Herbert Grünewald | 147
begann eine Karriere in der Industrie, die als fast kometenhaft zu bezeichnen ist.
Innerhalb von sechs Jahren stieg er in den BAYER-Werken in Leverkusen vom ein-
fachen Chemiker zum Direktor auf und leitete die Zwischenprodukte-Abteilung.
1968 wurde Dr. Grünewald in den Vorstand der BAYER-AG berufen und leitete
neben seinen bisherigen Aufgaben auch das Ressort Personal- und Sozialangelegen-
heiten. Seine menschlichen Fähigkeiten und seine Sachkenntnis fanden Anerken-
nung, als ihn der Aufsichtsrat 1975 zum Vorsitzenden des Vorstandes des BAYER-
Konzerns bestellte. 1992 wechselte er dann als Vorsitzender in den Aufsichtsrat.
Als Grünewald diese Leitungsfunktionen übernahm, waren die Zeiten nicht
einfach. Materiell störte die erste große Ölkrise die Produktion, auf geistigem Gebiet
kam die Chemie mehr und mehr in Misskredit. Chemie und „Gift“ (oder wenig-
stens „Unnatürliches“) wurden von manchen Teilen der Öffentlichkeit als Synonyma
empfunden, und das benutzte die kommunistische Gruppe in Nordrhein-Westfalen
als Grundlage für Verleumdungen und Angriffe. Aber Grünewald ging überlegt und
ruhig seinen Weg. Unternehmerisch setzte er auf Diversifikation. Er forderte den tra-
ditionellen Pharmabereich, ging neue Wege in der Kunststoffproduktion und
erschloss neue Arbeitsgebiete in Nord- und Südamerika. Mit großem Weitblick
kümmerte er sich um die Rohstoffvorkommen z. B. in Südafrika. Er führte das
Unternehmen ganz bewusst im Sinne des großen Carl Duisberg. Dabei war aber
Grünewald ein Anhänger der sozialen Marktwirtschaft; er arbeitete nicht gegen, son-
dern mit der Belegschaft und deren Vertretung. In Leverkusen gab es nie einen
Streik, und der Aufsichtsrat fasste seine Entschlüsse stets einstimmig. Sachliche Dis-
kussion und Vertrauen bestimmten das Betriebsklima. Grünewald wusste, dass nicht
das Kapital allein der Besitzer eines großen Unternehmens ist, sondern, dass der pro-
duktive Mensch ebenso notwendig ist, und dass er niemals durch eine noch so gut
funktionierende Maschine ersetzt werden kann. Die Unternehmensziele werden
heute in der Chemischen Industrie anders definiert als in der 70er Jahren. Aber
damals wurde den Zielen und Ergebnissen von Grünewald durch einen spekta-
kulären Erfolg recht gegeben. Das Ansehen der BAYER-Werke in der ganzen Welt
stieg in einer Weise, die dem ganzen deutschen Volk nützlich war.
Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit widmete sich Grünewald der Lehr-
tätigkeit als Honorarprofessor der Universität, der Wissenschaftslenkung in der Max-
Planck-Gesellschaft, der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und
der Hilfe in vielen Gesellschaften.
Sein Leben war erfüllt von Menschlichkeit, Pflichterfüllung, Liebe zur Kunst,
Musik und Sport. Er liebte seine Heimat, lebte gern im Siegerland und wanderte im
Schwarzwald. Vor allem aber fand er Kraft im Zusammensein mit seiner Frau und
seinen Töchtern. Seine Freunde haben von seiner Menschlichkeit und seinem Wis-
sen profitiert. In unserer Akademie war er z. B. den Präsidenten Schettler, Haxel und
Staab besonders verbunden, denen er auch schnell und unbürokratisch half.
MARGOT BECKE
begann eine Karriere in der Industrie, die als fast kometenhaft zu bezeichnen ist.
Innerhalb von sechs Jahren stieg er in den BAYER-Werken in Leverkusen vom ein-
fachen Chemiker zum Direktor auf und leitete die Zwischenprodukte-Abteilung.
1968 wurde Dr. Grünewald in den Vorstand der BAYER-AG berufen und leitete
neben seinen bisherigen Aufgaben auch das Ressort Personal- und Sozialangelegen-
heiten. Seine menschlichen Fähigkeiten und seine Sachkenntnis fanden Anerken-
nung, als ihn der Aufsichtsrat 1975 zum Vorsitzenden des Vorstandes des BAYER-
Konzerns bestellte. 1992 wechselte er dann als Vorsitzender in den Aufsichtsrat.
Als Grünewald diese Leitungsfunktionen übernahm, waren die Zeiten nicht
einfach. Materiell störte die erste große Ölkrise die Produktion, auf geistigem Gebiet
kam die Chemie mehr und mehr in Misskredit. Chemie und „Gift“ (oder wenig-
stens „Unnatürliches“) wurden von manchen Teilen der Öffentlichkeit als Synonyma
empfunden, und das benutzte die kommunistische Gruppe in Nordrhein-Westfalen
als Grundlage für Verleumdungen und Angriffe. Aber Grünewald ging überlegt und
ruhig seinen Weg. Unternehmerisch setzte er auf Diversifikation. Er forderte den tra-
ditionellen Pharmabereich, ging neue Wege in der Kunststoffproduktion und
erschloss neue Arbeitsgebiete in Nord- und Südamerika. Mit großem Weitblick
kümmerte er sich um die Rohstoffvorkommen z. B. in Südafrika. Er führte das
Unternehmen ganz bewusst im Sinne des großen Carl Duisberg. Dabei war aber
Grünewald ein Anhänger der sozialen Marktwirtschaft; er arbeitete nicht gegen, son-
dern mit der Belegschaft und deren Vertretung. In Leverkusen gab es nie einen
Streik, und der Aufsichtsrat fasste seine Entschlüsse stets einstimmig. Sachliche Dis-
kussion und Vertrauen bestimmten das Betriebsklima. Grünewald wusste, dass nicht
das Kapital allein der Besitzer eines großen Unternehmens ist, sondern, dass der pro-
duktive Mensch ebenso notwendig ist, und dass er niemals durch eine noch so gut
funktionierende Maschine ersetzt werden kann. Die Unternehmensziele werden
heute in der Chemischen Industrie anders definiert als in der 70er Jahren. Aber
damals wurde den Zielen und Ergebnissen von Grünewald durch einen spekta-
kulären Erfolg recht gegeben. Das Ansehen der BAYER-Werke in der ganzen Welt
stieg in einer Weise, die dem ganzen deutschen Volk nützlich war.
Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit widmete sich Grünewald der Lehr-
tätigkeit als Honorarprofessor der Universität, der Wissenschaftslenkung in der Max-
Planck-Gesellschaft, der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und
der Hilfe in vielen Gesellschaften.
Sein Leben war erfüllt von Menschlichkeit, Pflichterfüllung, Liebe zur Kunst,
Musik und Sport. Er liebte seine Heimat, lebte gern im Siegerland und wanderte im
Schwarzwald. Vor allem aber fand er Kraft im Zusammensein mit seiner Frau und
seinen Töchtern. Seine Freunde haben von seiner Menschlichkeit und seinem Wis-
sen profitiert. In unserer Akademie war er z. B. den Präsidenten Schettler, Haxel und
Staab besonders verbunden, denen er auch schnell und unbürokratisch half.
MARGOT BECKE