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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
DOI Artikel:
Weil, Tanja: Antrittsrede vom 28. Oktober 2017
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0362
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Antrittsrede von Tanja Weil

In dieser Zeit fand in meinem Freundeskreis ein Aufbruch in Richtung Asien
statt, wo Firmen Ihrer Dependenzen aufbauten oder erweiterten. Singapur hatte
sich schon zu einem herausragenden Forschungs- und Industriestandort entwi-
ckelt. Die National University of Singapore gehört zu den besten Universitäten
weltweit und ich bewarb mich. Nach der klassischen Lehrprobe, Präsentationen
und Diskussionen vor den Komitees, vom Vorgang ähnlich wie in Deutschland,
erhielt ich eine Position als Associate Professor, die ich 2008 antrat. In Singapur
fand ich ein inspirierendes Umfeld und eine ganz andere Geschwindigkeit als in
Deutschland vor, ich betreute bereits in den ersten Monaten vier Doktoranden, die
vom Staat finanziert wurden. Mein Labor war in kürzester Zeit betriebsbereit und
wir konnten praktisch sofort mit der Forschung starten. Hier arbeitete jeder bis in
die späte Nacht, man ging zusammen Essen, Kaffeetrinken und es gab ein enges
Miteinander mit den Doktoranden und Kollegen. Ich genoss diese sehr kreative
Zeit ohne viel Administration und habe noch lange von den dort gewonnenen
Ideen profitieren können. Diese Zeit habe ich in sehr guter Erinnerung und kehre
gerne regelmäßig dorthin zurück.
2010 wurde mir eine Stelle als Direktorin und Leiterin des Instituts für Or-
ganische Chemie III an der Universität Ulm angeboten und ich zog mit meiner
Arbeitsgruppe zurück nach Deutschland. Das war eine große Umstellung für alle,
aber ich fand ein wunderbares Kollegium vor. In Ulm konnte ich meine Koope-
rationen in die Medizin und Physik weiter ausbauen und neue Makromoleküle
herstellen, die sich für den Wirkstofftransport wie auch für die Quantensensorik
eigneten. Gemeinsam mit Fedor Jelezko, auch Akademiemitglied, und Martin Ple-
nio erhielten wir ein Synergy Grant des Europäischen Forschungsrates, der uns
die langfristige finanzielle Unterstützung gab, Quantensensoren herzustellen, mit
denen sich gänzlich neue Einblicke in die Biologie gewinnen lassen. Im selben Jahr
wurde auch unsere Tochter geboren. Wenig später erhielt ich den Wissenschafts-
preis der Stadt Ulm, über den ich mich sehr gefreut habe.
Inzwischen bin ich an meine alte Wirkungsstätte, an das Max-Planck-Institut
für Polymerforschung, zurückgekehrt und ich lebe den Spagat, dort als Direktorin
eine Abteilung zu leiten und weiterhin als Honorarprofessorin an der Universität
Ulm tätig zu sein.
Was mir eine große Freude bereitet, ist die enge Zusammenarbeit mit meinen
Kollegen, Mitarbeitern und Studenten, um Moleküle zu entwerfen, die es uns
ermöglichen, Herausforderungen in der Medizin und Physik zu adressieren sowie
mein Töchterchen auf Ihrem eigenen Weg zu begleiten.
Ich danke Ihnen nochmals sehr herzlich, dass Sie mich in Ihren Kreis aufge-
nommen haben und freue mich, in der Akademie mitzuarbeiten.

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