Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Franz, Gunther [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0611
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
43. Polizei- und Rügordnung 1588

nachvolgender ordnung gestrafft werden sollen.
Aber zuvor und ehe man solches halten will, soll der
ambtsdiener * * * 4 uf einen feyertag ungevehrlich acht
tag zuvor eine ganze gemaind 5 zusammenberuffen
uf einen platz, da 6maigdlein und knecht 6, jung und
alt zuhören mögen, und ihnen den angesetzten rug-
tag verkunden. Darauf die nachgesetzte mainung 7
sampt dem rugzettel offentlich und verstenthch ver-
leßen laßen, wie nachvolgt:

Nachdem der a wohgeborne herr, herr 8Wolffgang,
graff von Hohenloe etc. und herr zu Langenburgkh 8,
main gnädiger herr, alß ein christliche obrigkait
auß gutherziger, getrewer maihnung, denn from-
men zu schuz und denn bösen zur straff, euch ein
ordnung ubergeben laßen, wie es in geisthchen und
weltlichen sachen gehalten werden soll 9, und da-
neben ernstUch bevohlen, mit fleiß darob zu halten
und die ubertretter unnahleßhch zu straffen:

dem zu folgen so würd man bbiß N. c uf N. stund
ein gericht besitzen b, alda euer jeder zu erscheinen
schuldig. Und damit die laster 10 desto beßer fur-
gebracht, nit verschwigen oder ohngestrafft pleiben,
so soll ewer jeder bey denn pflichten und aidten,
damit er der herrschaft verwandt 11, furbringen,
rugen und antzaigen, sich auch mitlerweil gefast,
bedacht und bereit machen, mit seinem haußgesind
underreden, waß er oder sie die zeit hero rugbars
und straffbars, so wider ein oder mehr puncten und

a B: + hoch- und. In A eingefügt, gleichzeitig am
Rande: Georg Friedrich... [1610-1645].

1,-13 B: künftigen mitwochen früher tagszeit uffm rat-
hauß allhier ein gericht besitzen. In A eingeklam-
mert.

c C (wie Castell): N. tag.
d In A Änderung: heschreye.
e-e B: ein solches vorkombt. C: ihnen solches verkün-
det. (Castell: ihm solches verkunt.)
f C: aufzug.

4 Castell: schultheiß.

5 Nicht nur die Gemeinsmänner, sondern alle Einwoh-
ner.

8-6 Castell: weib und mann.

7 = Inhalt einer Rede oder Schrift, Befehl.

8-8 Castell: Heinrich, graf und herr zu Castell.

9 Yorliegende PolizeiO.

10 Castell: + soviel.

11 = verhunden.

12-12 Castell: gemeines.

articul obgemelter ordnung, auch 12gemainer statt,
dorf oder 12 flecken ehehaften 13, gesehen, gehört
oder wißens hetten, und niemand hierinnen ver-
schonen.

Da aber einer bedenkens het, vor einem gantzen
gericht zu rugen, so mag er daßelbig dem ampts-
diener 14 allain antzaigen oder, da es wider den
amptsdiener 14 selbst were, soll er eß zwayen auß
dem gericht oder der herschaft anbringen, damit
nihts unrechts verdruckt oder ungerechtfertiget 15
pleibe. Dann solte daßelbig nit beschehen und je-
mands, wer das were, etwas straffbares wüsten, ge-
sehen oder gehört haben und doch umb freund-
schaft, gunst, gab oder anderer sachen wegen ver-
schweigen und nit anzaigen wöllet, der würd doppelt
gestrafft werden 16.

Jedoch soll sich auch ein jeder bey seiner seel
sehgkeit woll errinnern, das er nit auß neid und haß
jemand unbihich und unverschuld angebe oder be-
schreibe d und also wider seinen nechsten falsch
zeugnus gebe. Da er aber die warheit fürbringt, soh
er dem gerügten und beclagten weder in- noch au-
ßerhalb rechtens nichts schuldig sein.

Welcher sich nun under euch schuldig weiß, der
bußfehig worden, der mag sich woll mit der geltstraff
gefast machen, damit wann eein solches verkunt e,
das er also bald oder uf das lengst in viertzehen
tagen darnach ohne einihe taidigung 17 oder außt-
zug f18 dem amptsdiener 19 solche uberantworte, uf

13 = rechtliche Satzungen, Ordnungen (DRW 2,
1224). Ygl. Württ. LO 1567, S. 232: wider unserer
stett und flecken eehaftinen und loblich alt herkom-
men. Auf den Ruggerichten sollten also auch Yer-
gehen gegen die Stadt- und Dorfordnungen hestraft
werden. Es handelt sich um einen Eingriff der Lan-
desherrschaft.

14 Castell: schultheiß (2 mal).

15 = ohne Urteil.

16 Art. 29 (Wie man die Laster angehen und rügen soll)
ist dies begründet: er hilft das Böse verschweigen
und ist wie der Hehler zu achten, und 2. verachtet er
das Gebot der Herrschaft. Wer zum 2. Mal nicht an-
zeigen will und in einer hochwichtigen Handlung
etwas verschweigt, soll ins Gefängnis geworfen und
wie ein Meineidiger bestraft werden.

17 = Yerhandlung, Bedingung (Fischer 2, 13).

18 Auszug = Einwand, Einrede. Aufzug = Aufschub,
Yerzögerung (DRW 1, 1154 und 972).

19 Castell: schultheißen.

593

38 Sehling, Bd. XV, Württemberg I
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften