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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
DOI Kapitel:
II. Nachrufe
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Kaiser, Wolfgang: Dieter Nörr (20.2.1931–3.10.2017)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0381
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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

er korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie, seit 1985 auch der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit 1992 gehörte er der Acca-
demia Nazionale dei Lincei in Rom an. Dieter Nörr erhielt zahlreiche Ehrungen.
Genannt seien nur die Ehrendoktorate der Universität Amsterdam (1990), der
Kyushu-Universität (1991) und der Universität Paris II (1997). Nörr war Fellow
am Wissenschaftskolleg zu Berlin, Visiting Fellow am All Souls College in Oxford
sowie Gastprofessor an der Universität Rom La Sapienza.
30 Jahre lang, von 1971 bis 2001, war Dieter Nörr Mitherausgeber der Zeit-
schrift der Savignystiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung, in der
er selbst viele zentrale Beiträge publizierte.
Dieter Nörr war eine Ausnahmeerscheinung. Er forschte zum altbabyloni-
schen Recht, zum Recht in den Evangelien, zum Recht Athens, zum römischen
Privatrecht, zum römischen Recht in den Provinzen, zur Kaisergesetzgebung, zur
Rechtsquellenlehre im römischen Recht, zu einzelnen römischen Juristen, zur
Methode der Juristen und ihrer Stellung in der römischen Gesellschaft, zum Ver-
hältnis von römischer Zentralgewalt und den Städten in den östlichen Provinzen,
zum römischen Völkerrecht und zum byzantinischen Recht. Diese Aufzählung
ließe sich noch verfeinern und verlängern.
Es gab keine Quellengattung, die Dieter Nörr nicht vertraut war: Er war ein
Kenner der Schriften der römischen Juristen und der literarischen Quellen. In
seine Forschung bezog er griechische Inschriften aus dem Osten und lateinische
aus dem Westen ebenso ein wie die reiche Urkundenüberlieferung aus dem grie-
chisch-römischen Ägypten. Einen Überblick über das Spektrum der Quellen, die
Dieter Nörr heranzog, vermittelt das Quellenverzeichnis zu seinen gesammelten
Schriften der Jahre 1956-2000; s. unten).
Der Schwerpunkt der Forschung Dieter Nörrs lag in der Antike. Jedoch ge-
hörte sein Interesse auch der geistesgeschichtlichen Prägung des wohl bedeutends-
ten deutschen Juristen der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunders, Friedrich
Carl von Savigny. Hierzu arbeitete sich Nörr tief in die Philosophie der deutschen
Romantik ein.
Dieter Nörr zog eine große Zahl ausländischer Gäste an das Leopold-Wenger-
Institut. Sie alle suchten das Gespräch mit ihm, unabhängig über welche konkrete
Thematik sie gerade arbeiteten. Auch für seine Mitarbeiter stand er jederzeit für
Gespräche zur Verfügung.
Dieter Nörr arbeitete selbstständig, niemals hat er jemanden für sich forschen
lassen. Selbst kleinste Hinweise von dritter Seite, die er berücksichtigte, vermerkte
er in Fußnoten. Seine durch und durch integre Persönlichkeit war allen seinen
Schülern ein Vorbild.
Die Seminare am Leopold-Wenger-Institut konnte Nörr noch gemeinsam
mit Dieter Medicus, einem führenden deutschen Zivilrechtler (mit Dissertation
und Habilitation im römischen Recht), und Gerhard Thür (bis zu dessen Wechsel

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