Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2002 — 2003

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2002
DOI Kapitel:
Antrittsreden
DOI Artikel:
Pritschow, Günter: Antrittsrede vom 14. Dezemberg 2002
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66351#0117
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
128 | ANTRITTSREDEN

Tür stand, doch erst durch meine Tätigkeit als Entwicklungsingenieur im Zentral-
Labor der Siemens AG beim Aufbau eines programmgesteuerten Messautomaten
wurde mir klar, dass meine Ausbildung an der Universität fundamentale Lücken auf
dem Gebiet der Computertechnik hatte. Als junger Laborvorsteher war ich 1967
verantwortlich für den Aufbau eines rechnergeführten Prüffeldes für Nachrichten-
kabel und stand den Ingenieuren für die Rechnerprogrammierung ziemlich hilflos
gegenüber. Auf der anderen Seite wurde mir deutlich, hier entwickelt sich eine Tech-
nik, die für mein Überleben im Beruf zukunftsentscheidend sein würde und um
meine Bildungslücken zu schließen, nahm ich ein Angebot aus dem Institut für
Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik an der TU Berlin an, in einem For-
schungsprojekt zur Entwicklung eines Systems für die direkte Steuerung numerisch
gesteuerter Werkzeugmaschinen mitzuwirken. Ich wechselte also als einer der jüng-
sten Laborvorsteher der Siemens AG zurück zur Universität und war nicht wenig
erstaunt, dass ich als Assistent deutlich mehr verdiente als vorher in meiner expo-
nierten Industrietätigkeit. Wie hat sich doch heute die Wertschätzung des Staates
gemessen an der Bezahlung seiner Nachwuchsforscher dramatisch ins Negative ver-
ändert!
Die Technik numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen stand in den sechziger
Jahren gerade am Anfang ihrer Entwicklung und sollte das Bild der Produktions-
technik in den Folgejahren grundlegend verändern! Diese Entwicklung hält bis
heute an und ist noch lange nicht beendet, da sie eng an die Entwicklung der Elek-
tronik, der Informationstechnologie und der Rechnertechnik gekoppelt ist.
Die Überlegenheit der NC-Technik gegenüber anderen Verfahren liegt ins-
besondere in den auf Null reduzierten Nebenzeiten bei Programmwechsel von
einem Werkstück zum anderen. Natürlich gab es auch schon vor der „NC-Zeit“
Automaten zur Herstellung von unterschiedlichen Werkstücken, doch die Programme
waren materieller Art auf der Basis von mechanischen Nocken, Trommeln, Kurven-
scheiben oder körperlicher Modelle, ein Programmwechsel war stets mit dem Aus-
tauschen dieser Speichermedien und daher mit großem Aufwand verbunden und so
war diese Technik nur wirtschaftlich geeignet bei der Herstellung großer Stückzahlen.
Welch riesiger Fortschritt war durch eine Programmform gegeben, die auf Zahlen
beruhte und deren Speichermedien immaterieller Natur waren. Der Wechsel von
einem Werkstücktyp zum anderen erfolgte ohne Zeitverzug, insbesondere nach
Beendigung unseres damaligen Forschungsprojektes, als wir die NC-Programme der
Steuerungen statt über Lochstreifen per Rechner vorgeben konnten und über den
Rechner die Leitung der Werkstatt jederzeit über den Arbeitsfortschritt an den
Maschinen informiert war.
Nach dreijährigem Studium dieser faszinierenden Welt wechselte ich — nun-
mehr promoviert — 1972 wieder in die Welt der Messtechnik zur Industrie, um nach
weiteren drei Jahren einen Ruf an die TU Berlin anzunehmen für das Fachgebiet
„Automatisierungstechnik für Qualitätssicherung und Fertigung“. Die NC-gesteu-
erten Werkzeugmaschinen hatten mich wieder, doch diesmal in Forschung und
Lehre. Der Gestaltungsspielraum als H2 Professor war allerdings sehr eng und so
wechselte ich nach vier Jahren mit einer Entlassungsurkunde aus dem Verhältnis
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften