18)
so ist auch gewiß, das die glaubigen dardurch ver-
gwist werden der vergebung der siinden und des
ewigen lebens, darunter alle ware 19 und himlische
güter und segen eingeschlossen seha. Dann es hat
Christus seiner kirchen im testament seines nacht-
mals nicht gold, silber, edelgestein, kleinotter oder
andere vergengkliche güter bescheiden, sondern sein
leib und blut und das, so er mit seinem leib und blut
erworben hat, nemlich das leben und vergebung der
sünden. Denn wir dörfen Christi leib und blut nicht
wie unsere siindliche, verdamliche 20 [219] leib und
blut ansehen, sondern als ein heihgen, unschuldigen
leib und blut, welches er unserer sünden, schuld, tod

12 G-edaclit ist an das Abendmahl als AVrmächtnis
Christi und den Begriff ÖLa&rjxrj (testamentum) in
den AhendmahlsAvorten (siehe unten).

18 Hofmann: herrlich.

14 = aufrecht erhalten (Grimm 1, 660).

15 Fassen = begreifen, lernen.

16 Hofmann: außmacht.

17 Hofmann: bekräftiget.

18 Hofmann am Rande: Matth. 5 [18, = Lk 16, 17].
Luc 21 [33].

19 Ilofmann: + ewige.

20 Fehlt Hofmann.

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