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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2002 — 2003

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I. Das Geschäftsjahr 2002
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Antrittsreden
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Löhneysen, Hilbert von: Antrittsrede vom 15. Juni 2002
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https://doi.org/10.11588/diglit.66351#0100
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Antrittsreden

Antrittsrede von Herrn HILBERT V. LÖHNEYSEN
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 15. Juni 2002.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, m die Heidelberger Akademie der
Wissenschaften aufgenommen worden zu sein, und
möchte Ihnen für diese ehrenvolle Berufung danken.
Zu meiner Person: geboren 1946 in Göttingen,
dort Schulzeit und Studium der Physik bis zum
Diplom, Promotion 1976 in Köln, dann zunächst Post-
doc in Grenoble, danach in Aachen, dort 1981 Habili-
tation, seit 1986 Lehrstuhl für Experimentalphysik an
der Universität Karlsruhe, zusätzlich seit dem Jahr 2000
Leiter des Instituts für Festkörperphysik am For-
schungszentrum Karlsruhe. Soweit die Kurzfassung. Natürlich möchten Sie etwas
mehr über Ihr neues Akademiemitglied erfahren. Ich werde deshalb einige Stationen
meines Werdegangs ausführlicher beschreiben.
Kindheit und Jugend in Göttingen waren geprägt von einer liberalen, eher
geistes- als naturwissenschaftlich orientierten Umgebung. Meinen etwas ungewöhn-
lichen Vornamen erhielt ich nicht etwa deshalb, weil meine Eltern den Mathemati-
ker David Hilbert bewunderten, dessen Name mit den Begriffen wie Hilbert-Raum
und Hilbert-Transformation jedem Physiker geläufig ist, sondern weil mein Groß-
vater auch so hieß. Als Jugendlicher habe ich weder Radios gebastelt noch Astro-
nomie betrieben, ich war eher an Musik und Literatur interessiert. So kristallisierte
sich der Studienwunsch Physik erst kurz vor dem Abitur heraus. Damals hat man
keinen Gedanken darauf verschwendet, wie die Berufsaussichten waren und in
welche Einkommensklasse man aufsteigen könnte — in bemerkenswertem Gegensatz
zu heute. Auch während des Studiums wuchs die Begeisterung für die Physik erst
allmählich. Zunächst faszinierte die Mathematik, bis ich ernüchtert feststellte, dass die
Hürde, in das gelobte Land der reinen Abstraktion zu gelangen, für mich zu hoch
war. Und dann schrieben wir das Jahr 1968. Die Worte Sit-in, Go-in, Teach-in, mit
denen wir Studenten uns damals Gehör verschafften, haben heute einen merkwür-
dig fernen Klang. Die Auseinandersetzung mit Faschismus und Nachkriegsdeutsch-
land, mit den Konflikten in der Dritten Welt, dem Vietnamkrieg, fand ich allerdings
wichtiger als die Forderungen nach Drittelparität und Projektstudium. Die Auf-
bruchstimmung jener Jahre hat, so meine ich, eine insgesamt positive Entwicklung
in Gang gebracht, auch wenn die antiautoritäre Bewegung an der heute oft anzu-
treffenden „ist mir egal“-Haltung oder gar Rücksichtslosigkeit anderen gegenüber
vielleicht nicht ganz unschuldig ist.
 
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