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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0421
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27. Konsistorialordnung 1579

Und damit wir deßen vergewist seien, das wir zu
schuel- und kirchendiensten auß den stipendiaten leut
haben konnen, sollen sich die stipendiaten und ire
eltern oder nechsten freund mit inen, wann sie sich von
der schuel Oringew auß auf die academiam begeben
wöllen und das große stipendium begeren, gegen uns
schriefftlich obligiren, das sie nach denn artibus theo-
logiam studiren und volgends uns umb ein zimbliche
besoldung und gebürende underhaltung in schuellen
nnd dem predigampt dienen wöllen und deßwegen,
wenn sie zu diensten tugentlich, sich zuvorderst bey
uns ansuchen und ire dienst anbietten sollen, da sie
aber das nicht tetten oder in ketzerey oder laster fielen,
darumb sie zu kirchen- und schueldiensten nicht zu
gebrauchen weren, das sie oder ire eltern und freund
alles das, was wir uf sie gewendet, zu leidenlichen fri-
sten widerumb erlegen und restituiren. Im fall aber zur
zeit seines ansuchens kein conditio vacirn oder wir
inen mit einem dienst versehen könnden, soll ime alß-
dann zugelassen sein, sich an andern orten einzulassen,
und von uns daran nit verhindert werden 1213.

Da wir dann sonsten andere knaben und personnen
zu denn andern faculteten, alß iura und medicinam,
zu studiren gnedig verlegen 14, und iemand bey uns
deren stipendia außbringen und erlangen würden,
wöllen wir iedesmals bevelch und fürsehxmg tuen, wie
es mit dennselbigen gehalten und wem die inspection
darüber bevolhen werden solle.

Wann nun ein knab und desselben eltern oder
freunde umb ein stipendium, großes oder kleines, bey
uns ansuchen würd, soll ire supplication sampt dem
knaben dem consistorio, inn zu examiniren, ob er deß
stipendii fehig werden möge oder nicht, zugeschickt

f ,,und unsere verlag“ zuerst von Hyso in D geän-
dert. Yorher: und heüige almußen.
s B und C: + zu.

12 Zur Obligation vgl. das Formular Nr. 10. In KO
1582 §03 findet sich ein - nicht verwendetes - For-
mular, das ausdrücklich die Yerpfiichtung zur finan-
ziellen Bückerstattung und zum Dienst in der Herr-
schaft verschärfte. Es sei vorgekommen, daß Stipen-
diaten „unser unersucht und, wan wir inen nicht
gleich uf ir begehren conditiones einraumen konnen,
in andere dienst begeben und vermeind, mit be-
schehener anzeig genug getan zu haben“. Wenn zu-
nächst keine Stelle in Hohenlohe frei ist, müßte der
Stipendiat dennoch unverzüglich den fremdem
Dienst aufsagen, wenn er benötigt wird!

13 In der Vorrede seines Entwurfs führte Micyllus
1589/90 aus, daß zwar zur Erhaltung der Stipen-
diaten, diehin und wieder auf Akademien und Schu-
len verschickt worden seien, viel Oeld verwendet
wordensei, daß aberkein „gewißemaß und ordnung“
bei der Aufnahme bestanden habe, die Stipendi-

werden. Welches alweg mit vleiß dahin sehen und be-
denken solle:

Erstlich, ob der knab auch ingeniosus und geschick-
lichkeit halben deß stipendii wert sey, und da solches
nicht befunden wurd, solches uns berichten, darmit er
zu solchem mal zum stipendio nicht zugelassen wurde.

[2.] Darnach, ob deß knaben eltern auch reich und
vermüeghch leut sein oder der knab selbsten nach der
eltern tod ein stattlich patrimonium habe und sich
also selbsten one das liebe kirchenguett und unsere
verlag f zu denn studies verlegen könnde.

[3.] Und ob nicht andere arme-leut-kinder, die es
nöttiger bedorfen, durch den supplicanten verhindert
werden mögen oder nicht. Dann wir wollen hinfüro mit
obgedachten vierundzweinzig stipendiis in der parti-
cular- und hohen schuelen alß mit einem nottwendigen
almueßen nur den armen und doch ingeniosis pueris,
die sonsten armuet halben vom studiren abgehalten
werden, und nicht dennen, die selbst viel hundert oder
tausent guldin vermögen und die stipendia nur, iren
iunkerstand desto stattlicher zu fhüren, begeren und
gebrauchen, gnedig verordnet haben 15.

[4.] Yerner soll alßbald derjenige, so das große sti-
pendium begertt, errinnert werden, worzue er sich ob-
ligirn müeße, und ob er kirchen und schuelen zu dien-
nen gedenke und lieb, lust und zuneigung darzu trage.

[5.] Und dann letzlich soll, eines jeden knaben testi-
monium actae vitae entweder vom praeceptore 16
mündlich angehört oder, da er an andern orten one das
kleine stipendium in schuelen geweßen, schrieftlich zu
bringen und aufzuweißen gefordert werden.

[1.] Und soll also kein knabe weder zu kleinem noch «

aten auf keine bestimmte Fakultät verpflichtet wor-
den seien, sie draußen nach ihrem Gefallen gelebt
und sich z. T. verheiratet haben oder von andern
Herrschaften in Dienst genommen seien (Bl. 2a).

14 = die Kosten für etwas bestreiten (Verlag = Bezah-
lung). Nachdem die fest bestimmten Stipendiaten
nur Theologie studieren sollten, können die Grafen
auch einzelne Stipendien für andere Fakultäten ver-
geben. Dies zeigt, daß noch keine feste finanzielle
Regelung vorgesehen war.

15 Diese Bestimmung entsprechend KO 1582 §0 2.
Da der Brauch, Söhnen von verdienten weltlichen
und geistlichen Dienern bevorzugt Stipendien zu ver-
leihen, weiterbestand, findet sich im Entwurf 1589/
1590 Titel 2 folgende Bestimmung über vermögende
Eltern, die um Stipendien anhalten: „insofern die-
selben etwan umb uns oder unsere liebe eltern ver-
dient weren, wöllen wir dieselbe in andere weg mit
gnaden bedenken, aber solchen stipendien halb, wie
auch die andern ohnverdiente, in irem suchen aller-
dings abweisen“.

16 Rektor der Lateinschule in Öhringen.

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