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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0555
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38. Neuensteiner Befehle wegen des Gebetsgottesdienstes 1588-1594

eingeführt 4. Jetzt mußten die Langenburger Räte ihren Grafen schriftlich fragen, ob sie einen be-
sonderen Gebetsgottesdienst einführen und darin Gräfin Anna oder Graf Wolfgang folgen sollten,
falls diese sich nicht einigen könnten; „sonderlich weil es so sorglich, in kirchen und glaubenssachen
newerung oder enderung furzunemmen“ 5. So gaben sie gleichzeitig Graf Wolfgang vorläufigen
Bescheid, das Bittgebet in der bestehenden Gefahr sei in Ordnung, nicht aber ein ständiger Gottes-
dienst auch nach Ende cler Not. ,,Solche eingeführte und unerhorte newerung sowoll bey den sten-
den der waren und rainen augspurgischen confession als den catholischen ein seltzam ansehen haben
uncl für ein superstition gehalten werden mochte.“ Die Räte schlugen vor, daß man sich zur Bet-
stunde auf den Dörfern in cler Kirche versammle, in clen Städten - wo man eher lesen könne - aber
Hausandachten halte 6. Am 7. März 1588 schlug Graf Wolfgang Graf Georg Friedrich in Waldenburg
gegenüber vor, claß die vier Hofprediger zusammenkommen, um sich eines Gebets und Liecls zu
vergleichen. Da Anna und Georg Friediich zustimmten, schlug Wolfgang Ingelfingen als Ort der
Versammlung, zu der auch der Öhringer Superintendent kommen solle, vor 7. Gräfin Anna präzi-
sierte aber, der Neuensteiner Brauch würde balcl ein Vierteljahr fortlaufend gehalten und solle bis
zum Ende der Not fortgesetzt werden. Es wäre nicht ratsam, eine Änderung vorzunehmen. Nur
wegen der anschließenden Danksagung solle man sich rechtzeitig vergleichen 8. So blieb Graf Wolf-
gang nur übrig, eine Kopie von Instruktion und Gebet an Graf Georg Friedrich inWaldenburg zu
schicken und ihm die Einführung frei zu stellen 9.

In der Zwischenzeit ließ Graf Wolfgang seinen Prediger Assum ein Gebet verfassen. Der erste
(an den Sekretär Achatius Conracl übersandte) Entwurf wurde nur in einzelnen Sätzen übernom-
men und mußte stark gekürzt werden. Am 1. April konnte Assurn dann zwei Exemplare von In-
struktion, Gebet und Lied zur Approbation an Graf Wolfgang überschicken. Mit cler Instruktion
für das gemeinsame Gebet, das am 28. April 1588 in einem besonderen Gottesdienst eingeführt
wurde, wurden auch Befehle wegen der Hochzeitsverkündigung uncl dem Nehmen von Beicht-
pfennigen an die Pfarrer übermittelt.

Am 2. Mai 1588 erhielt der Schrozberger Vogt (Jörg Waldmann) Befehi, mit dem Vogt des
Herren von Berlichingen zu verhandeln, damit clas Gebet auch in dem gemeinsamen Ort Schrozberg
eingeführt werden könne. Die Ermahnung, die schon am 18. Mai nach Ingelfingen folgte 10, zeigt,
daß clie Neuerung nicht auf sofortige Gegenliebe stieß. Das Singen von anderen als clem befohlenen
Liecl in der Betstunde wurcle am 2. Februar 1589 anläßlich der Einführung einer Gesangsordnung
streng verboten, uncl am 17. 2. 1589 wurcle clas Verhältnis von Betstunde und Generalkinderexamen
geregelt 11.

Erstaunlicherweise wurcle das tägliche Gebet jahrzehntelang in der Herrschaft Graf Wolf-
gangs geübt. 1592 wurde es in Langenburg und 1607 in Neuenstein eingeführt 12, nachdem die ganze
Neuensteiner Hälfte wieder vereinigt war. Nach dem Abklingen cler Not war in Neuenstein clas
Gebet wieder abgeschafft uncl 1594 nur ein privates Gebet beim Läuten cler Türkenglocke ange-
ordnet worden 13.

4 Nr. 40, im Bericht der Langenburger Räte vom 4. 3.
1588 erwähnt.

5 Langenburger Räte an Graf Friedrich mit Post-
scriptum, 4. 3. 1588, Lang LXXI 29.

6 Langenburger Räte an Graf Wolfgang, 4. 3. 1588,
Konzept Lang LXXI 29, Ausfertigung PA 98, 3, 3.

7 11. 3., PA 98, 3, 3. Dies Schreiben war arn 9. 3. von

der Regierung beraten worden (Weikersheimer Re-

gierungsprotokoll PA 141, 5). Assum hatte dem

Weikersheimer Sekretär Conrad vorgeschlagen, die

Abfassung des Gebets dem Öhringer „Consistorium“,
den dortigen Kirchendienern, zu überlassen.

8 17. 3. 1588.

9 8. 4. 1588.

10 Nr. 39f.

11 Nr. 44.

12 Nr. 50 und SchulO. 1596, Nr. 54a, S. 661 mit Erweite-
rung von 1607.

13 Nr. 38 e und f.

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