Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0365
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vermahrmngen vom Abendmahl

heüigen leibs und bluts Christi? Es sind zweierley,
nemlich * * * 5 die heuchler oder werkheiligen und die
frechen, mutwilligen und sichern sünder.

Dann die heuchler, ob sie wol, wie auch alle an-
dere menschen, voll sünden, arger list und tücken
stecken und gehören auch unter die spriich, dar-
innen Gott alle menschen der sünden gantz war-
haftiglich beschuldiget, anklagt und verdampt 6:
je[227b]doch so wöllen sie umb irer eusserlichen,
scheinbarlichen erbarkeit willen vor den menschen,
auch vor Gott und seinem urteil gantz 7 selige und
fromme leut sein. Ja etliche unter inen, als die
ordensleut, rhiimen sich ubriger frömbkeit, die sie
anclern leuten gegen dem urteil Gottes können dar-
leihen und mitteilen. Solche heuchler (die Gott in
seinem wort, darinnen er alle menschen siinder und
lügner nennet, welches wir auch selbsten müssen be-
kennen, so wir die warheit sagen wöllen) 8 können
das nachtmal Christi (welches den armen sündern,
so ihre sünde bekennen und darüber hertzlich be-
trübt und bekümmert sein, zu trost ist eingesetzt)
nicht wirdighch empfahen. Dann es hat je Christus
in der einsatzung seines nachtmals vom brot gesagt:
Nemet hin uncl esset, clas ist mein leib, welcher für
euch hingeben wird, das ist, ich will euch mit dem
brot a meinen leib zu essen geben 9, den ich für ewre
sünde, umb welcher willen ir den tod verschuldt
habt, 10in den tod hingeben habe 10, euch zu erlösen
vom tod und zu erlangen das leben. Und vom kelch:
Das ist der kelch des newen testaments in meinem
blut, welches für euch und für vil vergossen wird
zur vergebung der sünden. Welche nun nicht wöllen
sünder sein, die umb der sünden willen neben dem
leiblichen auch den ewigen tod verschuldt haben, die
ver[228]meinen, sie dörfen 11 des nachtmals nicht
zum trost wider die sünde, und sovil iren geistlichen

a Statt ,,mit dem brot“ in Braunsbacher und Rup-

pertshofener Ex. hs. Änderung: durch das mittel

des brots.

5 Hofmann: rott [= Gruppen], nemblich erstlich.

8 Hofmann: + durch sein gerecht gesetz, ausser der
gnade durch seinen son Christum verheissen.

7 Hofmann: + heilige.

8 Hofmann: + der unwarheit und lügen bezüchtiget.

9 ,,zu essen geben“ fehlt bei Hofmann.

10-10 Hofmann: hingeben werd in todt.

11 = bedürften.

stoltz anbelangt, so hat Christus irenthalb das nacht-
mal vergeblich und umbsonst eingesetzt.

Zum andern, neben den heuchlern, so sein auch
die sichern siinder unwirdig und ungeschickt, den
leib und blut des Herrn im abendmal zu geniessen,
aJs die, so das erste teil der buß nit recht angefangen
haben. Dann zu der rechten buß gehört nicht allein
ein helle bekentnuß der sünden und des tods, so wir
sampt allen leiblichen und ewigen straffen der sün-
den wol verdient haben, sonclern auch ein hertzliche
rewe und ernstlichs leid, das man der siinden abge-
sagter feind werde und mit höchstem fleiß vor der-
selben sich forthin hüte; wie dann ein ernstliche
rewe und bekerung die vermeidung der wiirklichen
und tödlichen sünden selber mit sich 12 bringt. Dem-
nach alle, die sich mit dem mund für arme 13 siinder
bekennen und rhiimen und doch mit cler tat, das ist
mit mutwilligen, groben siinden umbgehen, als
aberglauben 14, sicherheit, gotteslesterung, ver-
achtung der oberherrn und eltern, neid, haß, hadern,
lügen, unzucht, wuchern, finantz 15 und clergleichen,
beweisen mit der tat, das sie noch lust und gefallen
an der sünden haben und sind nicht geschickt, das
nachtmal wirdiglicli zu gebrauchen.

DarumJ^, so last uns [228b] für arme, elende sün-
der, die alle straffen Gottes wol verdienet hetten, de-
mütiglich bekennen und uns unter die gewaltige
hand 16 Gottes demütigen und uns ernstliclien (was
wir wider Gott und den nechsten gesündigt haben)
leid sein, und solches fortliin mit der tat selbst, das
ist, mit ablassung der sünden bezeugen und alJe sünd
durch den glauben auf Christum legen, so werden
wir geschickt, das nachtmal wirdiglich zu gebrau-
clien, uncl an dem leib und blut Christi uns essen
und trinken den segen Gottes uncl unser heil und
seligkeit. 17Und so vil vom ersten stiick der buß.

12 Hofmann: ihr als ein gewisse frucht. Wirkliche Sün-
den (Tatsünden) sind die peccata actualia im Unter-
schied zum peccatum originale. Melanchthon unter-
schied die Tatsünden in läßliche Sünden und Tod-
sünden (peccatum mortale actuale, Corpus Refor-
matorum 23, 406f.).

13 Hofmann: + bußfertige und rewenden.

14 Hofmann: + hoffart.

15 ITofmann: + füllerey, trunkenheit. Finanz = Wu-
cherkniff, Betrug.

16 ITofmann: + und gerecht urteil.

347
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften