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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Franz, Gunther [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0076
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5. Kirchenordnung 1553

chen angerichtet und in irer kirchenordnung ge-
praucht worden 25.

Wie nun clie griechische kirch nit alle hebreysche
gesang und worter von der hebreyschen kirchen be-
halten, sonder nur etliche wenig worter, darneben
aber vonwegen des gemainen volks in irer angebor-
nen griechischen sprach vil gesenge angerichtet,
also hat auch hernach die lateinisch kirch nicht alle
gesenge und worter der griechischen kirchen in der-
selben sprach angenhomen, sonder auch etliche
wenig worter, uf clas bede, griechische und lateini-
sche kirch, durch solch behaltene wörter anzeygte,
das eine kirch von cler andern gezeugt, in der leer,
bekentnus und kii chenordnung eintrechtig were
und pleyben wolte bey der alten, ersten, eintrechti-
gen, allgemainen, christenlichen, apostolischen uncl
catholischen kirchen nach laut des articuls unsers
heyligen christenlichen glaubens, da wir leeren,
glauben und bekhennen ein heylige, christenliche
kirch und gemainschaft der heyligen 26 wider alle
ketzer, rottengeyster und falsche apostel, so die
rechten, waren kirchen Christi haben verworfen und
gelestert.

Dieweyl dann clie obernante drey hauptkirchen
ire bekante und gewonliche sprachen im reden und
singen behalten uncl am maynsten getrieben, ob sie
gleych etliche worter der unbekanten und ungewon-
lichen sprachen, yedoch nach christenlicher frey-
heyt, nebenzu und mitunder haben laßen aufen
und in der kirchen gepraucht umb der nottwencligen
sprachen willen, also mogen auch wir Teutschen wo
neben der lateinischen kirchen sprach und gesengen
unsere teutsche und bekante sprach und gesenge in
prauch pringen und, dieweyl die lateinische sprach
allenthalben in den schulen getrieben, gelert und
vilen bekant ist, umb derselbigen willen die lateini-
sche gesang im prauch behalten und darneben auch
die teutsche gesang vonwegen der ungelerten und

d In A geändert für: gesengen.

25 Griechisch war die Gottesdienstsprache in den
christlichen Missionsgemeinden. Der römische Got-
tesdienst wurde his ins 4. Jh. in griechischer Spra-
che gehalten; Reste hielten sich länger.

26 Symbolum Apostolicum und Symbolum Nicaeno-
Constantinopolitanum BSLK 21, 26 f.

cler lateynischen sprach unerfahren mit einfuehren
und singen laßen, damit also nach clxristenlicher lieb
und freyheyt alles zu erbawuing und beßerung der
kirchen und zu gewynnen und herzuzupringen die
schwachen und unverstendigen geordnet werde und
alles eerlich und ordentlich zugehe, nach dem be-
velch des apostels 1. Cor. 14 [40], und dardurch Got-
tes wort reychlich und auf allerley weyß, auch mit
singen teutscher psalmen, lobgesengen und geyst-
lichen liedern d, wie der heylig Paulus vermanet zun
Col. 3 [16], geubt und getrieben wercle. Zudem so ist
es nicht allererst zu unsern zeyten in brauch kom-
men, teutsche geystliche gesenge und psalmen in
der kirchen zu singen, dann auch zuvor und von
alters heer uf denn hohen festen als Weyhennachten,
Ostern, Uffart 27, Pfingsten neben den lateinischen
gesengen etliche christenliche teutsche gesenge von
dem gemaynen volk in der kirchen gesungen wor-
den, wfie dan dieselben noch im prauch und yeder-
meniglichen bekant 28 und derhalben hiervon kei-
ner weytern außfuerung vonnotten.

Volget nun

Die agenda der dreyer sacramenten, wie
dieselben in der kirchen sollen
administriert, geraicht und verricht
werden 29

Und erstlich

[3.] Das sacrament der heyligen tauf

Dieweyl die heylige tauf der gnadenbund Gottes
ist, darinnen Gott der Vatter uns uf- und annympt
zu gnaden, kindern Gottes und erben des ewigen
lebens und solclis vonwegen seines lieben Sons, der
uns durcli clie tauf ufnympt in sein gnadenreych
und uns also schenket in unsere hertzen seinen ITey-
ligen Geyst, der uns in der tauf new gebirt und glau-
big macht, das wir vehig und tuchtig werclen des

27 Auffahrt = Himmelfahrt (Fischer 1, 375).

28 Etwa im 10. Jahrhundert kommt ein eigenständiger
Volksgesang auf, an das Kyrie und an Sequenzen
angelehnt, meist Vierzeiler, mit Kyrieleis schließend,
deswegen „Leisen“ genannt (RGG 3, 1458). Deut-
sche Lieder in Wackernagel Bd. 2, z.B. Christ ist er-
standen (Wackernagel 2, Nr. 39; 12. Jahrh.).

29 Üherschrift für § 3-10.

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