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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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II. Das WIN-Kolleg
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Sechster Forschungsschwerpunkt„Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
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11. Die Vermessung der Welt: Religiöse Deutung und empirische Quantifizierung im mittelalterlichen Europa
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0325
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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

sehen Christenheit durch zunehmende Austauschprozesse auf bisher nur theore-
tisch erfasste Weltgegenden: Bei Reisen in ferne Regionen standen nun biblisches
und antikes Traditionswissen den eigenen, empirischen Erfahrungen gegenüber.
Es soll analysiert werden, wie bei dieser neuen Erfassung der Welt religiöse Ge-
wissheit gegen individuelle Erfahrung abgewogen wurde und welche Rolle dabei
dem Messen und Zählen als Beschreibungsmethode zukam.
Die Analyse empirischer sowie auch alternativer Erfassungsmethoden der
Welt in historischer Perspektive ist gerade im Rahmen des WIN-Kollegs über das
„Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“ relevant. Das Projekt
zeigt, dass das Quantifizieren und Beziffern als wissenschaftliche Methode nicht
alternativlos ist bzw. war, sondern selbst das Ergebnis einer historischen Entwick-
lung ist. Inhaltlich hat sich eiwiesen, dass das Thema der quantitativen Erfassung
eine Vielzahl von Bereichen der mittelalterlichen Lebenswelt umfasst. Auf der Ba-
sis der bisherigen Funde sind folgende erste Schlussfolgerungen möglich:
(1) Die Anfangsthese des Projekts, dass dem Messen und Zählen im Laufe
des Mittelalters, besonders jedoch seit dem 12.-13. Jahrhundert eine wachsen-
de Bedeutung zukam, muss kritisch hinterfragt werden. Es gibt auch zahlreiche
frühmittelalterliche Quellen, die dezidiert quantitative Angaben zur Erfassung
und Beschreibung spezifischer Phänomene nutzen. Zwar lassen sich ab dem 12.-
13. Jahrhundert vermehrt entsprechende Belege finden, dies hängt jedoch auch
mit der generell breiter werdenden Überlieferung zusammen: es sind schlicht
mehr und längere Texte aus späteren Jahrhunderten erhalten. An der generellen
Neuausrichtung der Wissenschaft im lateinisch-christlichen Europa im 12. Jahr-
hundert besteht jedoch kein Zweifel.
(2) Mit Blick auf einzelne Texte hat sich gezeigt, dass die Neigung zum Mes-
sen und Zählen einerseits gattungsspezifisch und andererseits individuell bedingt
ist. Auf der einen Seite scheinen Reise- oder Pilgerberichte häufiger die Landschaft
zu vermessen, als etwa abstrakte geographische Beschreibungen. Dies mag mit der
tatsächlichen Erfahrung des Raumes Zusammenhängen. Auf der anderen Seite
lässt sich klar erkennen, dass bestimmte Autoren eine deutlich höhere Affinität
zu quantitativen Angaben hatten, als andere: Messen und Zählen sind also auch
Geschmackssache.
(3) Der wohl wichtigste, vorläufige Befund ist, dass das Projekt letztlich in deut-
lich größere Bezüge eingebettet werden muss, was eine zielgerichtete Bearbeitung
erschwert. Während das Projekt vor allem die geographische Erfassung der Welt in
den Blick nehmen wollte, wurde während der Arbeit klar, dass viele andere Berei-
che eng mit ganz ähnlichen Praktiken und Ansätzen des quantifizierenden Erfassens
von Phänomenen verknüpft sind und kaum von dieser getrennt werden können.
Exemplarisch lässt sich dies an mittelalterlichen Frömmigkeitspraktiken zeigen, die
seit dem Frühmittelalter, verstärkt aber im Spätmittelalter auf zählenden Verfahren
beruhten: Buße bzw. Frömmigkeit an sich wurden zähl- und messbar. Der Blick

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