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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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I. Jahresfeier am 20. Mai 2017
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Festvortrag von Angelos Chaniotis: „Mit den Göttern reden. Die Orakel-Täfelchen von Dodona“
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0033
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Festvortrag von Angelos Chaniotis

Bei den meisten Tafeln von Dodona geht also nicht um die Zukunft, son-
dern um Handlungsbedarf Und diese Art der Befragung zeigt, dass die Zukunft
eine Zeit der noch offenen Möglichkeiten ist. Zwar glaubten die Griechen, dass
es unmöglich ist, dem Schicksal zu entkommen - Oedipus wird seinen Vater tö-
ten, gleich was er unternimmt -, aber sie verfielen nicht in eine deterministische
Haltung. Sie kämpften um jedes kleine Fenster an Möglichkeiten. Heute wird die
Zukunft einer Person nicht von den Schicksalsgöttinnen prädestiniert, sondern
von wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen. Auch das hindert Menschen
nicht daran, jede noch so kleine Möglichkeit zu ergreifen, um dem Schicksal zu
entkommen.
Lukian hatte recht. Aus Angst und Hoffnung gingen die Griechen nach Do-
dona. Hoffnung und Angst sind nicht nur die Grundlagen von Religion. Sie sind
auch die zwei Emotionen die mit Erkenntnis am engsten Zusammenhängen. Und
die Texte von Dodona gehen auf eine einfache Erkenntnis zurück. Es gibt keine
Fehler, Übergriffe oder Vergehen ohne Konsequenzen; diejenigen, die die Kon-
sequenzen tragen müssen, sind oft unschuldig. Und wenn man sich nicht erst
mit dem Fehler auseinandersetzt, der den Ausgangspunkt für die Kettenreaktion
bildete, kann es und wird es keine Verbesserung geben. Wären Pilger von Dodona
mit der gegenwärtigen Krise der Europäischen Union konfrontiert, so würden sie
nicht fragen „Wie wird sich die Europäische Union entwickeln?“; sie würden fra-
gen „Was hat die Europäische Union in der Vergangenheit falsch gemacht?“. Und
somit würden sie ein besseres Verständnis für die Bedeutung von Geschichte an
den Tag legen, als viele europäische Bürger und Staatsmänner.
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