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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Franz, Gunther [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0512
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32. Kirchen- und Schulordnungen 1582

[E.] Yon ehesachen und derselben ordnungen

Inhaltsübersicht

[Einleitung] Bl. 140a, S. 175. - 1. Yon heimbiicher, unordenlicher eheverpflichtung der kinder ohne yor-
wissen und willen der eitern. Bl. 141 a, S. 176. - 2. Von eheverpflichtung deren personen, so nicht under der
eltern oder vormunder gewald sind, auch zu was zeit sich ein ehegemecht nach des andern absterhen wfder
verheyraten mag. Bl. 145b, S. 178. - 3. Von verbottenengraden [der] blutfreundschaft und schwagerschaft.
Bl. 148b, S. 180. - 4. Von eheleuten, so einander bößlich verlassen und hinweglaufen. Bl. 160b, S. 494. -
5. Von ehebruch und desselbenstraff undehescheidung. Bl. 163b, S. 194. - 6. Von anderer leichtfertigen und
unzüchtigen beywhonung. Bl. 168a, S. 197. - 7. [Schluß] Bl. 168b, S. 198. - 8. An was orten und enden die
strittige ehesachen vorgebracht und erortert, auch welcher gestalt darin procedirt werden solle. Bl. 169b,
S. 495.

[Die Einleitung und clie §§ 1-3, 5-7 stammen aus der EheO. 1572, Nr. 12a, und sind dort angemerkt.]

[...]

[4.] Von eheleuten, so einander bößlich ver-
lassen und hinweglaufen

Wurde der eheman von seinem weib oder hinwider-
umb das weib von irem eheman mutwillig laufen und
eins das ander eine zeit lang sitzen lassen und auf vor-
gehende unser citation sich nicht wider einstellen, her-
nacher sich wider in unserer graveschaft betretten
lassen und das verlassen ehegemecht das verbrechend
nicht wider annehmen wolte, so soll dasselbig ver-
brechend ehegemecht (sonderlich, da es mitlerweilen
vermutlich oder beweißlich im bubenleben umbgezo-
gen) an branger gestelt und unser graveschaft und ge-
biet verwiesen werden.

Da aber bede eheleut wider zuesamen geteidingt 1,
miteinander versöhnet und beywhonung tun wöllen,
so soll doch nichtsdestoweniger das schuldige teil nach
unserer erkantnus und bescheid mit dem turn oder
sonsten gestrafft werden.

Wurden auch zwey eheleut sich selbst voneinander
sonderen, doch nicht usser lands weichen, so sollen
unsere eherichter und räte allen mughchen vleiß fur-
wenden, sie miteinander wider zu versöhnen. Im fall
aber solches kein statt haben wölte, so sollen bede oder
das eine, so sich widersezt, so lang mit gefengknus ge-
strafft werden, biß [sie] einander, wie sichs gebüert,
beywohnen.

Wan aber das verbrechend ehegemecht sich also ver-
loffen, das uber alle nachforschung und angewendten
vleiß nicht zu erkundigen, woe sich das verhalten tete,

1 teidingen = Streit schlichten, versöhnen.

2-2 prei aus EheO. 1572, Nr. 19a, § 9.

3 = Androhung.

und derhalben von unsern eherichte[r]n und räten
nicht citirt werden konte, sich wider einzestellen und
dem verlassenen beywhonung zu tun, 2so soll das un-
schuldige teil, es sey die man- oder weibsperson, sich
ohne unser oder unserer eherichter und räte erlaubtnus
und erkantnus nicht anderwerts verheyraten, wenigers
beschlaffen, bey straf leibs und guts nach gestalt der
sachen, auch die kirchendiener ohne fürlegung erlang-
ter bewilhgung auß unserer cancelley uf der cantzel
nicht verkundigen noch die ehe vor der gemeind be-
stettigen 2.

Es mag aber das unschuldige und verlaßne teil uns in
einer supplication zu erkennen geben, wan das ver-
brechend solches verlassen und hinweggeloffen, ob es
seindhero kein botschaft von ime gehabt und woe sich
das verhalte, auch ob es begehre, das zue citiren, sich
wider einzustellen, und uf sein einkonunen und ver-
söhnung widerumb beywhonung zu tun oder aber von
ime erlediget ze werden und zu gestatten, sich seiner
gelegenheit nach anderwerts zu verheyraten. TJf den
ersten fall und so das verbrechend teü anzuetreffen,
sollen unsere eherichter und räte gebürende citation
mit angehengter commination 3, da es in bestimbter
zeit nit erscheinen und wider beywhonung tun würde,
das alsdan dem verlassenen zugeben sein solle, sich
widerumb zu verheyraten, und das verbrechend jezt
als dan und dan als jetzt der graveschaft relegirt und
verwiesen sein sollte, erkennen, ußgehen, dem ver-
brechenden teüs insinuiren 4 und zue noch rnehrer
cautel an demselben ort offentlich anschlagen und die-
selben oberkeit ersuchen, solch ußgetretten ehegemecht
alda nicht zue gedulden, furters, da es sich gehorsamb-

4 Die Eherichter sollen die Zitation gerichtlich be-
schließen, ausgehen und dem beschuldigten Teil zu-
kommen lassen.

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