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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0417
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27. Konsistorialordnung 1579

ten ein andere tugentliche und weltliche personn darzu
verordnen wöllen) in beysein zweyer gerichtspersonnen
güettlich verhört, welche allen fleiß fürwenden sollen,
sie mit wißenden, pillichen und erharn dingen, doch
im fall mit vorbehalt unsers von oberkeit wegen ange-
bürenden interesse, zu verainen.

Im fall aber solche güethche underhandlung uber
allen angewandten vleiß bey einem oder dem andern
teil nit statthaben wolte und sie einander rechtlichen
zuspruch 6 und außfüehrung nit erlaßen wolten, solle
der superintendens beneben dem amptsdiener und
zweien deß gerichtes, was sich in der verhör befunden
und fürgelofFen, was auch zwischen inen gehandelt,
wie alle sachen besehaffen und an wem die güetlichkeit
erwunden 7, an uns ordentlich beschriben gelangen
lassen.

Daruf wir nachmals zwischen inen durch ixnsere rät,
zu allem uberflueß in beysein der hoffprediger jedes
orts 8, die güet pflegen, da sie aber nit fruchten, alß-
dann uferlegen laßen wöllen, vor unsern räten 9 und
unsern hofpredigern oder denen, die wir jedesmals
darzu deputirn werden, von monnaten zu monaten in
schriefften rechtlich gegeneinander zu procedirn biß
zue entlichem heschlueß der sachen. So dann allerdings
in denn sachen beschloßen 10, dem heiligen ministerio
zu ehren die rechtliche erkantnus wo müeghch umb-
gangen und die sach denn geordneten richtern (darin-
nen arbitrarie und nit nach scherpfe und strenge der
rechten zu erkennen haben) vohnechtiglich heimzu-
stellen begertt werden.

Im fall aber solches bey einem oder dem andern teil
auch nit zu erhalten, die sachen wichtig und die not-
turft erfordern wurde, sich auch unsere rät und nider-
gesatzte 11 kirchendiener der urteil nit miteinander ver-
gleichen konnden, alßdann wollen wir die gantzen acta
unserm consistorio zuschicken und desselben guett-
bedunken und rat darüber anhören und daruf ge-
bürende und rechtmessige erkantnus tun lassen. Und
solches alles solle uf die actiones personales alß iniuria-
rum und dergleichen sachen verstanden sein. Dann
was malefitzsachen 12 anlangt, wollen wir iederzeit be-
scheid geben, wo dieselbig gerechtvertigt und auß-
gericht werden sollen.

Wir wollen auch, das die kirchendiener uf keinen
wideruef beclagt oder daruf erkant. Dann was die

6 = gerichtliche Klage.

7 erwinden = aufhören, ablassen (Grimm 3, 1065).

8 Siehe oben S. 391, Anm. 1.

9 Die Räte bildeten das Hof- und Kanzleigericht als
Appellationsinstanz im normalen Prozeß.

10 Ergänze: soll.

11 = beisitzende, zur Beratung zugezogene (Grimm 7,
796).

12 = Strafsachen, die zur hohen Kriminalgerichtsbar-
keit gehören.

straffen von den iniuriis und andern mißetatten her-
rüeren belangt, tun wir hiemit gegen dem schuldigen
und rechtlich uberwißenen personnen unß selbsten
solche fürzunemmen vorbehalten.

13Sovil aber actiones reales belangt, alß da ein kir-
chendiener seiner eignen ererbten oder erkauften
güetter halben und dergleichen sachen von iemand solte
rechtlich beclagt werden, sollen unsere kirchendiener
vor dennen gerichten, darunter sie sesßhaftig und un-
sere undertonnen schuldig sein, recht zu geben und zu
nemmen, auch alda außzufüehren, schuldig sein 13,
außgenommen kirchen- und pfarrgüetter, so uns und
der grafschaft mit dem aigentumb zuestendig. Doch
wollen wir, das zuvorderst der clagende teil uns seine
zuspruch 14 und forderung zu hof fürbringe. Wo dann
wir darauß befinden, das solche allein den kirchendie-
ner und nit auch andere weltliche personen, alß mit-
erben und -beclagten belangt, wollen wir unsern räten
bevelch geben, wie sie jedesmals nach gelegenheit der
sachen darinnen schleinig und summarie procedirn und
jeder teil zu demjhennigen, was er von rechts und
pillichkeit wegen befuegt, füerderlich gelangen mög.

Titul 7

Yon straff, endurlaubung und abschaffung
der kirchen- und schueldiener

Warm vonwegen eines kirchendieners vermög deß
andern und nechst vorgehenden capitels clag fürkompt
und derselbig falscher leher oder ergerhchen und un-
christlichen lebens gnuegsam uberwisen worden, soll
das consistorium, da hierinen sein bedenken erfordert
würd, niemand helfen, uberruck tragen 1 und in seinen
lastern sterken, sonder uns alß der oberkeit zu straf
vermög dißer ordnung trewlich raten.

Hierumben, da ein lehrer in falscher leher begriefen
und, uber allen underricht und vermanung halßstarig
darinnen beharren würde, sofle derselb nicht geduldet,
sonder vom kirchendienst entsetzt und nach gelegen-
heit deß irrtumbs auch deß lands verwißen werden.

Zum andern, da ein kirchendiener in ein malefitz-
handel und ofentlichs laster, alß totschlag, ehebruch,
unzucht, diebstall etc. gefallen were, sofle er im predig-
ampt auch nicht gelitten werden.

13-13 Württ. KO 1559 (Bl. 110b): Was aber erbschaften,
ire güter und dergleichen actiones reales, sprüch und
forderung betrifft, sollen unsere kirchendiener an
orten [wie] andere unsere undertonen schuldig sein,
recht zu geben und zu nemen.

14 = Klage.

1 = jem. unterstützen, dienen (Grimm 11, 2, 409).

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