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SITZUNGEN
städtischen Siedlungen nurmehr Siedlungsschutt, insbesondere in Form von Kera-
mikscherben, registrierbar. Ein von der Abteilung für Alte Geschichte der Universität
Tübingen unter Leitung des Verfassers von 1989 bis 2001 durchgeführtes Feldfor-
schungsprojekt in einer geschlossenen Siedlungskammer im Hinterland des heutigen
Touristenortes Kas in der von Ludwig Ross bereisten antiken Landschaft Lykien hat
demgegenüber im Macchie-Dschungel dieser seit dem Mittelalter von Nomaden
bewohnten und daher weitgehend verödeten Region die oft mehrere Meter hoch
anstehenden Mauern von 650 Gehöften, 75 Weilern und Dörfern, sechs Burgsied-
lungen und eines städtischen Zentrums sowie die weitgehend erhaltene Infrastruk-
tur in Gestalt von Straßen, Terrassenkomplexen, Zisternen, Preßanlagen usw. ent-
deckt. Diese auf einem Areal von etwa 105 qkm systematisch aufgenommenen, etwa
3200 Siedlungsbefunde ermöglichen detaillierte statistische Aussagen zur Siedlungs-
und Wirtschaftsgeschichte der Region vom 6./5. Jh. v. Chr. bis zum 13./14.Jh. n. Chr.
und deren Beurteilung auf der Folie der heute in dieser Region betriebenen Subsi-
stenzwirtschaft.
Die aus dem archäologischen Material erschließbare historische Entwicklung
läßt für die Zeit bis in die erste Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. eine von einigen kleinen
Burgsiedlungen und wenigen befestigten Gehöften aus betriebene, vor allem auf
Viehzucht gestützte Subsistenzwirtschaft erkennen. In der zweiten Hälfte des 5. und
im 4. Jh. erfolgt em rasanter, mit einer bemerkenswerten demographischen Ent-
wicklung verbundener Landesausbau vor allem im Umland einer zentralen Burg-
siedlung protourbanen Charakters. Etwa 150, z. T. mit Turmbauten gesicherte, oft
große Einzelgehöfte betrieben zwar auch noch Viehzucht, aber zudem in bereits
erheblichem Umfang Agrarproduktion. Sie erwirtschafteten Überschüsse für einen
teilweise exportorientierten Handel, welcher durch attische Importkeramik und Sil-
bermünzprägung angezeigt wird. Strukturell dominierte jedoch weiterhin Sub-
sistenzwirtschaft.
Mit der von außen bewirkten Einführung des griechischen Polis-Systems
anstelle der patriarchalischen, auf Burgsiedlungen gestützten Dynastenherrschaft
hielt seit dem späten 4.Jh. v. Chr.eine auf Intensivkulturen (Wein, Oliven) gestützte
Agrarproduktion Einzug in die Region. Ganze Hänge bedeckende Terrassenkom-
plexe, Hunderte von — nach damaligen Maßstäben moderne - Pressanlagen und
repräsentative Gehöftbauten wohlhabender Grundbesitzer legen, zusammen mit
Münzen und importierten Amphoren, vor allem seit dem 2./1. Jh. v. Chr. Zeugnis
ab von der Prosperität einer modernisierten, marktorientierten Agrarwirtschaft. Zu
den fast 300 Einzelgehöften kommen in der römischen Kaiserzeit (1.—3.Jh. n. Chr.)
mehr als 50 weilerartige Siedlungen mit insgesamt etwa 250 bäuerlichen Betrieben
hinzu. Em dichtes Wegenetz verbindet diese Siedlungsplätze untereinander, mit dem
städtischen Polis-Zentrum und der nahen Hafensiedlung, deren Grabinschriften die
Anwesenheit von Händlern aus weit entfernten Regionen des Mittelmeerraums
belegen.
Die enge topographische Verbindung von großen Terrassenkomplexen und
Pressanlagen mit Einzelgehöften und ländlichen Siedlungen läßt recht exakte Be-
rechnungen der agrarischen Erträge und der Einkünfte einzelner Bauernfamilien aus
SITZUNGEN
städtischen Siedlungen nurmehr Siedlungsschutt, insbesondere in Form von Kera-
mikscherben, registrierbar. Ein von der Abteilung für Alte Geschichte der Universität
Tübingen unter Leitung des Verfassers von 1989 bis 2001 durchgeführtes Feldfor-
schungsprojekt in einer geschlossenen Siedlungskammer im Hinterland des heutigen
Touristenortes Kas in der von Ludwig Ross bereisten antiken Landschaft Lykien hat
demgegenüber im Macchie-Dschungel dieser seit dem Mittelalter von Nomaden
bewohnten und daher weitgehend verödeten Region die oft mehrere Meter hoch
anstehenden Mauern von 650 Gehöften, 75 Weilern und Dörfern, sechs Burgsied-
lungen und eines städtischen Zentrums sowie die weitgehend erhaltene Infrastruk-
tur in Gestalt von Straßen, Terrassenkomplexen, Zisternen, Preßanlagen usw. ent-
deckt. Diese auf einem Areal von etwa 105 qkm systematisch aufgenommenen, etwa
3200 Siedlungsbefunde ermöglichen detaillierte statistische Aussagen zur Siedlungs-
und Wirtschaftsgeschichte der Region vom 6./5. Jh. v. Chr. bis zum 13./14.Jh. n. Chr.
und deren Beurteilung auf der Folie der heute in dieser Region betriebenen Subsi-
stenzwirtschaft.
Die aus dem archäologischen Material erschließbare historische Entwicklung
läßt für die Zeit bis in die erste Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. eine von einigen kleinen
Burgsiedlungen und wenigen befestigten Gehöften aus betriebene, vor allem auf
Viehzucht gestützte Subsistenzwirtschaft erkennen. In der zweiten Hälfte des 5. und
im 4. Jh. erfolgt em rasanter, mit einer bemerkenswerten demographischen Ent-
wicklung verbundener Landesausbau vor allem im Umland einer zentralen Burg-
siedlung protourbanen Charakters. Etwa 150, z. T. mit Turmbauten gesicherte, oft
große Einzelgehöfte betrieben zwar auch noch Viehzucht, aber zudem in bereits
erheblichem Umfang Agrarproduktion. Sie erwirtschafteten Überschüsse für einen
teilweise exportorientierten Handel, welcher durch attische Importkeramik und Sil-
bermünzprägung angezeigt wird. Strukturell dominierte jedoch weiterhin Sub-
sistenzwirtschaft.
Mit der von außen bewirkten Einführung des griechischen Polis-Systems
anstelle der patriarchalischen, auf Burgsiedlungen gestützten Dynastenherrschaft
hielt seit dem späten 4.Jh. v. Chr.eine auf Intensivkulturen (Wein, Oliven) gestützte
Agrarproduktion Einzug in die Region. Ganze Hänge bedeckende Terrassenkom-
plexe, Hunderte von — nach damaligen Maßstäben moderne - Pressanlagen und
repräsentative Gehöftbauten wohlhabender Grundbesitzer legen, zusammen mit
Münzen und importierten Amphoren, vor allem seit dem 2./1. Jh. v. Chr. Zeugnis
ab von der Prosperität einer modernisierten, marktorientierten Agrarwirtschaft. Zu
den fast 300 Einzelgehöften kommen in der römischen Kaiserzeit (1.—3.Jh. n. Chr.)
mehr als 50 weilerartige Siedlungen mit insgesamt etwa 250 bäuerlichen Betrieben
hinzu. Em dichtes Wegenetz verbindet diese Siedlungsplätze untereinander, mit dem
städtischen Polis-Zentrum und der nahen Hafensiedlung, deren Grabinschriften die
Anwesenheit von Händlern aus weit entfernten Regionen des Mittelmeerraums
belegen.
Die enge topographische Verbindung von großen Terrassenkomplexen und
Pressanlagen mit Einzelgehöften und ländlichen Siedlungen läßt recht exakte Be-
rechnungen der agrarischen Erträge und der Einkünfte einzelner Bauernfamilien aus