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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0676
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54. Schul- und Gesangsordnung samt Verbesserungen der Kirchenzeremonien 1596

widerholung der wort der einsatzung in defectu
panis et vini, monstration der paten und des kelchs,
des tüchlins, taufsteins, schiedung- und wetterleiten,
auch der Lobwasserpsalmen) hat gleichwol das
ministerium allerhand ursach halber sampt und
sonders I. G. anfangs undertenig darfiir * * 3 gebetten.
Es haben aber I.G. dargegen sich selbs personlich
aller notturft nach genädig, rund und lauter dahin
erclärt und zum hochsten beteuert, das sie mit-
nichten gemeinet seyen, hiemit der calvinischen
lehr zue favorisiern, dann Ihre G. die calvinische
lehr in denjenigen puncten (darinen sie wider Gottes
wort und die lehr unserer kirchen disputieren und
streiten) mitnichten h. göttlicher schrift gemäß,
sonder vilmehr zuwider bey sich befinden. Sonsten,
da nemblich I.G. die calvinische lehr flir die rechte
und gesunde lehr heyliger schrift achten hetten
können, weren I.G. so rundes und unerschrockenes
gemliets, das sie lengest nicht an den ceremonien,
sonder gleich an der lehr selbsten den anfang der
enderung in iren kirchen fürnemen lassen. Das also
I.G. an der lehr (wie solche in genanntem buchlein
der bibel gemäß gefürt wurd) iren predigernl nicht
gedenken einigen eingriff zu tun, sonder solche cere-
monien zu endern begeren nur und allein zu disem
end, das I.G. kirchen sowoll in den eusserlichen
ceremonien als in der lehr von den papisten merklich
und augenscheinlich underscheiden seyen. Es geden-
ken auch I.G. darumb, das solches ihnen als diser
orten ordenlichen obrigkeit freysteht, von solchem
ihrem gewalt nicht abzuweichen etc.

f E, F, 1601 und Vergleichung 1607: predigten.

£ Pehlt Vergleichung 1607.

3 = dagegen (auf ein abzuwendendes Übel, Grimrn 2,
675).

4 Götzen = traditionelle Bezeichnung der Altarbilder,
obwohl die Pfarrer behaupteten, daß sie nicht mehr
zur abgöttischen Anbetung dienten. Graf Wolfgang
hat 1584 die Bilder aus den Kirchen Langenburgi-
scher Herrschaft entfernen (DekanatsA Langenburg
Nr. 2 a) und sie nach Erhalt von Weikersheim 1586
auch dort ausräumen lassen (Graf Wolfgang anGraf
Philipp, 3. 7. 1595, PA 93, 4, 1, 16).

Beim Öhringer Konvent 1595 wollte ein Teil der

Theologen einen Unterschied zwischen abgöttischen
Bildern und biblischen, historischen Bildern machen,
die zum Frieden und gottseliger Betrachtung dienen.
Sonsten müßte man auch auf calvinistische Weise
Fahnen, Wappen und Epitaphien entfernen.

Uber solche von I.G. ergangene gnedige® lautere
protestation (nemlich das I.G. der reinen lehr so
hertzlich zugeton, der gegenlehr aber, welche Gottes
wort entgegen lauft, hertzlich abscheuen tragen)
und dann schlüßliche resolution, nemhch das I.G.
nichts gedenken nachzugeben, bekennen wir, das
wir es woll unsern vorbeschechenem undertenigen
bitten nach nicht ungern anders gesehen hetten.
Jedoch haben wir in unsern hertzen und gewissen
auch nicht genuegsame ursach flinden können, I.G.
umb solcher ceremonien willen uns beharlich zu
widersetzen oder derenthalben unsere kirchendienst
zue resignieren und zu verlassen, sondern müessen
(grössern unrat zu fürkommen) der obrigkeit gewalt
lassen fortgehn, und wir nichtsdestoweniger (die-
weil I.G. die lehr belangend uns gnedig gewogen)
jeder in seiner kirch still sitzen und seines berufs
getreulich abwarten.

Achten demnach, wo in I.G. kirchen noch bilder
oder götzen vorhanden weren 4, do I. G. solche durch
obrigkeitliche gewalt hinweg raumen, das sich kein
kirchendiener I.G. deßhalben pertinaciter zu wider-
setzen befugt.

Gleichesfalls, was das chorhembd anbelangt, die-
weil I.G. je befohlen, solches abzulegen, wollen wir
uns dessen hinfort enthalten 5.

Was die widerholung der wort der einsatzung bey
der reichung des h. abendmals anbelangen tuet,
welche etwan an etlichen orten bißhero noch ge-
preuchig gewesen, halten wir darfiir, 6dieweil die

5 Siehe Nr. 37 zu Frage 16 und Nr. 48. Bei dem
Öhringer Konvent wollte der eine Teil den Chorrock
behalten, weil er den Pfarrer von gewöhnlicher Klei-
dung unterscheide und eine „gottselige hedeutung“
der Reinigkeit in der Lehre und im äußeren Lehen
hahe. In Württemherg und der Mgf. Brandenburg
sei er noch üblich.

6~ 6 Fast wörtlich die Begründung der einen Partei
beim Öhringer Konvent 1595. Die anderen Theolo-
gen erklärten, die Repetition der Einsetzungsworte
beziehe sich nicht auf Brot und Wein, sondern
sei ein besonderer Trost für die Zuhörer. - Die Nach-
konsekration war in den lutherischen Kirchen in
Übung und wurde bis ins 18. Jahrhundert in ver-
schiedenen Kirchenordnungen ausdrücklich gebo-
ten. (P. Graff, Geschichte der Auflösung der alten
gottesdienstlichen Forrnen... 2.Aufl. 1, 194-196.)

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